Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band
verflochten im Gehirn, und die starke Faszination, die dieses Bild auf mich ausübte, war ein ständiger Ansporn, tiefer darüber nachzudenken, was Denken eigentlich sein könnte. In anderen Teilen dieses Buchs habe ich versucht, einige der Tochterbilder dieses ursprünglichen Bildes zu vermitteln, besonders in Präludium und ... emsige Fuge.
Jetzt, da ich aus einem Abstand von zwölf Jahren auf dieses Programm zurückblicke, fällt mir am meisten auf, daß hinter dem, was gesagt wird, kein Bild steht. Das Programm hatte keine Ahnung davon, was ein Sklave ist, was ein Mensch ist, oder was überhaupt irgend etwas „ist“. Die Worte waren leere formale Symbole, so wie das p und g des pg-Systems — vielleicht noch leerer. Mein Programm machte sich die Tatsache zunutze, daß man beim Lesen eines Texts ganz selbstverständlich dazu neigt, jedem Wort seinen vollen Gehalt zu geben, als ob dieses notwendigerweise an die Gruppe von Buchstaben, die das Wort bilden, gebunden wäre. Mein Programm ließ sich als formales System betrachten, dessen „S ÄTZE “ - die Output-Sätze — fertige Interpretationen hatten (zumindest für Leser, die dieselbe Sprache sprechen). Aber diese „S ÄTZE “ waren, anders als im pg-System, nicht alle wahre Aussagen, wenn man sie so interpretiert. Viele waren falsch, viele waren unsinnig.
Auf seine bescheidene Weise spiegelte das pg-System einen winzigen Teil der Welt. Als aber mein Programm ablief, hatte es keinen Spiegel, in dem sich ablesen ließ, wie die Welt funktioniert, ausgenommen die kleinen semantischen Einschränkungen, denen es zu gehorchen hatte. Um einen solchen Spiegel zu konstruieren, hätte ich jeden Begriff in viele Schichten von Wissen über die Welt einwickeln müssen. Das
Abb. 116 . Eine bedeutungsvolle Geschichte auf Arabisch. [Aus: A. Khatibi und M. Sijeimasst, The Splendour of Islamic Calligraphy, New York 1976.]
wäre eine Anstrengung anderer Art gewesen als das, was ich zu tun beabsichtigte. Nicht daß ich nicht oft daran gedacht hätte, es zu probieren, aber ich bin einfach nicht dazu gekommen.
Grammatik höherer Stufe ...
Tatsächlich habe ich darüber nachgedacht, ob ich eine ATN-Grammatik schreiben könnte (oder ein andere Sätze erzeugendes Programm), die nur wahre Aussagen über die Welt machen könnte. Eine solche Grammatik würde die Wörter mit echter Bedeutung erfüllen, wie das im pg-System und in TNT geschah. Diese Vorstellung von der Sprache, in der falsche Aussagen ungrammatikalisch sind, ist alt und geht auf Johann Amos Comenius (1633) zurück. Ein sehr anziehender Gedanke, denn damit hat man in die Grammatik eine Kristallkugel eingebaut, die die in Frage stehende Ausage einfach auf ihre grammatikalische Richtigkeit hin prüft ... Tatsächlich geht Comenius noch weiter, denn in seiner Sprache waren falsche Aussagen nicht nur ungrammatikalisch — sie waren nicht ausdrückbar!
Wenn wir diesem Gedanken in einer anderen Richtung nachgehen, könnte man sich eine Grammatik hoher Stufe vorstellen, die zufällige Kōans erzeugt. Warum nicht? Eine solche Grammatik wäre einem formalen System äquivalent, dessen S ÄTZE Kōans sind. Und wenn man ein solches Programm besäße, könnte man es nicht so arrangieren, daß es nur echte Kōans erzeugte? Meine Freundin Marsha Meredith war begeistert von der Idee einer Art von „Artifiziellem Ismus“ und so nahm sie das Projekt eines Kōans verfassenden Programms in Angriff. Eines ihrer frühesten Ergebnisse war der folgende kuriose Kōan:
EIN KLEINER JUNGER MEISTER WOLLTE EINE KLEINE WEISSE KNORRIGE SCHALE. „WIE KÖNNEN WIR OHNE STUDIUM LERNEN UND VERSTEHEN?“ DER JUNGE MEISTER FRAGTE EINEN GROSSEN VERWIRRTEN MEISTER. DER VERWIRRTE MEISTER SCHRITT VON EINEM BRAUNEN HARTEN BERG ZU EINEM WEISSEN WEICHEN BERG MIT EINER KLEINEN ROTEN STEINERNEN SCHALE. DER VERWIRRTE MEISTER ERBLICKTE EINE ROTE WEICHE HÜTTE. DER VERWIRRTE MEISTER WOLLTE DIE HÜTTE HABEN. „WARUM KAM BODHIDHARMA NACH CHINA?“ FRAGTE DER VERWIRRTE MEISTER EINEN GROSSEN ERLEUCHTETEN STUDENTEN. „DIE PFIRSICHE SIND GROSS“, ANTWORTETE DER STUDENT DEM VERWIRRTEN MEISTER. „WIE KÖNNEN WIR OHNE STUDIUM LERNEN UND VERSTEHEN?“ FRAGTE DER VERWIRRTE MEISTER EINEN GROSSEN ALTEN MEISTER. DER ALTE MEISTER GING VON EINER WEISSEN STEINIGEN G0025. DER ALTE MEISTER GING VERLOREN.
Ihre persönlichen Entscheidungsverfahren für die Echtheit von Kōans ist wahrscheinlich zu einem Urteil gekommen, ohne daß sie einen Geometrischen Code oder die Kunst der
Weitere Kostenlose Bücher