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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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rekursive Prozeß, einen Baum von Zwischenzielen, Zwischen-Zwischenzielen usw. zu erzeugen. Das heißt, daß solche Prozesse, anstatt daß sie immer wieder vom Programmierer ausdrücklich niedergeschrieben werden müssen, automatisch durch sogenannte ZIEL-Aussagen impliziert werden. Der Leser eines PLANNER-Programms findet keine explizite Erwähnung solcher Operationen; im Jargon heißen sie user-transparent. Wenn ein Weg im Baum das erwünschte Ziel nicht erreicht, dann wird das PLANNER-Programm „zurückgehen“ und einen anderen Weg versuchen. „Zurückgehen“ (backtracking} heißt die Zauberformel bei PLANNER.
    Diese Eigenschaften von PLANNER macht sich Winograds Programm vortrefflich zunutze — genauer von MICROPLANNER, einer unvollständigen Implementation des Plans für PLANNER. In den letzten Jahren jedoch haben Forscher mit dem Ziel, AI zu entwickeln, erkannt, daß automatisches „Backtracking“, wie in PLANNER, deutliche Nachteile hat und wahrscheinlich nicht zum Ziel führen wird; deshalb haben sie sich von ihm zurückgezogen und andere Wege zu AI eingeschlagen.
    Hören wir uns weitere Kommentare von Winograd über SHRDLU an:
    Die Definition jedes Wortes ist ein Programm, das am entsprechenden Punkt in der Analyse aufgerufen wird und das beliebige Berechnungen ausführen kann, die den Satz und die gegenwärtige physische Situation betreffen. 17
    Unter den von Winograd zitierten Beispielen findet sich das folgende:
    Die verschiedenen Möglichkeiten für die Bedeutung von „das“ sind Prozeduren, die verschiedene Tatsachen über den Gesamtzusammenhang nachprüfen und dannVorschriften für Handlungen machen wie: „Suche nach einem einzelnen Objekt in der data base, das dieser Beschreibung entspricht.“ Oder: „Bestätige, daß das beschriebene Objekt eindeutig ist, soweit es den Sprecher betrifft.“ Das Programm selber enthält eine Menge von Heuristik, um zu unterscheiden, welcher Teil des Zusammenhangs relevant ist. 18
    Erstaunlich ist, wie tief das Problem des Worts „das“ ist. Wenn es gelänge, ein Programm zu schreiben, das die fünf häufigsten Wörter — in englischer Sprache „the“, „of“, „and“, „a“ und „to“ — vollständig verarbeiten kann, könnte man mit Sicherheit behaupten, daß diese Leistung der Lösung des gesamten Problems von AI vollständig äquivalent wäre und somit dem Wissen, was Intelligenz und Bewußtsein ist, gleichkäme. Eine kleine Abschweifung: Die fünf häufigsten deutschen Hauptwörter sind gemäß Deutsche Sprachstatistik, Bd. II, von Helmut Meier — „Zeit“, „Herr“, „Leben“, „Recht“, „Jahre“ (in dieser Reihenfolge). Erstaunlich ist dabei, daß die meisten Menschen gar keine Vorstellung davon haben, daß wir in solch abstrakten Kategorien denken. Fragen Sie Ihre Freunde, und die Chancen stehen zehn zu eins, daß sie Wörter wie „Mann“, „Haus“, „Auto“, „Hund“, „Geld“ nennen. Und wenn wir gerade bei Häufigkeiten sind — die häufigsten Buchstaben in englischer Sprache sind, nach Mergenthaler, in dieser Reihenfolge: „ETAOIN SHRDLU“.
    Eine amüsante Eigenheit von SHRDLU, die dem Klischee vom Computer als „Zahlenfresser“ schnurstracks zuwiderläuft, ist die von Winograd erwähnte Tatsache: „Unser System akzeptiert keine Zahlen in numerischer Form und wurde nur gelehrt, bis zehn zu zählen.“ 19 Trotz seiner völlig mathematischen Grundlage ist SHRDLU mathematisch ungebildet. Genau wie Tante Colonia weiß SHRDLU nichts von den tieferen Stufen, auf denen es beruht. Sein Wissen ist weitgehend prozedural (siehe die Bemerkung von „Dr. Tony Earrwig“ in Abschnitt 11 des obigen Dialogs).
    Interessant ist der Vergleich zwischen dem prozeduralen Einbetten von Wissen bei SHRDLU mit dem Wissen bei meinem Sätze erzeugenden Programm. Das gesamte syntaktische Wissen in meinem Programm war prozedural in ATNs eingebettet, niedergeschrieben in der Sprache Algol; aber das semantische Wissen — die Information über die semantische Klassenzugehörigkeit — war statisch: Es war in einer kurzen Liste von Zahlen nach jedem Wort enthalten. Es gab einige Wörter, wie z. B. die Hilfsverben „sein“ und „haben“ und andere, die in Prozeduren in Algol vollständig repräsentiert waren, aber das waren Ausnahmen. Im Gegensatz dazu waren in SHRDLU alle Wörter als Programme repräsentiert. Hier ist ein Fall, der zeigt, daß trotz der theoretischen Äquivalenz von Daten und Programmen in der Praxis die Wahl des

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