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Gößling, Andreas

Titel: Gößling, Andreas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenpforte Die
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unbehaglich, total fehl am Platz. Vor allem verstand er überhaupt nicht, was da zwischen Billa und diesen abgedrehten Waldfrauen abging.
    Birta gab ein Zischen von sich, das empört und boshaft klang. Sie stemmte ihre Hände auf die Hüften und funkelte Billa an. »Wenn du Jakob wirklich liebhättest, würdest du dich nicht da draußen rumtreiben«, stieß sie hervor.
    »Birta, bitte«, flüsterte Billa. Sie schüttelte den Kopf und wandte sich kurz zu Marian um. In ihren Augen schimmerten wieder Tränen.
    Die Uralte, die sie eben mit geballter Faust und gemurmelten Flüchen empfangen hatte, sagte überhaupt nichts. Sie war in einen der zerschlissenen Sessel gesackt, die gegenüber dem gigantischen Ofen am Fenster standen. Ihren Stock hatte sie quer über die Sessellehnen gelegt und hielt sich mit beiden Händen daran fest wie am Kabinenbügel in der Geisterbahn. Ihre winzig kleinen Augen waren auf Marian gerichtet. Diese Augen waren gelb, wo sie weiß sein sollten, und mit einem Netz roter Adern durchzogen. Unablässig starrte sie Marian an, ohne auch nur ein einziges Mal zu blinzeln.
    »Ich bring dich ins Bett, Klotha, ja?« Billa ging die paar Schritte zu der Uralten und beugte sich über sie. Ei ne schneeweiße Haarsträhne hing ihr aus dem Kopftuch in die Stirn, aber auch ihr Gesicht war so mehlweiß, dass die Haare sich kaum davon abhoben. Ihr eingefalle ner Mund mümmelte unablässig. Ab und zu fiel ihr kurz der Unterkiefer runter, und dann konnte man sehen, dass sie keinen einzigen Zahn mehr im Mund hatte.
    Sie musste hundert sein, mindestens, dachte Marian.
    »Möchtest du, dass ich dich ins Bett bringe, Klotha?« Billa sprach jetzt mit erhobener Stimme, aber die Uralte schenkte ihr trotzdem keine Beachtung. Immer noch starrte sie Marian an, und nun stemmte sie ihren Stock auf den Boden und begann, sich aus dem Sessel hervorzuarbeiten. Billa fasste sie beim Arm, um ihr zu helfen, aber die alte Klotha schüttelte sie mit einer wütenden Bewegung ab.
    »Jetzt weiß ich, wer du bist, Bursche!«, schrie sie. Es klang ungefähr so, wie wenn ein rostiger Eiseneimer eine Steintreppe runterscheppert. Schwankend richtete sie sich auf und kam mit rasenden Trippelschritten auf Marian zu.
    »Nicht wahr, Klotha, er erinnert dich an Jakob?«, rief Billa. Aber sie hätte genauso gut Purzelbäume vor ihr schlagen können – die Uralte behandelte sie, als wäre Billa Luft oder sogar etwas Ärgeres, ein lästiges Insekt.
    Weshalb um Himmels willen tat sich Billa das alles hier an? Darauf gab es eigentlich nur eine Antwort, dachte Marian. Aber es war nicht gerade der günstigste Moment, um darüber nachzudenken. Klotha nämlich hatte sich mittlerweile vor ihm aufgebaut, so nah, dass er ihren nicht gerade taufrischen Atem roch.
    »Dass du es wagst, in mein Haus zu kommen, Marthelm«, stieß sie mit scheppernder Stimme hervor, »nach allem, was ihr uns angetan habt!« Sie hob ihren Stock, als wollte sie Marian damit ins Gesicht schlagen.
    Aber Billa ging rasch dazwischen. »Beruhige dich, Klotha«, sagte sie in einem traurigen und liebevollen Tonfall. »Marthelm ist ja tot. Sieh ihn dir an – findest du nicht, dass er wie Jakob aussieht?« Sie hatte ihren Arm um die Schultern der Uralten gelegt. So standen sie vor Marian und schauten ihn beide aufmerksam an.
    »Nicht Jakob«, knurrte Klotha schließlich. »Natürlich nicht!« Sie riss sich von ihr los und hob wieder drohend den Stock, diesmal gegen Billa. »Hast du vergessen, wo Jakob ist, du strohdummes Mädchen?« Noch einmal schoss sie unter ihrem Kopftuch einen giftgelben Blick auf Marian ab. »Es ist Marthelm. Und jetzt bring mich endlich ins Bett.«
    Billa machte Marian ein Zeichen, dass sie gleich wieder bei ihm wäre. Dann führte sie Klotha durch eine Tür in der Hinterwand dieser unglaublichen Hexenküche nach draußen.
    Die beiden anderen Waldfrauen, Birta und Sina, starrten ihn düster und wortlos an. Nach einer Weile steckten sie die Köpfe zusammen und tuschelten. Als sie ihn aufs Neue anstarrten, hatten sie beide so ein Grinsen im Gesicht, das ihm noch weniger gefiel als vorher ihre finsteren Mienen.
    »Ich schau mich draußen noch ein bisschen um«, sagte er zu niemand Bestimmtem und war schon aus der Tür.
    »Pass auf, dass dich die Moorlissa nicht kriegt!«, kreischte es hinter ihm her, und beide Weiber brachen in keckerndes Gelächter aus. Durch die zufallende Tür konnte Marian eben noch die Pantomime sehen, die Sina ihrer Mutter vorspielte: Mit beiden

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