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Göring: Eine Karriere (German Edition)

Göring: Eine Karriere (German Edition)

Titel: Göring: Eine Karriere (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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nach, welche seiner Generäle er nach dem Krieg in den Adelsstand erheben sollte. Mit Vorliebe inspizierte er Kunstwerke, die ihm seine »Kunstexperten« aus ganz Europa anlieferten. Immer wieder ließ er in Carinhall die Wände umdekorieren, um seine neuen Besitztümer staunenden Gästen vorzuführen.
    Meine Mutter und meine Tante haben sich oft über seinen Gesundheitszustand unterhalten, aber ich habe nicht den Eindruck gehabt, dass er drogenabhängig war.
    Klaus Rigele, Neffe Görings
     
    So maßlos wie das Repräsentationsbedürfnis, so ungeheuer war auch das Sicherheitsbedürfnis Görings. Neun Flak- und drei Scheinwerfertürme, im umliegenden Wald verteilt, schützten Carinhall gegen Luftangriffe. Eine eigene Wachkompanie des Regiments »General Göring« (später der Division »Hermann Göring«) riegelte den Landsitz weiträumig ab und bewahrte ihn vor ungebetenen Besuchern und den Blicken neugieriger »gewöhnlicher« Sterblicher. Wenige Wochen nach Beginn des Krieges ließ Göring einen Privatbunker für sich und seine Familie errichten, die Gebäude wurden mit riesigen Tarnnetzen verhängt, um zu verhindern, dass sie aus der Luft erkennbar waren. Sieben Kilometer nördlich ließ er mit Holzgerüsten und Segeltuch eine Scheinanlage, »auch Schein-Carinhall« genannt, nachbauen. Im Fall eines Angriffs sollte eine kleine Pioniereinheit mittels Pyrotechnik dafür sorgen, dass der Eindruck entstand, Carinhall sei tatsächlich getroffen worden.
    Neben seiner Sicherheit war der Siebenundvierzigjährige vor allem mit seiner Gesundheit beschäftigt. Seine Fettleibigkeit hatte sein Herz in Mitleidenschaft gezogen. Auf Anraten seines Leibarztes Ondarza schonte er sich und hielt den Krieg, den er so nie gewollt hatte, möglichst weit von sich weg. Wer seine Tagesabläufe las, die in einem Taschenkalender akribisch vermerkt wurden, konnte meinen, Deutschland und Europa wären noch immer im tiefsten Frieden. Am 16. Februar 1941, einem Tag unter vielen, notierte er:
    »Klares Frostwetter -10, Sonnenschein
9:30 aufgestanden
10:00 Zeitungen – Edda
11:30 Frühstück Lage Ondarza
12:30 kurzer Spaziergang
13:00 gelesen
13:30 Mittagessen (Gründgens – Edda)
14:30 Schlittenfahrt (Schade)
16:00 Fütterung bei Teutzendorf (Kleinwild)
17:30 Rückkehr und Kaffee
18:00 Photographieren (Frau Clausen)
19:00 Akten/Film ›Der Hermann‹«
    Gemessen an seinem Rang und seiner Verantwortung war Görings Arbeitspensum beschämend klein. Der »Zuständigkeitsgigant« vertiefte sich
     

     
    Oben: »Bedenkenlos dem Müßiggang hingegeben«: Göring und seine Frau Emmy bei einer Schlittenfahrt in Rominten, Februar 1941
    Unten: »Beschämend kleines Arbeitspensum«: Der Reichsmarschall war nur selten an seinem Schreibtisch zu finden
am Tag selten länger als eine Stunde in die Akten und auch dies nicht an jedem Tag. Viel Zeit hingegen investierte der schwerleibige Reichsmarschall in sein labiles körperliches Befinden. Regelmäßig standen Saunagänge, Unterwassermassagen und lange Spaziergänge auf dem Programm. Folgt man seinem Taschenkalender, so erlitt Göring in der Nacht vom 19. Januar 1941 einen Herzanfall. Fortan legte er sich tagsüber häufiger ins Bett. Die meiste Zeit des Jahres 1941 hielt sich der Oberbefehlshaber der Luftwaffe abseits der militärischen Entscheidungszentren auf. War Hitlers Hauptquartier in der Nähe, so nahm Göring in der Regel einmal wöchentlich an den Besprechungen teil. Wenn ihm danach war, verbat er sich jede Störung, manchmal wochenlang und unabhängig von der militärischen Lage. Dann wieder konnte er im Gespräch hochkonzentriert sein und innerhalb kürzester Zeit klarsichtige und kraftvolle Entscheidungen treffen – ein Wechselbad, das seinen Vertrauten Rätsel aufgab und zunehmend für Unmut sorgte.

Des Teufels General
     
    Kaum war der Reichsmarschall aus seinem »Winterschlaf« erwacht, als sich neues Unheil anbahnte. Hitlers Plan, im Osten eine zweite Front zu eröffnen, lastete das ganze Frühjahr 1941 über wie ein Albdruck auf Göring. Getrieben von seiner tiefen Skepsis, rang er sich zu einem unerhörten Schritt durch. War es der Groll des Ohnmächtigen gegen Hitlers einsame Entscheidung oder hoffte er, den Diktator durch einen Verrat seiner geheimen Pläne noch im letzten Augenblick von seinem Vorhaben abschrecken zu können? Der Reichsmarschall nahm erneut Kontakt zu seinem Verbindungsmann Birger Dahlerus auf. Am 9. Juni 1941 unterrichtete er ihn, Deutschland werde die Sowjetunion

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