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Gößling, Andreas

Titel: Gößling, Andreas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenpforte Die
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den lebenskräftigen Lehm so tief wie möglich unter seine Truhe. Das war nicht gerade ein großartiges Versteck, aber allzu lan ge müsste der Batzen dort sowieso nicht bleiben.
    Entweder es glückt mir noch diese Nacht, dachte der Famulus, einen Golem zu erschaffen. Oder ich gehe morgen zu Meister Justus und bitte ihn demütigst, mit seinem Raben einen Pakt zu schließen.
    Damit kehrte er zu seinem Pult zurück und holte neuerlich seine Kladde hervor. Er blätterte darin herum, bis er die richtige Seite gefunden hatte, kniff abermals die Augen zusammen und rief sich ins Gedächtnis, was als Nächstes vor dem Drachenmaul geschehen war. Nach dem Ritter war der Goldschmied Bardo in den Lichtkreis getreten und hatte ausgerufen: ›Die Urflut tränkt dich, Golem – steh auf!‹ Danach war Benno dran gewesen und er hatte geschrien …
    Na, sag schon, feuerte sich Julian an. Also er hatte ge schrien … Ja, jetzt vernahm er auch die dünne Fistelstimme des Silberschmieds wieder so getreulich, als ob Benno neben ihm stünde und ihm die Formel ins Ohr kreischte: »Das magische Feuer durchloht dich, Golem – steh auf!«
    Julian tunkte die Feder ein und schrieb, dass die Tinte nur so spritzte. Nachdem er die vier Formeln notiert hatte, die er zur Beschwörung des Golems brauchte, nahm er das Werk von Elisha Asmol von seinem Bord und schlug nach, was der Erleuchtete über magische Dämpfe offenbarte.
    Das Sphärenfenster, durch das sich die Dämonen Astometh und Ohyrion aus ihrer Welt herüberlocken ließen, bestand normalerweise aus einem ganz besonderen Glas. Von der Kunst, solche magischen Gläser herzustellen, verstand der Famulus allerdings überhaupt nichts. Wie jedoch Dr. Dr. Asmol ausführte, konnte man sich notfalls auch mit gewissen Dämpfen behelfen. So entstand der Dampf, der Astometh herbeizwang, wenn man eine Mischung aus Sulfur, Alraun und etlichen weiteren Ingredienzien abbrannte. Dagegen konnte man Ohyrion herbeirufen, wenn man gehäckselten Fliegenpilz, wiederum Alraun und manch andere Zutaten mit drei Tropfen Jungfernblut vermengte und das Ganze in Brand setzte. In der Luft über diesen Flammen bildeten sich dann »ätherische Pforten«, durch die die beiden Geister in die Menschenwelt überwechseln konnten.
    Meister Justus selbst hatte ja auf diese Weise schon einmal den schwefelgelben und den feuerroten Dämon herbeigezwungen – Julian erinnerte sich noch genau, wie er durch die Ritzen in der Verliestür gespäht hatte und vor Aufregung beinahe in Ohnmacht gefallen war. Hätte der Großmächtige Meister damals schon den lebenskräftigen Lehm vom Hexenhügel zur Hand gehabt, so wäre ihm da bereits die Erweckung des Golems gelungen, da von war Julian überzeugt. Und weil er selbst nun über den bestmöglichen Lehm verfügte, musste er nur noch die Rezepturen aus dem Buch von Elisha Asmol in seine Kladde übertragen. Später in der Nacht, wenn alles tief und fest schlief, würde er hinab ins Labor des Apothekers schleichen und ans Werk gehen. Alraun, Sulfur und alle anderen benötigten Pulver und Wurzeln waren dort unten reichlich vorhanden.
    Bloß wegen der drei Tropfen Jungfernblut musste er sich noch etwas einfallen lassen. Oder, besser gesagt, seinen gesamten Mut zusammenraffen. Und Nadel nebst Fingerhut nicht vergessen, wenn er zur Mitternacht gespenstergleich in Hildegundes Kammer huschen würde.
    »Mabro …« Er schüttelte sich kurz und murmelte dann folgsam weiter, » … silat … Mabrosilat.«

59

    Still und verlassen lag Klothas Hof vor Marian in der Mittagssonne. Das Tor stand wie üblich weit offen, von den drei alten Frauen und von Billa war nichts zu sehen. Trotzdem hatte Marian das ungute Gefühl, dass er von allen Seiten beobachtet wurde.
    Sonderbar, dass sich sogar die rot-weiß getigerten Kat zenviecher heute gar nicht blicken ließen. Sonst hockten die doch überall auf den bröckligen Hofmauern oder auf dem Brunnensims herum. Stolzierten durch Gras und Gestrüpp oder machten sich einen Spaß daraus, fauchend aus irgendeinem Versteck hervorzuschnellen und ihn zu erschrecken.
    Heute aber war weit und breit kein Miauen, kein Fauchen, kein Kratzen von Katzentatzen zu hören. Nur das Zirpen von ein paar Grillen, die müde ihre Beine aneinander rieben. Und die grämlichen Rufe der Raben und Dohlen draußen über Hexenholz und Moor.
    Durch Gestrüpp und Gerumpel ging Marian als Erstes zum Stall. Spähte hinein, aber außer Justy, dem uralten Gaul, der dort im hintersten Winkel seinen

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