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Gößling, Andreas

Titel: Gößling, Andreas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenpforte Die
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geküsst, aber so wie mit Billa war es noch nie gewesen.
    Mit Billa und der rot-weiß getigerten Katze – plötzlich hockte sie auf dem Brunnensims und fauchte ihn an. Er erschreckte sich furchtbar.
    »Böse Lissi«, sagte Billa leise. »Sie ist furchtbar eifersüchtig, weißt du.« Sie kraulte die Katze und die legte sich gleich auf den Rücken und fing an zu schnurren. Aber dabei schaute sie Marian mindestens so finster an, wie ihn vorhin die uralte Klotha niedergestarrt hatte.
    »Komm jetzt, Liebster«, flüsterte Billa. »In meinem Zimmer stört uns keiner.«

32

    »Hast du Geschwister?«, fragte sie. Marian schüttelte stumm den Kopf. »Schade«, sagte Billa, »dann kannst du gar nicht richtig verstehen, wie das ist.« Im Liegen wandte sie ihren Kopf nach links und lächelte ihn an. »Oder doch, klar verstehst du das.« Sie drehte sich auf die Seite und legte ihren Arm über seinen Bauch. »Zwillinge, das ist viel enger als bei normalen Geschwistern.«
    Glücklicherweise befand sich Billas Zimmer nicht in dem total heruntergekommenen Bauernhaus, sondern in einem halbwegs ansehnlichen Gebäude daneben. Das hatte Marian bei ihrer Ankunft im Dunkeln gar nicht bemerkt – umso erleichterter war er, als Billa mit ihm hierher ging. Es war zwar nur ein simples kleines Holzhaus, dessen Wände und Böden bei jeder Bewegung und jedem Windstoß knarrten. Aber dafür war hier alles ziemlich neu, hell, sauber. Früher war dieses Häuschen das halbe Jahr über an Touristen vermietet, erzählte Billa. Aber seit der Sache mit Jakob wollten die drei Frauen hier keine Fremden mehr sehen – eigentlich nur noch Billa für ein paar Sommerwochen, und auch das nur, wenn sie drum bettelte und sich von ihnen schikanieren ließ.
    Billa redete so leise, dass Marian sich anstrengen musste, um alles mitzubekommen. Aber nicht nur deshalb fiel es ihm nicht ganz leicht, ihren Worten zu folgen. Es kam ja nicht alle Tage vor, dass ein Mädchen, in das er sich gerade total verknallt hatte, in seinen Armen lag. Billa trug ein knielanges Männer-T-Shirt, das sie als Nachthemd benutz te, und er hatte noch sein T-Shirt vom Tag und seine Boxershorts an. Ihr Arm lag quer über ihm und ihr Atem kitzelte ihn an der Schulter. Oh Mann, dachte er. Eigentlich war es das erste Mal, dass er so et was hier erlebte. In ihrem Zimmer, auf ihrem Bett, und die Tür von innen verriegelt.
    »Jakob und ich«, sagte Billa flüsterleise, »wir waren immer wie ein einziger Mensch, nur mit zwei Gehirnen, zwei Körpern. Alles haben wir zusammen gemacht, vom Kindergarten an. Wir hatten ein Zimmer zusammen, immer schon. Teddys, Spielzeug – alles hat uns immer gemeinsam gehört. Und hierher, nach Croplin, auf Klothas Hof, sind wir natürlich auch immer zusammen gefahren. Mit unseren Eltern, oft die ganzen Sommerferien über. Und dann, stell dir vor, war er plötzlich weg.« Sie hob ihren Arm und machte eine Hackbewegung mit der Handkante. »Zack. Die Hälfte von dir plötzlich weg. Kannst du dir das vorstellen, Marian?«
    Als Antwort gab er nur ein vages Brummen von sich. Eigentlich konnte er es sich nicht so richtig vorstellen. Er war schließlich ein Einzelkind, und wenn er sein Zimmer und seine Sachen mit einem Geschwister hätte teilen sollen – na, vielen Dank. Und dann auch noch mit einer Schwester?
    »Ich weiß es noch ganz genau«, flüsterte sie weiter an seiner Schulter. »Es war so ein heißer Sommertag wie heute und wir sitzen zu viert draußen auf der Veranda und haben gerade gefrühstückt. Jakob fragt mich, ob ich mit ihm nach Croplin laufen will, ein Eis essen, aber ich will nicht. Fühle mich irgendwie schlapp, nichts Besonderes – außer dass wir eben sonst immer alles zusammen gemacht haben.« Sie richtete sich seitlich auf und schaute auf ihn herunter, ihren Kopf in die rechte Hand gestützt. »Und dann geht er los, auf demselben Weg, den du heute gegangen bist – das ist ja der einzige Weg von hier nach Croplin rein. Aber da ist er niemals angekommen, Marian.«
    Die Stimme versagte ihr. Tränen quollen aus ihren Augen und tropften auf ihn runter. Sie ließ ihren Kopf auf ihn fallen und vergrub ihr nasses Gesicht in seiner Halsbeuge.
    Er streichelte ihr über den Rücken. »Und du glaubst, dass Jakob damals irgendwie in den Wald geraten ist?«, murmelte er. »Aber da ist doch ein Zaun drum herum, damit so was nicht passiert, oder?«
    Das hatte zumindest der Wirt des »Moorgrafen« erzählt. Gestern Abend, als Marian selbst diesen Weg genommen hatte,

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