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Gößling, Andreas

Titel: Gößling, Andreas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenpforte Die
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natürlich auch, dass sie es nicht so meinen. Aber …« Sie unterbrach sich und sah ihn beschwörend an. »Versprich mir, dass du ganz ruhig bleibst und ihnen nicht widersprichst. Egal, was sie zu dir oder mir sagen.«
    Oh Gott, was hatte das wieder zu bedeuten? Auch oh ne Moorloch bekam er mehr und mehr das Gefühl, dass er den Boden unter den Füßen verlor. Da fuhr er in einer Kutsche – einer Kalesche, na gut – aus Julians Zeiten durch Moor und Forst, und Billa bereitete ihn darauf vor, dass sie allem Anschein nach die Nacht unter dem Dach von drei verrückten Frauen verbringen würden.
    »Aber direkt gefährlich sind sie nicht, oder?« Er hoffte, dass er halbwegs gechillt klang. »Ich meine, sie zünden einem nicht das Bett an, während man schläft, oder so was?«
    »Ach Quatsch, Marian, sie sind völlig harmlos.« Das sagte Billa aber in einem seltsam leiernden Tonfall, ohne ihn anzusehen. Es klang wie eine eingelernte Lüge, und schlimmer noch: so, als sollte er merken, dass sie log. Als ob sie ihm eine geheime Botschaft zusenden wollte – dabei konnte ihnen hier ja niemand zuhören, oder etwa doch?
    Vor ihnen tauchten die Umrisse des Gehöfts aus der Dunkelheit auf. Billa lenkte den Gaul durchs Hoftor, das weit offen stand. Selbst im dürftigen Licht der Laterne war nicht zu übersehen, wie verwahrlost hier alles war. Der Hof ein Chaos aus Sperrmüll und wucherndem Unkraut. Das Haus winzig, windschief, mit schwarzen Schindeln verkleidet, von denen mindestens jede zweite runtergefallen war. Alles hier sah uralt aus – der Ziehbrunnen mitten im Hof, der halb zusammengekrachte Schuppen an der rechten Seite, die rostigen Ackergeräte davor.
    Vielleicht sollten sie doch lieber zu ihm ins Hotel gehen? Aber dafür war es jetzt zu spät – eben ging knarrend die Tür des Hexenhäuschens auf und eine uralte Frau erschien auf der Schwelle. Sie hatte ein Kopftuch auf und stützte sich mit der Linken auf einen Stock. Mit der anderen Hand winkte sie ihnen zu – oder nein, als Marian genauer hinschaute, wurde ihm klar, dass sie ihre Hand zur Faust geballt hatte. Ihr zahnloser Mund ging schnappend auf und zu, wie bei einem Fisch. Offenbar stieß die Alte Verwünschungen gegen sie aus.
    Billa schaute Marian an und zuckte mit den Schultern. »Wie gesagt, sie meinen es nicht so.« Sie lenkte den Rappen Tyram zu dem halb zusammengekrachten Schuppen. »Denk immer dran, was ich eben gesagt hab, dann geht schon alles klar.«

31

    Mariam trat hinter Billa in eine Art Museumsküche. Al les hier sah uralt aus, tausendmal zusammengekracht und notdürftig wieder repariert: der dreibeinige Tisch mit einem steinalten Weinfass als viertem Bein. Die beiden Sessel mit zerschlissenen Polstern, aus denen die Füllung hervorquoll. Ein Herd wie aus dem Märchen: riesig, rostig, rußschwarz. An den Wänden eiserne Schöpflöffel, verbeulte Töpfe. Und dann vor allem diese drei Waldfrauen selbst.
    »Wo hast du dich nur wieder rumgetrieben?«, schrie eine von ihnen. Mit ihrer staubgrauen Kittelschürze und dem farblosen Haarmob auf dem Kopf sah sie wie ein altes Mütterchen aus. Dabei musste sie sogar noch die Jüngste in diesem irren Trio sein.
    »Ich war nur kurz draußen, Sina«, sagte Billa. Sie sprach seltsam leise, mit hängendem Kopf, hängenden Schultern. »Schaut doch, wen ich mitgebracht habe.«
    Aber die Frauen schenkten ihrem Gast keine Beach tung. Sina lachte nur kurz auf, so als ob sie Billa bei ei nem durchsichtigen Ablenkungsmanöver ertappt hätte.
    »Wie lange sollen wir denn noch auf unser Essen warten!«, kreischte die nächste Frau. Sie war mindestens achtzig und hatte genau so einen staubgrauen Kittel an wie Sina, die vermutlich ihre Tochter war. Aber die Mut ter gefiel Marian noch viel weniger. Ihr Schädel war fast kahl, das Gesicht gelbgrau wie bei einer Leiche. Aus irgendeinem Grund hatte sie ihre Lippen klatschmohnrot geschminkt, und dahinter lagen die drei Zähne, die ihr verblieben waren, auf der Lauer – zwei gelb, einer schwarz.
    »Aber ihr habt doch schon vor einer Stunde gegessen«, antwortete ihr Billa. Wieder sprach sie in diesem unterwürfigen Tonfall, den Kopf demütig gesenkt. »Schon vergessen, Birta? Ich hab euch doch Fisch aus der Stadt mitgebracht und für euch gekocht – wie jeden Tag«, fügte sie noch leiser hinzu.
    Marian war nahe bei der Tür stehen geblieben. Barfuß, die Hosenbeine hochgekrempelt, seine Schuhe in der Hand – einer schwarz-weiß, einer moorbraun. Er fühlte sich

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