Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
Vom Netzwerk:
völlig sinnlose Kakophonie anzuhören, aber ich versichere Ihnen, daß es für einen feinfühligen Komponisten keineswegs angenehm ist, solche qualvollen, leeren Dissonanzen und sinnlosen Rhythmen über sich ergehen lassen zu müssen. Achilles, ich dachte doch, Sie hätten ein gutes Gefühl für Musik. Wäre es möglich, daß Ihre früheren Musikstücke nur zufällig etwas taugten?
    Achilles: Oh, ich bitte um Verzeihung, Herr Krebs. Ich wollte die Grenzen Ihrer musikalischen Notation untersuchen ... Ich wollte direkt erfahren, was für Töne erklingen, wenn ich gewisse Arten von Notenfolgen niederschreibe, und auch, wie man in verschiedenen Typen von Notenfolgen und wie man in verschiedenen Tonarten geschriebene Stücke beurteilt.
    Krebs: Pah! Ich bin nicht einfach eine automatische Musikmaschine, und auch keine Müllabfuhr für musikalischen Müll.
    Achilles: Es tut mir sehr leid, aber ich habe das Gefühl, daß ich beim Komponieren dieses kleinen Stücks sehr viel gelernt habe, und ich bin überzeugt, daß ich jetzt viel bessere Musik komponieren kann, als wenn ich diese Idee nicht versucht hätte. Und wenn Sie einfach ein weiteres Musikstück spielen wollen, werden Sie ganz sicher über meine musikalische Begabung besser urteilen.
    Krebs: Also gut. Schreiben Sie es auf, und ich gebe Ihnen eine Chance.
    (Achilles schreibt:
    ∀a : ∀b :<( a · a )=( SS0 · ( b · b ))⊃ a = 0 >
    und der Krebs spielt.)
    Sie hatten recht, Achilles. Anscheinend haben Sie Ihren musikalischen Scharfsinn wiedergewonnen. Das ist ja ein Kleinod! Wie haben Sie es geschafft, das zukomponieren? Etwas Ähnliches habe ich noch nie gehört. Es gehorcht allen Harmonieregeln und hat doch, wie soll ich sagen, einen gewissen irrationalen Charme. Ich kann es nicht genau ausdrücken, doch eben deshalb mag ich es.
    Achilles: Ich dachte mir schon, daß Sie es mögen würden.
    Schildkröte: Haben Sie einen Namen dafür, Achilles? Man könnte es vielleicht „Lied des Pythagoras“ nennen. Sie erinnern sich, daß Pythagoras und seine Schüler zu den ersten gehörten, die musikalische Töne erforschten.
    Achilles: Ja, das stimmt. Das wäre ein sehr schöner Titel.
    Krebs: War es nicht Pythagoras, der als erster entdeckte, daß der Quotient zweier Quadrate nie gleich 2 sein kann?
    Schildkröte: Ich glaube Sie haben recht. Zu seiner Zeit sah man das als eine wahrhaft unheilvolle Entdeckung an, denn noch hatte niemand erkannt, daß es Zahlen gibt — wie etwa die Quadratwurzel aus 2 —, die nicht Quotienten von ganzen Zahlen sind. Und so war die Entdeckung für die Pythagoreer zutiefst beunruhigend, denn sie meinten, daß sich damit ein ungeahnter und grotesker Defekt in der abstrakten Welt der Zahlen kundtat. Es kam Ihnen so exotisch und unheimlich vor wie unsereinem der Kaiser von China.
    Achilles: A propos China — ist das gleich da vorn nicht das Teehaus?
    Schildkröte: Gewiß. In ein paar Minuten sollten wir da sein.
    Achilles: Hmm ... Da habe ich gerade noch genügend Zeit, um die Melodie zu pfeifen, die ich während der Taxifahrt heut' morgen im Radio hörte. Sie ging so ...
    Krebs: Moment mal. Ich hole Papier aus meiner Mappe und notiere mir die Melodie. (Er wühlt in seiner Aktentasche und findet ein leeres Blatt.) Gut, ich wäre soweit.
    (Achilles pfeift eine ziemlich lange Melodie, und der Krebs muß sich beeilen, um Schritt zu halten.)
    Könnten Sie die letzten Takte noch einmal pfeifen?
    Achilles: Aber gewiß.
    (Nach einigen solchen Wiederholungen ist die Transkription zu Ende, und der Krebs zeigt sie stolz den anderen:
    <(( SSSSS0 · SSSSS0 )+( SSSSS0 · SSSSS0 ))=(( SSSSSSS0 · SSSSSS0 )+( S0 · S0 )) ∧ ~ ∃b :< ∃c :( Sc + b )=(( SSSSSSS0 · SSSSSSS0 )+( S0 · S0 )) ∧ ∃d : ∃d ': ∃e : ∃e ': <~< d = e ∨ d = e '> ∧ < b =(( Sd · Sd )+( Sd ' · Sd ')) ∧ b =(( Se · Se )+( Se ' · Se '))>>>>
    Dann spielt Herr Krebs sie selber.)
    Schildkröte: Eigenartige Musik, nicht? Klingt für meine Ohren ein bißchen indisch.
    Krebs: Ich meine, sie ist zu einfach, als daß sie aus Indien kommen könnte. Allerdings kenne ich mich in solchen Dingen nur wenig aus.
    Schildkröte: Nun, hier wären wir also beim Teehaus. Wollen wir draußen auf der Veranda sitzen?
    Krebs: Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich lieber hineingehen. Ich habe wohl für heute genug Sonne gehabt.
    (Sie betreten das Teehaus und setzen sich an einen hübschen hölzernen Tisch und bestellen Kuchen und Tee. Bald darauf wird ein Wagen mit lecker aussehenden

Weitere Kostenlose Bücher