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Gößling, Andreas

Titel: Gößling, Andreas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenpforte Die
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in diesem Haus zu fürchten – außer den Teufeln, die in Seinen Büchern hausen?«
    »Teufel«, wiederholte Julian, »wer spricht von Teufeln?«
    »Na, der Vater«, flüsterte sie und trat vollends ein. »Erst gestern hörte ich, wie er mit dem Herrn Pfarrer munkelte: Ob bei den Treffen der Rosenspiegler alles mit rechten Dingen zugehe, wisse Gott der Herr allein. Und seit sein Famulus dem dunklen Bund angehöre, brüte er in jeder freien Stunde über Höllenbüchern, die ihm gewisslich von seinen Teufelsbrüdern zugesteckt worden seien.«
    Die Jungfer trat neben ihn und legte dem Famulus ihre lilienweiße Linke auf den Arm. »Lass Er ab von satanischen Werken, lieber Julian – bei Seiner Seligkeit!«
    Möglichst unauffällig schob der Famulus ein leeres Stück Papier auf seine aufgeschlagene Kladde. »Mit Verlaub Jungfer, davon versteht Sie nichts. Doch ich schwör Ihr – auch wenn Gott der Herr höchstselbst in der Loge zugegen wäre, Er würde nichts Unrechtes an unserem Treiben finden.«
    Die Jungfer wurde noch bleicher. »Aber Julian«, hauchte sie, »sieht und weiß Gottvater nicht ohnehin alles, was wir, Seine Kinder, trachten und treiben – auch das, was Er da unter dem Blatt verborgen hat?«
    Sie wollte den Papierfetzen wegziehen, doch Julian war schneller. Er schlug die Kladde zu und stopfte sie sich zur Sicherheit gleich unters Hemd. »Verzeiht, Jungfer, wir Logenbrüder haben durch heiligen Eid geschworen: Von unseren Werken darf niemand erfahren , der unserem Bund nicht angehört. Und schon gar keine Frauen«, fügte er hinzu und biss sich im nächsten Moment auf die Unterlippe.
    Das lilienweiße Antlitz der Jungfer begann sich mit roten Tupfern zu sprenkeln. »Dass Er so mit mir spricht – ich hätt’s mir nicht träumen lassen«, stieß sie hervor. »Wenn Er’s so weitertreibt, Julian, hat Er bald nicht nur mein Riemchen verloren – sondern mein Herz noch dazu!«
    Da fiel der Famulus vor ihr auf die Knie. »Aber, Hildegunde, ich schwör Ihr, dass ich …« Er brach unvermittelt ab und lauschte in sich hinein. »Bormi …«, begann er zu wispern. »Bormilatus … Bormilatus.«
    Die Jungfer sah mit verstörter Miene auf ihn herunter. Ihr Blick irrte ab, flatterte in der Kammer umher. Schließlich blieb er auf einem Klumpen haften, der wie eine fette Kröte oben auf der Truhe des Famulus klebte. »Was … was …«, stammelte sie. »Was hockt da auf Seinem Kasten, Julian? Seit wann bei allen Heiligen teilt Er Seine Kammer mit solch teuflischem Getier?«
    »Getier?«, echote Julian. Er folgte dem Blick der Jungfer und rappelte sich eilends auf. »Ach das … Es hat überhaupt nichts zu bedeuten, ich schwör’s Ihr.« Er stürzte förmlich zur Truhe, umfasste mit beiden Händen den Lehmklumpen und drückte ihn sich gegen die Brust.
    »Ich kenn Ihn nicht wieder«, sprach Jungfer Hildegunde und eine Träne glitzerte in ihrem Auge. »Wenn Er sich selbst sehen könnte, Julian!« Damit wandte sie sich um und rannte aus der Kammer.
    Der Famulus schaute an seiner Gestalt hinab. Die Kladde unterm Hemd in seinen Hosenbund geklemmt, den Batzen Hexenlehm beidhändig an sein Herz gepresst, bot er wahrhaftig einen absonderlichen Anblick. Aber darauf konnte er jetzt keine Rücksicht nehmen. So wenig wie auf sein Gewissen, das zur Unzeit wieder erwacht schien.
    In den letzten Tagen hatte ihn seine innere Stimme ja endlich mal in Ruhe gelassen. Nun aber zeterte sie wieder wie eine derbere Hildegunde auf ihn ein: Du wahnsinniger Famulus, schmeiß den Hexenlehm weg! Vergiss alles, was du am Drachenmaul gesehen hast! Geh nie wieder zu den Logenbrüdern!
    Jeder einzelne dieser Befehle war das genaue Gegenteil von dem, was Julian vorhatte. Da konnte sein Gewissen schreien, so viel es wollte: Er würde den Hexenlehm nicht wegschmeißen, sondern sorgsam aufbewahren. Auch würde er nicht vergessen, was er da draußen erlebt hatte, sondern es sich so getreulich wie irgend möglich ins Gedächtnis rufen und in seiner Kladde aufschreiben. Und wenn es ihm trotz allem nicht gelingen würde, aus eigener Kraft einen Golem zu erschaffen – dann, ja dann würde er dem Großmächtigen Meister einen unwiderstehlichen Vorschlag unterbreiten. Aber das wollte wohlüberlegt sein.
    Julian warf sich erneut auf die Knie, doch diesmal nicht, um die Jungfer anzuschmachten. Wenn ich erst Herr über einen Golem bin, dachte er, wird sich Hildegunde schon darauf besinnen, wie innig sie mich liebt. Er legte sich flach auf den Boden und schob

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