Goethe war’s nicht
gespitzten Ohren. Sie wollten endlich hören, wie des Sachsenhäuser Detektivs Vermutung zustande gekommen war, Kuno Fornets eigene Familie stecke hinter der Entführung.
„Wenn ein Dixi-Klo vor einem Haus steht, das gerade renoviert wird, heißt das oft nichts anderes, als dass die Toilette momentan unbenutzbar ist. So wie im Hause der Fornets, nur mit dem einzigen Unterschied, dass es dort alternativ ein Gästeklo gibt. Richtig?“
Allgemeines Kopfnicken.
Berührten sich da nicht die Knie von Sylvia und Mischa, die auf dem Sofa nebeneinander saßen?, registrierte Herr Schweitzer, bevor er fortfuhr. Aha, man ist also in der Sache vorangekommen.
„Paolo hat seine Familie vor vier Jahren verlassen und ist ab nach Brasilien, sobald er volljährig geworden war, und kam seitdem nicht ein einziges Mal auf Besuch nach Frankfurt. Und Kuno Fornet hat uns, Mischa und mir, erzählt, dass sie die Immobilie vor drei Jahren gekauft haben. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass Paolo sich im Haus gar nicht auskennen konnte.“
Theatralische Pause, in der Herr Schweitzer sein Weinglas an die Lippen führte.
„Tja, und dann sollten wir uns noch ins Gedächtnis rufen, dass die Gästetoilette nicht so leicht zu finden ist. Ich jedenfalls habe trotz erklärender Wegbeschreibung im Keller zwei Mal die falsche Tür erwischt. Und nun kommen wir zu dem Zeitpunkt, als Paolo angeblich, ich wiederhole: angeblich, vom Flughafen kommend das erste Mal überhaupt das Haus seiner Mutter und seines Vaters Kuno Fornet betrat. Wir saßen alle in der Küche. Ihr erinnert euch?“
„Puh. Nicht so richtig, wenn ich ehrlich bin“, gestand der Oberkommissar.
Glaub ich dir aufs Wort, dachte Herr Schweitzer belustigt, hast wohl nur Augen für Sylvia gehabt.
Dieter Wagner indes grinste bereits. Der Zeigefinger seiner rechten Hand schnellte vor und zurück, als wolle er signalisieren: Ja genau, so war es.
„Und nun zitiere ich die Worte von Paolo Fornet kurz nach seinem Erscheinen:
‚Warte, ich muss mal dringend. Der Kaffee, im Flugzeug.‘
. Und danach ist er schnurstracks in den Keller, als kenne er sich im Haus bestens aus.“
„Was er auch tat“, ergänzte der BKA-Leiter, der sich inzwischen, die Hände hinter dem Kopf verschränkt, tief ins Sofa gefläzt hatte.
„Genau. Paolo muss also vorher schon mal im Haus gewesen sein. Und zwar, nachdem man mit der Renovierung des Badezimmers begonnen hatte. Wenn ich Kuno Fornet richtig verstanden habe, sind die Handwerker wohl schon eine Weile zugange. Ich wette um einen Bembel Ebbelwei, dass Paolo schon viel früher in Frankfurt gelandet ist. Ich schätze mal, spätestens als die Familie Stranz auf dem Weg nach Skandinavien war. Wahrscheinlich aber früher, vielleicht hat Paolo so lange in einem Hotel gewohnt. Das wird noch zu überprüfen sein. Und sein Bruder Gilberto hatte ja die Schlüssel zu dem Haus, schließlich haben sie dort auch noch einen kleinen Übungsraum, wo wir dann auch Kuno Fornet aufgespürt haben.“
„Das erklärt auch, warum die Entführer immer so gut über die Geschehnisse im Haus der Familie Fornet Bescheid wussten“, hatte nun auch Schmidt-Schmitt den Faden wiedergefunden. „Und wir Idioten überprüfen die komplette Nachbarschaft.“
„Von wegen runter zum Inder essen gehen, wie die beiden Söhne gestern Abend behaupteten“, steuerte Dieter Wagner bei. „Und ich habe es denen auch noch geglaubt. Pustekuchen! Nach Hofheim sind die, um alles zu arrangieren. Das Plakat kann ja wohl nur gestern nach der offiziellen Öffnungszeit angebracht worden sein, andernfalls wäre der Unfug mit Sicherheit von einem der Bibliotheksangestellten entfernt worden.“
Maria: „Tja, jetzt, da man weiß, wer die Täter waren, erschließen sich zwangsläufig einige Erklärungen. Das ist wohl immer so. Ich frage mich nur, welche Rolle Fabiana dabei gespielt hat. Ob sie wohl die Idee dazu hatte?“
Schmidt-Schmitt: „Sylvia, was sagst du dazu? Du bist doch hier die Psychologin.“
Galant strich sie sich eine Locke aus der Stirn. „Gute Frage. Die stelle ich mir selbst schon die ganze Zeit. Seltsam, wenn nicht sogar außergewöhnlich, ist nur, dass Fabiana gestern noch für ihren Mann Hemden gebügelt und Brote geschmiert hat. Obwohl sie wusste, dass, wenn alles nach Plan läuft, sie ihn nie wieder zu Gesicht bekommt. Das deutet höchstwahrscheinlich auf eine irrationale Abhängigkeit von Herrn Fornet hin. Ein solches Verhalten ist bei Frauen nichts Ungewöhnliches. Ganz selten
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