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Goethe

Goethe

Titel: Goethe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert von Trentini
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scampi!« – als diese Garküche sehr gut ging, im Nebenhaus ein paar Zimmerchen zur Garküche dazugemietet und an Fremde vermietet. Denn die Tante Rosalia, weil sie eine außerordentlich standesgemäße Frau war, – zum Beispiel: die erste Köchin im Palazzo ducale, die Teresina . . .
    » Eccocci! « lachte Goethe, himmlisch vergnügt: das Moskitonetz war auf den Boden geglitten.
    » Massignore! « Feuerrot nahm es Piero aus den Händen des Herrn zurück. Aber dem Schrecken folgte die Rede gleich neu. Die Tante Rosalia hatte hervorragende Gäste. Den Herrn Candido Smelzio aus Bologna, zum Beispiel. »Sie kennen ihn vielleicht?« Oder den Herrn Antonio Franchini aus Brescia. »Sie kennen ihn vielleicht?« Oder den Herrn Marco da Paglia aus Rimini. »Diesen werden Sie doch gewiß kennen?«
    »Piero«, sagte Goethe und führte die letzte Feige – es war die zweiunddreißigste – zum Munde, »Piero, ich werde dich mit nach Deutschland nehmen! Was meinst du?«
    Im Nu stutzte der Alte. Aus gekniffenen Augen, vorsichtig sah er den Herrn an. Drei Schritte vor dessen Leibe. Den Henkelkorb in den nußbraunen Händen. Als ob er sich wieder einmal auf Herz und Nieren fragen wollte: Ja, wer ist denn dieser Herr Filippo Möller eigentlich? Dies dunkle Gesicht mit der strengen Nase, dem schmalen Willensmund und dem starkgeprägten Kinn, – nicht zu vergessen die Augen! – war es das Gesicht eines kärntnerischen Holzhändlers, eines tirolischen Weinreisenden, oder eines Leipziger Papiermachers? Nein! Aber: Möller, – und Kaufmann!? Die Kleider allerdings, die Herr Möller trug: sie waren nicht prima. Per esempio jene leinenen Unterstrümpfe, die er anzog, sobald es kühl war! Sah man aber Herrn Möller dasitzen, ein Bein übers andere geschlagen, das Gesicht leicht in die flache Hand gestützt, den Blick mit einem Schimmer weltglatter Sicherheit auf den Dritten gerichtet, etwa auf den alten Franzosen, der hie und da kam . . . . . . . »Jesus, Maria!« Gott sei dank, daß ihm das eingefallen war! »Vor einer halben Stunde ist der Herr Villet dagewesen. Er erwartet Sie pünktlich um sechs beim Café Marocchino!«
    Wehmütig lächelte Goethe. Der gute, alte Franzose! Pritschelnd wusch er sich im Alkoven die Hände. Aber: was sei es nun mit Deutschland, Pierino? »Hm? Was meinst du?«
    Von Venedig nach Deutschland, erwiderte Piero schnell, seien es, so viel er wisse, mehr als » do passi? «
    »Aber die Wölfe fressen einen dort auch nicht mehr.«
    »Wölfe!« Piero mußte den Korb niederstellen, so lachte er. Aber was man dort, sagen wir, zu essen kriege?
    »Auch nicht Wölfe.«
    Den Bauch hielt sich Piero vor Vergnügen. So eine burlesca! Daran zweifle er nicht. Aber wie man, per carità, zum Beispiel dort wohne? Ein Mensch, der sozusagen mit Schwimmhäuten geboren ist?
    »Ich sage dir, Piero, daß du in Deutschland mit vier Schwimmhäuten nicht auskömmst. Mit sechs nicht!«
    »Im – Herbst, natürlich!«
    »Ja, denn im Winter schneit es. Aber auch der Schnee wird zu Wasser.«
    »Gut!« Das finde er, für Deutschland, begreiflich. »Aber im Frühling?«
    Das Handtuch in den Händen, trat Goethe aus dem Vorhang. »Im Frühling wird es wiederum warm, da kommt der Schnee also als Regen herab.«
    »Aber um Gotteswillen! Die Deutschen werden doch auch ihren Sommer haben?«
    »Selbstverständlich! Aber da beginnt es schon wieder Herbst zu werden, und infolgedessen fängt der Regen von vorne an!«
    »Also . . . .« Piero ließ sich an die Tür zurückfallen. Die Augen blickten wie die armen, erstaunten, mahnenden, fragenden des Tintenfisches auf der glitschigen Bank der Pescheria. »Also – immer Regen?«
    »Immer!«
    »Und Kot?«
    »Immer!«
    »Und Nebel?«
    »Immer!«
    »Und Kälte?«
    »Immer!«
    Wie ein Stein, an der Tür, lange schwieg Piero; wie der Tintenfisch auf der glitschigen Bank der Pescheria. Dann, plötzlich einen Schritt vorgetreten, sagte er sehr leise, sehr verlegen, sehr ungerne: » Perdonate, Signore! Non accompagnerei con più amore nissun forestiere che Voi! Ma in un paese sì barbaro . . . . . ? «
    »Mein lieber Piero!« Brüderlich, innig schnell legte ihm Goethe die Hand auf die Schulter. »Ich nähme dich gar nicht mit. Denn du würdest in drei Tagen oben zugrundegehen, – so sicher, wie mich die Motten gefressen hätten, wenn ich nicht endlich herabgeflohen wäre! Kauf mir etwas Papier! Du siehst, ich bin mit dem letzten zu Ende. Schön weißes, gut glattes!«
    Ja, wer ihm vor

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