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Goethe

Goethe

Titel: Goethe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert von Trentini
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Denn sonst wärest du niemals daher gekommen, ausgerechnet zu mir, der Begierde der Kaiser! Der Corsische wird ein Erdfresser, Thronfresser, Menschenfresser, Blutfresser sein, wie noch kein Assyrer, Babyloner, Phöniker, Meder, Perser, Grieche, Römer, Gote, Vandale, Barbare, Germane, Seldschuk und kein Hunne gewesen! Du hingegen: der Kaiser der singenden Herzen, aufgeweckten Gehirne, sehnsüchtigen Adern und dürstenden Seelen; vom Osten zum Westen, vom Norden zum Süden. In einem Reich ohne Grenzen, der Taten ohne Rast, Herr der Dörfer, Städte, Meere und Länder: er; – du in einem Nest, wo die Füchse sich gute Nacht sagen und im Schlammteich des erzwungenen Nichtmordens, Nichtunterjochens, Nichtwürgens die sogenannte Seele sich aufmästet zum Wasserkopf. Umso größer der Dunst deines Ruhms. Aber . . .« Und mit zu Fäusten geballten Händen, einer Stimme, die Gräber aufriß und Lebendige totwarf, drang sie ein auf ihn. »Du wirst der Erste sein, der, wenn dieser Eine euch wird zertreten haben wie eine rote Brut Wanzen, vor ihm kriechen wird, katzbuckeln, scharwenzeln! – Dann erinnere dich meiner! Und der Pyramide des Cestius!«
    »Pyramide des Cestius?« stammelte er röchelnd.
    »Bist du jemals geprügelt worden, daß dir die Fetzen von der Haut fielen?«
    »Nein.«
    »Geschändet worden jemals, daß das Blut sich dir umdrehte und der Atem zur Lästerung losbrüllte auf die verfluchte Götterhand, die dich zum Menschen gemacht hat?«
    »Nein.«
    »Je betrogen worden, wenn dein blödes Gemütchen gerade zu glauben begonnen hatte?«
    »N – ein.«
    »Und gesteinigt worden auch nie?«
    »Nein.«
    »Und gekreuzigt erst recht nicht?«
    »Nein.«
    »Also« – spitz wie eine Dolchklinge bohrte sich ihr Blick ihm entgegen – »niemals noch hingegeben hast du dich?«
    »N – nein.«
    »Und noch nie auf dein eigenes – Wohlsein vergessen?«
    »N – nein.«
    »Niemals, merk auf!« schrie sie brennend wie Dornbusch, »etwas lieber gehabt als dich selbst? «
    »N – n – nein.«
    »Keine Sorge? Nur Begierde?«
    »J – a!«
    »Die Welt ist ja schön! Was? In Ordnung?«
    Er antwortete nicht mehr.
    »Es geht alles wie am Schnürchen? Vom ersten Tag an bis heute? Und wird von heut an in noch sinnreicherer Folge gehen, als bis heute?«
    Er nickte nicht einmal mehr.
    »Wie ein wohlgeordnetes Haus steht dir die große Kugel? Was? Das du dir selber aufgebaut hast? Alles steht dort, wo du es hinstelltest. Und steht es noch nicht dort, oder stellte es sich fort, dann stellst du es eben hin oder wieder zurück. Keine andere Sorge als: daß alles dort bleibe: Luft, Wasser, Feuer, Erde, und Du, – wo du es haben willst? Dummkopf! « Wie einen Felsblock schleuderte sie ihm den Fluch an die Stirn, und als ob ein Felsblock ihn getroffen hätte, wankte sein Schädel zurück an den Stein. Allen Schleim der getanen Tat in den Winkeln des Mundes, stand das Weib auf. Schüttelte die Erbsen vom Hemde, nahm den ersten Korb auf, dann den zweiten, baute sie kunstgerecht zwischen Brust und linkem Arm übereinander und trat in die Stufe hinab. »Ich hatte mir auch einmal mein Haus gebaut,« keuchte sie höllisch; »vor dreitausend Jahren. Als ich noch dumm war wie eine Ziege. Nachher – sind die Verbrechen der Welt an mir getan worden. Alle! Ohne Ausnahme! Aber nicht deshalb stürzte der Bau zusammen! Das geschah erst, als ich anfing, auszuschlagen. Mich zu stemmen gegen die Einbrecher, Brandleger, Mauerstürmer, Maulwürfe, Dacheinreißer und Mörder. Bestie ward gegen Bestien. Leugnerin gegen die Leugner!« Daß der Riß zischte, riß sie das Hemde auf der Brust auf, die nackte Brust sprang aus dem Klaffen. »So wie sie mir alles zerstampft hatten, zerstampfte ich ihnen nun alles. Alle Gemeinheiten des Lebens, zuerst von ihnen an mir getan, nun noch einmal von mir getan ihnen. Für meinen eigenen Haß? Zur Vergeltung? Aus Rache? Hahahaha!« Wehend im Wind stand sie, halb Sonne, halb Schatten, zwischen den Säulen. »Für meine Schweine! Kaiser und Könige? Für die Schweine! Der Mann, dem man gehört, die Kinder, die man gebiert! Für die Schweine! Daß man sich nachts schlafen legen und tagsüber roboten, essen, trinken, lieben, für morgen sorgen muß? Für die Schweine! Gerade und Krumm, Hell und Dunkel, Gestern und Morgen, Gut und Böse, Leben und Tod, – für die Schweine! Alles für die Schweine! Nur für die Schweine! – Säugling der Ordnung, wach auf,« schrie sie ihn an, daß ihm die Glieder klirrten, »und brenne

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