Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
Vom Netzwerk:
Ausdruck an.) Was soll diese zahlentheoretische Aussage, und warum ist sie an der Flöte befestigt?
    (Der Krebs schaut auf seine Flöte, dann auf sein Papier, dreht den Kopf herum und scheint leicht verwirrt.)
    Krebs: Verstehe ich nicht. Was für eine zahlentheoretische Aussage?
    Achilles: „Null ist nicht der Nachfolger einer natürlichen Zahl.“ Gleich dort, am Halter Ihrer Flöte.
    Krebs: Das ist das dritte Piano-Postludium. Es gibt ihrer fünf, und ich habe sie alle für Flöte arrangiert. Sie sind sehr einleuchtend, aber gehen ins Ohr.
    Achilles: Was mir nicht einleuchtet ist, wie eine zahlentheoretische Aussage als Musik gespielt werden kann.
    Krebs: Aber ich bestehe darauf: es ist KEINE zahlentheoretische Aussage, es ist ein Piano-Postludium! Wollen Sie ein anderes hören?
    Achilles: Das wäre wunderbar.
    (Der Krebs befestigt ein anderes Blatt an seiner Flöte, und diesmal schaut Achilles genauer hin.)
    Nun, ich habe Ihre Augen beobachtet, und sie blickten auf diese FORMEL auf dem Blatt. Sind Sie sicher, daß dies eine musikalische Notation ist? Ich schwöre, daß sie derjenigen erstaunlich gleicht, die man in einer formalisierten Spielart der Zahlentheorie verwenden würde.
    Krebs: Wie seltsam! Das ist aber doch gewiß Musik, nicht eine irgendwie geartete mathematische Aussage, soweit ich sehen kann! Gewiß bin ich weit davon entfernt, ein Mathematiker zu sein. Möchten Sie noch andere Melodien hören?
    Achilles: Aber sicher. Haben Sie noch welche?
    Krebs: Haufenweise!
    (Er nimmt ein neues Blatt und befestigt es an seiner Flöte. Es enthält die folgenden Symbole:
    ~ ∃a : ∃b :( SSa · SSb )= SSSSSSSSSSSSS0
    Achilles schaut genau hin, während der Krebs spielt.)
    Ist es nicht wunderschön?
    Achilles: Ja, es ist gewiß ein recht melodisches Stück. Aber ich muß sagen, es sieht mir immer mehr nach Zahlentheorie aus.
    Krebs: Meine Güte! Es ist einfach meine übliche musikalische Notation, sonst nichts. Ich verstehe einfach nicht, wie Sie in diese schlichten Darstellungen von Tönen nicht-musikalische Tatsachen hineinlesen können.
    Achilles: Hätten Sie etwas dagegen, ein von mir komponiertes Stück zu spielen? 
    Krebs: Durchaus nicht. Haben Sie es bei sich?
    Achilles: Noch nicht. Aber ich habe so eine Ahnung, daß ich einige Melodien ganz allein komponieren könnte.
    Schildkröte: Ich muß Ihnen sagen, Achilles, daß Herr K. ein strenger Richter von Musik ist, die andere komponiert haben. Seien Sie also nicht enttäuscht, wenn er für Ihre Leistungen nicht gerade Feuer und Flamme ist.
    Achilles: Nett, daß Sie mich vorwarnen. Trotzdem will ich's versuchen ...
    (Er schreibt:
    (( SSS0 · SSS0 )+( SSSS0 · SSSS0 ))=( SSSSS0 · SSSSS0 )
    Der Krebs nimmt es, überfliegt es, steckt es in den Notenhalter und bläst.)
    Krebs: Nun, das ist ja ganz nett, Achilles; ich mag seltsame Rhythmen.
    Achilles: Was ist am Rhythmus dieses Stücks so seltsam?
    Krebs: Oh, natürlich, Ihnen als dem Komponisten mag es ganz problemlos vorkommen; in meinen Ohren klingt der Wechsel von einem 3/3-Rhythmus zu 4/4 und 5/5 recht exotisch· Wenn Sie noch andere Lieder haben, spiele ich sie gerne.
    Achilles: Vielen Dank. Ich habe noch nie etwas komponiert, und ich muß sagen, Komponieren Ist etwas ganz anderes als das, was ich mir vorgestellt hatte. Lassen Sie mich's mit etwas anderem versuchen. (Er notiert eine Zeile.)
    ~ ∃a : ∃b :( SSa · SSb )= SSSSSSSSSSSSSS0
    Krebs: Hmm. Ist das nicht einfach eine Kopie meines früheren Stücks?
    Achilles: Oh nein! Ich habe ein weiteres  S  hinzugefügt. Wo Sie dreizehn in einer Reihe hatten, habe ich vierzehn.
    Krebs: Oh ja. Natürlich! (Er spielt das Stück und schaut dabei sehr streng drein.)
    Achilles: Ich hoffe wirklich, daß mein Stück Ihnen nicht mißfällt!
    Krebs: Ich befürchte, Achilles, Sie haben das Wesentliche meines Stücks, auf dem das Ihrige fußt, überhaupt nicht begriffen. Aber wie konnte ich nur erwarten, daß Sie es auf Anhieb begreifen würden. Was der Schönheit zugrundeliegt, versteht man nicht immer. Es ist so leicht, die oberflächlichen Eigenschaften eines Stücks als seine Schönheit mißzuverstehen und zu imitieren, wenn doch die Schönheit selbst in den Tiefen der Musik verborgen ist, auf eine Weise, die dem analytischen Denken immer unzugänglich zu sein scheint.
    Achilles: Ich fürchte, ich kann Ihren hochgelehrten Kommentaren nicht ganz folgen. Ich sehe ein, daß mein Stück Ihren hohen Ansprüchen nicht immer genügt, aber ich weiß nicht, wo genau ich in

Weitere Kostenlose Bücher