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Gößling, Andreas

Titel: Gößling, Andreas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenpforte Die
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bemerken. Mit dem Rücken zu ihnen hantierte er an der hinteren Stirnwand, wo ein gewaltiger Eisenofen stand. Hinter zwei runden Tü ren mit gläsernem Einsatz zeichneten sich geräumige Backröhren ab, gefüllt mit roter Glut. Auf gleichfalls glühenden Rosten lag in jeder Röhre ein längliches Etwas von der ungefähren Form eines Baumstamms oder Sargs .
    Marian musste schlucken. Er machte einen Schritt in den Raum hinein, dann einen zweiten nach links. Linda folgte ihm leise und drückte sich neben ihm an die Wand.
    Die Taschenlampe hatte sie ausgeschaltet oder die Batterie hatte den Geist aufgegeben.
    Auf dieser Seite des Kellerraums stand, einige Schritte zum Ofen hin, ein klobiger großer Tisch. Darauf lagen, im Halbdunkel nur undeutlich zu erkennen, zwei oder drei weitere solcher länglichen Gegenstände, wie der Al te sie in seinem Ofen briet oder verbrannte. Ein modriger Geruch ging von ihnen aus. Leichen, dachte Marian, ne beneinander aufgebahrt, bis sie an der Reihe sind. Aber das hier war doch kein Krematorium, oder? Außerdem erinnerte der Geruch eher an nassen Stein, an uralten Schlamm und Staub. Marian spürte einen starken Drang, sich umzudrehen und zusammen mit Linda auf und davon zu rennen. Aber seine Neugier war stärker – er musste einfach herausbekommen, was hier vor sich ging.
    Der alte Mann sank vor dem Ofen auf die Knie. Mit dem Gesicht ging er ganz nah an eines der Fenster heran. Dann legte er sogar die Hände links und rechts neben seine Augen, um besser zu sehen, wie die Leiche – oder was es sein mochte – von der Glut geröstet wurde. Diesen Moment nutzte Marian: Mit drei schnellen Schritten war er bei dem Tisch im Schatten. Er streckte seine Hand nach dem vordersten der länglichen Dinger aus – seine Finger fuhren über raues Holz. Es fühlte sich morsch an, wie Bretter, die jahrelang von der Sonne ausgetrocknet worden waren. Oder wie halbverkohlte Äste in einem längst erloschenen Lagerfeuer.
    Er tastete weiter an dem Ding entlang, vom Fuß aufwärts, höher und höher. Bis das zundertrockene Holz plötzlich aufhörte und seine Finger über etwas Weiches, Feuchtes glitschten. Es fühlte sich anders an als alles, was er jemals berührt hatte – kühl, nachgiebig, leblos. Er fuhr weiter mit der Hand über das weiche Ding, merkte dann erst, dass es die Form einer Schulter, eines Schädels hatte – der wulstige Mund, die vorspringende Nase, darüber Augen, die Wölbung der Stirn.
    Erst als Linda ihn völlig entgeistert ansah, wurde Marian klar, dass er aufgeschrien haben musste – vor Grauen, vor Ekel, er wusste es selbst nicht. Sie knipste die Taschenlampe an und richtete den Lichtstrahl auf den Tisch mit den aufgebahrten Holzdingern.
    »Oh mein Gott – Linda, sieh dir das an!«
    Es war wie in einer Horrorstory von H. P. Lovecraft, nur dass sie das hier wirklich erlebten: die drei uralten, zu Schlamm vermoderten Leichen, jede in einen ausgehöhlten Baumstamm eingesargt. Der alte Mann – wer sonst – hatte bei jedem Baumsarg ein Stück von der Oberseite säuberlich herausgesägt, sodass die Schlammleichen vom Brustkorb aufwärts freigelegt waren: der Rumpf mit den über der Brust zusammengefügten Armen, der Schädel, die starrenden Augen, der wie zu einer Frage halb geöffnete Mund. Es sah alles vollkommen echt aus. Die äußere Form der Körper war makellos, so als ob sie im nächsten Moment aus ihren Särgen aufstehen und umherwandeln könnten – nur dass sich ihr Fleisch, ihre Knochen vor langer Zeit in diesen zähen Schlamm verwandelt hatten. Sie mussten Jahrtausende alt sein, dachte Marian. Bloß die Baumsärge oder das Moor hatten verhindert, dass sie gänzlich zu Staub zerfallen waren.
    Ein metallisches Quietschen vom Ofen her ließ ihn zusammenfahren. Der alte Mann legte einen Eisenhebel um und öffnete die erste Ofentür, dann verfuhr er mit der zweiten genauso. Auf Marians Schrei hatte er überhaupt nicht reagiert, so als ob es das Normalste auf der Welt wäre, dass Besucher in diesem Keller die Nerven verloren. »Das Geheule«, sagte er und kam steifbeinig auf Marian zu. »Willst du noch mal hören, wie diese Brüder schreien?«
    Marian nickte – dabei hätte er so ziemlich alles lieber gehört als noch einmal dieses Armeseelengekreisch. Der Alte ging an ihm vorbei und machte sich an einem Wandregal zu schaffen. Linda richtete die Taschenlampe darauf Zu Marians Erstaunen stand dort ein altmodisches Tonbandgerät.
    »Ich muss übrigens um Nachsicht bitten, dass ich

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