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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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werden können.
    Ist man sich darüber klar geworden, daß die Darstellung von Wissen ein ganz anderes Paar Stiefel ist, als die bloße Speicherung von Zahlen, dann läßt sich die Vorstellung, „ein Computer habe ein Elefantengedächtnis“, leicht als Mythos entlarven. Was im Gedächtnis gespeichert ist, ist nicht notwendigerweise gleichbedeutendmit dem, was ein Programm weiß, denn sogar wenn ein bestimmtes Wissen irgendwo in einem komplexen System codiert ist, gibt es möglicherweise kein Verfahren, keine Regel, keinen anderen Prozeß, der mit Daten umgeht, der dieses Wissen erreicht. Es kann unzugänglich sein. In einem solchen Fall läßt sich sagen, daß das Wissen „vergessen“ wurde, weil der Zugang zu ihm vorübergehend oder auf Dauer verlorengegangen ist. So kann ein Computerprogramm auf einer hohen Stufe etwas „vergessen“, an das es sich auf einer tieferen „erinnert“. Dies ist eine jener immer wiederkehrenden Unterscheidungen von Stufen, durch die wir wahrscheinlich viel über uns selber erfahren können. Wenn ein Mensch etwas vergißt, bedeutet das am ehesten, daß auf der hohen Stufe ein Hinweis verloren ging und nicht, daß irgendwelche Information getilgt oder zerstört wurde. Das wirft ein Licht darauf, wie außerordentlich wichtig es ist, auf die Art zu achten, wie man die eintreffenden Erfahrungen speichert, denn man weiß nie von vornherein, unter welchen Umständen oder von welchem Gesichtspunkt aus man etwas aus dem Speicher herausholen will.
Vom Computer-Haiku zu einer RTN-Grammatik
    Wie komplex die Repräsentierung von Wissen in menschlichen Köpfen ist, wurde mir so richtig bewußt, als ich an einem Programm zur Erzeugung von englischen Sätzen „aus heiterem Himmel“ arbeitete. Zu diesem Forschungsvorhaben kam ich auf recht interessante Weise. Ich hatte am Radio einige Beispiele von sogenannten „Computer-Haikus“ gehört. Etwas an ihnen beeindruckte mich tief. Einen Computer das machen zu lassen, was eigentlich als künstlerische Schöpfung anzusehen wäre, enthält ein stark humoristisches, aber auch ein geheimnisvolles Element. Der humoristische Aspekt amüsierte mich außerordentlich, und das Geheimnisvolle — ja Widersprüchliche — am Programmieren von Kreativität motivierte mich. Ich machte mich also daran, ein Programm zu entwerfen, das noch geheimnisvoll-widersprüchlicher und noch humoristischer als das Haiku-Programm war.
    Zunächst beschäftigte ich mich damit, die Grammatik flexibel und rekursiv zu machen, damit man nicht das Gefühl hatte, das Programm bestehe einfach im Ausfüllen von Leerstellen in einer Schablone. Ungefähr um diese Zeit fiel mir ein Aufsatz von Victor Yngve in der Zeitschrift Scientific American in die Hand, in dem er eine einfache, aber flexible Grammatik beschreibt, die eine große Menge verschiedener Sätze erzeugen kann, wie man sie in Kinderbüchern findet. Ich modifizierte einige der Ideen, die ich diesem Aufsatz entnommen hatte, und erhielt eine Anzahl von Prozeduren, die eine rekursive, transitive Netz-Grammatik bildeten, wie in Kapitel V beschrieben. Die Wortwahl wurde in dieser Grammatik durch einen Prozeß getroffen, der damit begann, daß die allgemeine Struktur des Satzes zufallsbedingt ausgewählt wurde. Allmählich sickerte das Entscheidungsverfahren durch tiefere Strukturstufen hindurch, bis die Wort- und die Buchstabenstufe erreicht waren. Sehr viel gab es unter der Wortstufe zu tun, wie etwa die Konjugation von Verben und die Bildung des Plurals von Hauptwörtern; auch wurden unregelmäßige Haupt- und Tätigkeitswörter zunächst regelmäßig gebildet und dann, wenn sie den Eintragungen in einer Tabelleentsprachen, eine Substitution der richtigen (unregelmäßigen) Formen vorgenommen. Wenn ein Wort seine endgültige Form gefunden hatte, wurde es ausgedruckt. Das Programm war wie der sprichwörtliche Affe an einer Schreibmaschine, arbeitete aber auf verschiedenen Stufen gleichzeitig, nicht einfach auf der Buchstabenebene.
    Im Anfangsstadium der Entwicklung dieses Programms verwendete ich ein völlig verrücktes Vokabular, und zwar absichtlich, war mein Ziel doch das, humoristische Texte zu gewinnen. Das Programm erzeugte eine Unzahl von unsinnigen Sätzen, von denen einige sehr komplizierte Strukturen aufwiesen, während andere ganz kurz waren. Nachstehend ein paar Auszüge:
    Ein männlicher Bleistift, der unbeholfen lachen muß, würde quaken. Muß Programm nicht immer Mädchen im Gedächtnis zermalmen? Die dezimale

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