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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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die Irre ging. Können Sie mir vielleicht etwas deutlicher sagen, inwiefern Sie meine Komposition fehlerhaft finden?
    Krebs: Eine Möglichkeit, Ihre Komposition zu retten, Achilles, wäre, weitere drei S oder auch fünf — in die lange S -Gruppe gegen Ende einzufügen. Das hätte eine subtile, ungewöhnliche Wirkung.
    Achilles: Aha!
    Krebs: Es stehen Ihnen aber noch andere Methoden zur Verfügung, um Ihr Stück zu ändern. Ich persönlich fände es am reizvollsten, eine weitere Tilde vor den Anfang zu setzen. Dann bestünde ein wohlausgewogenes Gleichgewicht zwischen Anfang und Ende. Wissen Sie, zwei Tilden nacheinander geben so einem Stück immer einen kleinen Dreh, der nicht unlustig ist.
    Achilles: Und wenn ich nun Ihre beiden Vorschläge annehme und das folgende Stück mache:
    ~~ ∃a : ∃b :( SSa · SSb )= SSSSSSSSSSSSSSSSS0
    Krebs (sein Gesicht schmerzhaft verzerrt): Nun, Achilles, es ist wichtig, die folgende Regel zu lernen: Versuche niemals, zuviel in ein einziges Stück hineinzupressen. Es gibt einen Punkt, von dem an keine Verbesserung mehr möglich ist, und weitere Verbesserungen in Wirklichkeit zerstören. So in diesem Fall. Ihr Einfall, meine beiden Vorschläge zusammen anzunehmen, gibt nicht die erhoffte zusätzliche Schönheit, sondern stellt im Gegenteil ein Ungleichgewicht her, das den ganzen Reiz zerstört.
    Achilles: Wie kommt es, daß zwei ganz ähnliche Stücke — wie das Ihrige mit dreizehn S und meines mit vierzehn S Ihnen, was den musikalischen Wert betrifft, so verschieden erscheinen? Abgesehen von dieser unwichtigen Tatsache sind die zwei identisch.
    Krebs: Meine Güte! Zwischen Ihrem Stück und dem meinen liegen Welten! Vielleicht können hier Worte das, was der Geist empfindet, nicht mehr übermitteln. In der Tat würde ich soweit gehen, zu sagen, daß es keine Menge von Regeln gibt, die festlegen, was dem Stück Schönheit verleiht, und eine solche Menge wird es auch nie geben. Der Sinn für Schönheit gehört völlig in den Bereich des bewußten Geistes, der durch die Lebenserfahrung eine Tiefe gewonnen hat, die die Erklärung vermittels einer bloßen Menge von Regeln transzendiert.
    Achilles: An diese anschauliche Erklärung des Wesens der Schönheit werde ich mich immer erinnern. Ich nehme an, etwas Ähnliches gilt auch für den Begriff der Wahrheit.
    Krebs: Ohne Zweifel. Wahrheit und Schönheit sind so miteinander verwandt wie ... wie ...
    Achilles: So miteinander verwandt wie, sagen wir, Mathematik und Musik?
    Krebs: Genau das wollte ich auch sagen! Woher wußten Sie, daß es das war, woran ich gerade dachte?
    Schildkröte: Achilles ist sehr gescheit, Herr K. Sie dürfen nie vergessen, wie tief er in die Dinge hineinsieht.
    Achilles: Würden Sie sagen, daß möglicherweise zwischen der Wahrheit oder Unwahrheit einer mathematischen Aussage und der Schönheit — oder dem Mangel an Schönheit — eines entsprechenden Musikstücks eine Beziehung bestehen kann? Oder ist das einfach eine weit hergeholte Idee ohne Wirklichkeitsbezug?
    Krebs: Wenn Sie mich fragen, dann heißt das die Dinge etwas zu sehr auf die Spitze treiben. Wenn ich von der Verwandtschaft zwischen Musik und Mathematik sprach, dann sprach ich sehr bildlich. Was jedoch die direkte Verbindung zwischen einzelnen Musikstücken und spezifischen mathematischen Aussagen betrifft, habe ich äußerst schwerwiegende Bedenken. Ich möchte Ihnen mit allem Respekt raten, nicht mit solch müßigen Spekulationen allzuviel Zeit zu verlieren.
    Achilles: Sicher haben Sie recht. Es wäre ganz unergiebig. Vielleicht sollte ich mich darauf konzentrieren, meinen musikalischen Verstand zu schärfen, indem ich einpaar neue Stücke komponiere. Würden Sie mir dabei als Mentor behilflich sein, Herr K.?
    Krebs: Ich wäre sehr glücklich, Ihnen bei Ihrem Weg zum Musikverständnis beizustehen.
    (Also nimmt Achilles die Feder zur Hand und schreibt mit anscheinend beträchtlicher Konzentration:
    ∧ 00a∀ '∨~∧∧: b + cS ( ∃∃ = 0 ∧⊃ ((~ d )<∨( ∀S · +(>∨
    Der Krebs schaut recht verdutzt.)
    Sie wollen tatsächlich, daß ich dieses ... dieses ... nun, was immer es sein mag, spiele?
    Achilles: Ach ja, tun Sie das.
    (Der Krebs tut es, mit offensichtlichen Schwierigkeiten.)
    Schildkröte: Bravo! Bravo! Ist John Cage Ihr Lieblingskomponist, Achilles?
    Achilles: Tatsächlich ist er mein Lieblings-Antikomponist. Jedenfalls freue ich mich, daß Ihnen MEINE Musik gefallen hat.
    Krebs: Sie beide finden es vielleicht amüsant, sich eine so

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