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Göring: Eine Karriere (German Edition)

Göring: Eine Karriere (German Edition)

Titel: Göring: Eine Karriere (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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deutsche Luftwaffe fieberhaft, wirksame Gegenmittel zu entwickeln. Gleich zu Jahresbeginn gelang den Alliierten ein technischer Quantensprung. Das neue H2S-Radargerät gab die Umrisse der überflogenen Landschaften und Städte auf einem Monitor wieder. Die Bomberpiloten konnten sich nun auch nachts und bei schlechtem Wetter ein Bild vom jeweiligen Zielgebiet machen. Wie kein zweites Gerät beschleunigte das Bodenradar den Untergang der deutschen Städte. Systematisch trieben die Briten ihre nächtlichen Bombardierungen voran. Die Luftangriffe auf das Ruhrgebiet sollten vier Monate dauern. Köln, Essen, die Staumauern von Möhne-, Sorpe- und Edertalsperre sowie Wuppertal-Barmen, Mülheim an der Ruhr, Oberhausen und Wuppertal-Elberfeld wurden bombardiert. Bis April 1943 waren in Deutschland bereits 15 000 Menschen infolge alliierter Luftangriffe ums Leben gekommen.
    Arthur Harris triumphierte. Als bei dem Angriff auf Dortmund am 23. und 24. Mai 1943 die hunderttausendste Tonne Bomben fiel, schickte der Chef des Bomber Command folgenden Funkspruch an seine Besatzungen: »1939 hat Göring versichert, dass keine einzige Bombe auf das Ruhrgebiet fallen wird. Gratuliere zu der soeben gelieferten 100 000. Tonne Bomben als Antwort auf den Reichsmarschall.«
    Machen wir Schluss mit dem Krieg, indem wir den Deutschen die Seele aus dem Leib schlagen.
    Arthur T. Harris
     
    Ungeachtet all dieser Schreckensmeldungen beobachtete Göring den Krieg zumeist aus sicherer Entfernung von Burg Veldenstein oder vom Obersalzberg aus und wurde von seinem Verbindungsoffizier Bodenschatz per Telefon über die Lage informiert. Wut und Ärger über die Ohnmacht der deutschen Luftabwehr ließ Göring auch an seinem Generalstabschef Hans Jeschonnek aus. Seite um Seite füllte der Reichsmarschall sein persönliches Merkbuch mit Notizen und Ideen – doch es blieb bei verschwommenen, häufig unrealistischen Vorschlägen. Hitler verlor allmählich die Geduld und glaubte Görings Rechtfertigungen nicht mehr. Ohne dessen Wissen lud er im Sommer 1943 die Flugzeugkonstrukteure auf den Obersalzberg, um der deutschen Flugzeugproduktion neue Impulse zu geben. Bei Besprechungen mit dem »Führer« wirkte Göring jetzt häufig müde und geistesabwesend, und nur enorme Mengen Aufputschmittel vermochten ihn dann wieder aus seiner Lethargie zu reißen.
    Im Juli 1943 starteten Briten und Amerikaner die erste »combined bomber offensive«. Ziel war Hamburg. Die altehrwürdige Hanse- und Hafenstadt wurde von jener Katastrophe heimgesucht, die nach Görings Vorstellung London hätte treffen sollen. In zusätzliche Schwierigkeiten geriet die Luftwaffe durch einen simplen, aber äußerst wirkungsvollen Trick, den die Royal Air Force in Hamburg erstmalig anwendete. Mittels so genannter »Düppelstreifen«, länglicher Stanniolschnipsel, gelang es, die deutsche Radarüberwachung komplett lahm zu legen. Tausende Tonnen von Brandbomben lösten nach der wochenlangen sommerlichen Trockenheit einen »Feuersturm« aus, der durch die Straßenzüge tobte und Hochofentemperaturen erzeugte, Glas und Asphalt einschmolz, Mauersteine glasierte, verformte und jedes Lebewesen zu Asche verbrannte oder erstickte. Die Brände entfachten einen Hitzewirbel, der Fensterscheiben aus den Rahmen saugte, Dächer abdeckte und Menschen, Wohnungen, Bäume und selbst Eisenbahnwaggons in den Mahlstrom des Feuers sog. Die grauenhafte Bilanz des verheerenden Angriffs: 42 000 Tote und Vermisste, 600 000 Obdachlose und 36 000 zerstörte Wohngebäude. Die vier alliierten Nachtangriffe auf Hamburg richteten mehr Verwüstungen an und forderten mehr Opfer, als England durch die Luftwaffe während des gesamten Zweiten Weltkriegs erlitt.
    Alle Hoffnungen richteten sich auf die »Vergeltungswaffen«, an denen im Raketenversuchszentrum Peenemünde fieberhaft gearbeitet wurde. Zielsicher flog die RAF in der Nacht vom 17. auf den 18. August 1943 ihren ersten nächtlichen Präzisionsangriff auf die Forschungsstation. Neben Hunderten sowjetischer Kriegsgefangener und polnischer Zwangsarbeiter kamen auch 178 deutsche Spezialisten um, darunter der Leiter der Raketenabwehrabteilung. Der Sachschaden blieb gering, die Arbeit konnte ohne nennenswerte Verzögerung weitergehen.

     
    »Verheerender Angriff«: Bis zur Unkenntlichkeit verbrannte Opfer des Feuersturms in Hamburg, Juli 1943
    Während ich Tag und Nacht grüble, was man gegen die zunehmenden Luftangriffe unternehmen könnte, wiegt sich der Reichsmarschall in

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