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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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Prozeß der Art „An-den-Haaren-aus-demSumpf-ziehen“ vorstellen, etwa so wie der bei der Entwicklung neuer Computersprachen verwendete — aber ein solcher Vorgang von einfachen Molekülen zu ganzen Zellen ist kaum vorstellbar. Über die Entstehung des Lebens gibt es verschiedene Theorien. Sie alle scheitern an der zentralsten aller zentralen Fragen: „Wie ist der Genetische Code zusammen mit den Mechanismen für seine Übersetzung (Ribosome und tRNS-Moleküle) entstanden?“ Vorerst müssen wir uns mit einem Gefühl des Staunens und der Ehrfurcht begnügen. Und vielleicht sind Staunen und Ehrfurcht zufriedenstellender als der Besitz einer Antwort — zumindest für eine gewisse Zeit.

Dd. Magnifikrebs
    Es ist Frühling, und Theo Schildkröte und Achilles machen ihren Sonntagsspaziergang in einem Wald. Sie haben sich vorgenommen, einen Hügel zu ersteigen, auf dessen Gipfel, wie man sagt, ein wundervolles Teehaus steht, mit wohlschmeckendem Gebäck aller Art.
    Achilles: Mann, o Mann! Wenn ein Krebs ...
    Schildkröte: ... wenn ein Krebs??
    Achilles: Ich wollte sagen: Wenn ein Krebs jemals intelligent war, dann ganz gewiß unser gemeinsamer Freund Carl. Er muß mindestens doppelt so gescheit sein wie irgendein anderer Krebs. Oder sogar dreimal so gescheit, oder vielleicht ...
    Schildkröte: Meiner Seel! Wie Sie den Krebs magnifizieren!
    Achilles: Nun, ich bin ein Bewunderer seiner ...
    Schildkröte: Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Auch ich bewundere ihn. A propos Bewunderer von Krebsen — habe ich Ihnen von den kuriosen Fan-Briefen erzählt, die der Krebs vor nicht allzu langer Zeit erhielt?
    Achilles: Ich glaube nicht. Wer war der Absender?
    Schildkröte: Sie waren mit einer indischen Briefmarke frankiert und stammten von jemand, von dem wir beide noch nie etwas gehört hatten: ein Herr Najunamar, glaube ich.
    Achilles: Merkwürdig, daß jemand, der Herrn Krebs überhaupt nicht kannte, ihm einen Brief schrieb. Woher er wohl seine Adresse erhielt?
    Schildkröte: Offensichtlich bildet der Betreffende sich ein, der Krebs sei ein Mathematiker. Der Brief enthielt zahlreiche Ergebnisse, von denen alle ... aber hallo! Wenn man des Esel nennt, kommt er gerennt. Da kommt grad der Krebs den Hügel herunter.
    Krebs: Wiedersehen! Es war nett, mal wieder mit Ihnen zu sprechen! Nun, ich mache mich wohl am besten davon. Aber ich bin voll bis obenhin — ich brächte keinen Bissen mehr hinunter, selbst wenn ich müßte. Ich bin gerade dort oben gewesen — sehr zu empfehlen. Sind Sie jemals in dem Teehaus auf dem Gipfel des Hügels gewesen? Wie geht's denn, Achilles? Oh, da ist Achilles! Hallo, hallo! — Ja, nun, wenn das nicht Herr Schildkröte ist!
    Schildkröte: Hallo, Herr K. Gehen Sie zum Teehaus hinauf?
    Krebs: Aber natürlich. Wie haben Sie das nur erraten? Ich freue mich schon auf die leckeren Petits fours, die köstlichen kleinen Stückchen. Ich bin so hungrig, daß ich eine Fuhre verschlingen könnte. Oh, da ist ja Achilles. Wie geht's denn immer?
    Achilles: Man schlägt sich durch.
    Krebs: Fabelhaft. Nun, ich will Ihr Gespräch nicht unterbrechen. Ich laufe einfach so mit.

Abb. 104 . Castrovalva , von M. C. Escher (Lithographie, 1930).
    Schildkröte: Seltsamerweise wollte ich gerade über den geheimnisvollen Brief sprechen, den Sie vor ein paar Wochen von jenem Inder bekamen; aber da Sie nun hier sind, soll Achilles die Geschichte direkt von Ihnen erfahren.
    Krebs: Nun, das war also so. Dieser Najunamar hat anscheinend nie systematischen Unterricht in Mathematik genossen, sondern statt dessen seine eigenen Methoden zu Ableitung neuer mathematischer Wahrheiten entwickelt. Einige seiner Entdeckungen erschlugen mich regelrecht; ich hatte noch nie etwas Derartiges gesehen. Zum Beispiel machte er eine Landkarte von Indien, die mit nicht weniger als 1729 verschiedenen Farben gemalt war.
    Achilles: 1729? Sagten Sie 1729?
    Krebs: Ja, warum fragen Sie?
    Achilles: Weil 1729 eine sehr interessante Zahl ist, wissen Sie ...
    Krebs: Tatsächlich? Das wußte ich nicht.
    Achilles: Insbesondere war 1729 zufällig die Nummer des Taxis, das ich heute nahm, um zu Herrn Schildkröte zu fahren.
    Krebs: Faszinierend! Sie könnten mir nicht etwa die Nummer des Straßenbahnwagens nennen, den Sie morgen früh nehmen werden, um zu Herrn S. zu fahren?
    Achilles (denkt einen Augenblick lang nach): Sie fällt mir im Moment nicht ohne weiteres ein, aber ich glaube, daß sie sehr groß sein wird.
    Schildkröte: Achilles hat einen

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