Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band
Zenfäden gebraucht haben. Wenn der Mangel an Pronomina oder die simple Syntax ihren Argwohn nicht geweckt haben, dann hat das ganz sicher das merkwürdige „G0025“ am Ende getan. Was ist das? Es ist ein seltsamer Zufallstreffer, einAnzeichen für einen Programmfehler, der veranlaßte, daß das Programm anstelle der umgangssprachlichen Bezeichnung für einen Gegenstand seinen internen Namen für denjenigen „Knoten“ (in Wirklichkeit ein Lisp-Atom) ausdruckte, wo alle diesen speziellen Gegenstand betreffende Information gespeichert war. Hier haben wir also ein „Fenster“ auf eine tiefere Stufe des zugrundeliegenden Zen-Geistes, eine Stufe, die unsichtbar hätte bleiben sollen. Leider haben wir keine so klaren Fenster auf die tieferen Stufen des menschlichen Zen-Geistes.
Die Folge der Handlungen, wenn auch etwas willkürlich, stammt aus einer rekursiven Lisp-Prozedur namens „CASCADE“, die auf vage kausale Weise miteinander verbundene Handlungsketten erzeugt. Obschon der Grad des Weltverständnisses, die dieser Kōanerzeuger besitzt, offensichtlich nicht enorm ist, arbeitet man daran, den Output etwas echter erscheinen zu lassen.
Grammatik für Musik?
Und dann die Musik. Das ist ein Feld, von dem auf den ersten Blick anzunehmen wäre, daß es sich besonders gut zur Codifizierung in einer ATN -Grammatik oder ähnlichen Programmen eignete. Während, um diesen naiven Gedankengang zu verfolgen, die Sprache, will sie sinnvoll sein, auf Verbindungen mit der Außenwelt beruht, ist die Musik völlig formal. In den Tönen der Musik liegt kein Hinweis auf Dinge „dort draußen“, sondern reine Syntax — Note folgt auf Note, Akkord auf Akkord, Takt auf Takt, Satz auf Satz ...
Doch halt! Etwas an dieser Analyse stimmt nicht. Warum ist eine Musik so viel tiefer und schöner als eine andere? Das kommt daher, daß die Form in der Musik ausdrucksvoll ist, ausdrucksvoll in seltsamen unbewußten Regionen unseres Geistes. Die Klänge der Musik beziehen sich nicht auf Sklaven oder Stadtstaaten, sondern sie lösen in unserem Innersten Wolken von Empfindungen aus. In diesem Sinne ist die musikalische Bedeutung auf unfaßbare Verbindungen von den Symbolen zu den Dingen angewiesen — die „Dinge“ sind in diesem Fall geheime Softwarestrukturen in unserem Gehirn. Aus einem so einfachen Formalismus wie einer ATN-Grammatik kann keine große Musik entstehen. Pseudomusik kann wie Pseudomärchen gut herauskommen und das ist eine wertvolle Erfahrung — aber die Geheimnisse der Bedeutung in der Musik liegen viel tiefer als reine Syntax.
Ich muß hier einen Punkt klarstellen. Im Prinzip haben alle ATN-Grammatiken die gleiche Leistungsfähigkeit wie jeder andere Programmierungsformalismus; wenn also die Bedeutung der Musik überhaupt irgendwie zu fassen ist (und ich glaube, daß das möglich ist), kann sie in einer ATN-Grammatik gefaßt werden. Gewiß. Aber, so behaupte ich, in diesem Fall definiert die Grammatik nicht einfach musikalische Strukturen, sondern sämtliche geistigen Strukturen des Hörers. Die „Grammatik“ wird eine vollständige Grammatik des Denkens sein, nicht einfach eine Grammatik der Musik.
Abb. 117 . Geistige Arithmetik , von René Magritte (1931).
Winograds Programm SHRDLU
Was für ein Programm wäre nötig, um menschliche Wesen zum Eingeständnis zu bringen, und sei es auch widerstrebend, daß dieses Programm eine gewisse Fähigkeit des „Verstehens“ besitzt? Was braucht es, bis man intuitiv merkt, daß „nichts dahinter“ ist?
In den Jahren 1968 bis 1970 studierte Terry Winograd (alias Dr. Tony Earrwig) am MIT (Massachusetts Institute of Technology) und beschäftigte sich mit Fragen der Sprache und des Verstehens. Zu jener Zeit machten AI-Forscher von einer sogenannten Klötzchenwelt Gebrauch, ein verhältnismäßig einfaches Gebiet, in das viele Probleme sowohl der Wahrnehmung wie auch des Sprachgebrauchs vermittels Computer sich leicht einfügten. Die Klötzchenwelt besteht aus einem Tisch mit verschiedenen Arten von Spielzeugklötzchen — quadratischen, länglichen, dreieckigen usw. — in verschiedenen Farben. (Eine Klötzchenwelt anderer Art zeigt Abb. 117: Das Gemälde Geistige Arithmetik von Magritte. Diesen Titel finde ich in unserem Kontext überaus angemessen.) Die optischen Probleme sind bei der MIT-Klötzchenwelt besonders vertrackt: Wie kann ein Computer aufgrund einer TV-Abtastung eine Szene mit vielen Klötzen ausfindig machen, welche Klötzchen vorhanden und wie ihre Beziehungen
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