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Goethesturm: Hendrik Wilmuts dritter Fall (German Edition)

Goethesturm: Hendrik Wilmuts dritter Fall (German Edition)

Titel: Goethesturm: Hendrik Wilmuts dritter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Köstering
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tauschte ein paar kurze Worte
mit ihnen aus.
    2005
hatte ich im Rahmen einer Bürgerfahrt zum ersten Mal Trier besucht und war
begeistert von der interessanten Stadt mit der Porta Nigra und den römischen
Thermen. Siggi war auch dabei gewesen und gleich am ersten Abend hatte er mich
auf ein Weinfest geschleppt, auf dem wir dann die Einwohner Triers
kennengelernt hatten. Und deren Herzlichkeit und Trinkfreude.
    Wir
saßen in der fünften Reihe, genau in der Mitte, hervorragende Plätze. Ich sah
mich um. Es dauerte nicht lange, bis ich ihn entdeckt hatte. Er saß in der
ersten Reihe – natürlich. Die Gelegenheit würde kommen, mit ihm zu sprechen.
Dabei fiel mir ein, dass ich Benno noch nicht gesehen hatte. Na gut, zu jedem
offiziellen Kulturereignis musste er wahrscheinlich nicht gehen.
    Ohne
Vorbereitung ein Konzert zu besuchen, ist eigentlich nicht meine Sache, aber
diesmal blieb wirklich keine Zeit. Frau Knüpfer erklärte mir immerhin, dass
Bruckners 9. Sinfonie gegeben wurde. Mit einem großen Bläsersatz, wie sie
berichtete. Drei Flöten, Oboen, Klarinetten, Fagotte – hoffentlich war Göschke
nicht dabei –, acht Hörner, drei Trompeten, zwei Posaunen und eine
Kontrabasstuba. Ich musste sie wohl recht erstaunt angesehen haben, denn sie
meinte, so wie ich mir Goethedaten merken könne, seien es bei ihr eben die
Brucknerdetails. Drei Flöten. Da musste auch sie dabei sein: Ewa Janowska.
Vielleicht konnte ich heute Abend zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.
    Die
Flötistinnen saßen direkt hinter der zweiten Violine auf der Empore, für mich
also gut zu sehen. Welche der drei war Ewa Janowska? Diese Frage beschäftigte
mich so sehr, dass ich von Bruckners Musik fast nichts mitbekam. Schade
eigentlich. Von mir aus links saß eine brünette Flötistin, soweit im Sitzen
erkennbar eher klein und leicht untersetzt. Sie bewegte sich beim Spiel
ständig, den Kopf, die Arme, den gesamten Oberkörper, nach vorn bei den
Solopassagen, nach hinten bei den Tutti. In der Mitte ihre schlanke,
strohblonde Kollegin, die ich beim ersten Blick mit einer Russin assoziierte.
Sie trug, wie fast alle, eine langes schwarzes Kleid, darüber jedoch eine
relativ auffällige weiße Stola und ein großes Collier, das in Relation zu ihrem
schmalen Körper und dem relativ kleinen Kopf zu präsent war. Die rechte
Flötistin hatte schulterlange dunkelblonde Haare und saß sehr gerade auf ihrem
Stuhl, unnatürlich gerade, so als hätte sie einen Stock verschluckt. Sie
bewegte ihren Körper überhaupt nicht, weder die Schultern noch die Arme. Nur
die Finger. Ein gelebter Kontrast zu ihrer brünetten Kollegin linkerhand. Je
länger ich die drei betrachtete, desto sicherer wurde ich, dass es nur die
Strohblonde in der Mitte sein konnte. Russin, Polin, na ja, die Richtung
stimmte schon mal. Ich überlegte krampfhaft, wie ich das herausbekommen konnte.
    In der
Pause ging ich mit Frau Knüpfer hinaus ins Foyer, wo sie eine Bekannte traf,
sodass ich mich absetzen konnte, um nach ihm zu suchen. Endlich sah ich ihn in
einer großen Runde von zehn bis zwölf Leuten stehen, im Westfoyer, ein Sektglas
in der Hand, einen Kellner mit Häppchen neben sich stehend. Einige in der Runde
gehörten zu der Trierer Abordnung, ich kannte sie vom Sehen. Ich umkreiste die
Runde mehrmals langsam, aber er war so ins Gespräch vertieft, dass er mich
nicht wahrnahm. Ich schnappte mir eine Sektflasche, die halb voll auf einem
Büfettwagen stand, und stellte mich direkt neben den Häppchenkellner. Als er
sich umdrehte, um nach einem Lachsbrötchen zu greifen, machte ich einen Schritt
auf ihn zu und sagte: »Noch Sekt, Herr Oberbürgermeister?«
    »Ja,
gerne«, antwortete dieser. Der Häppchenkellner warf mir einen erstaunten Blick
zu. Peter Gärtner bemerkte das und sah mich nun ebenfalls an. »Herr Wilmut, was
machen Sie denn hier?«
    »Sie …
haben mich gleich erkannt?«
    »Aber
natürlich, so schnell werde ich die Diebstähle aus dem Goethehaus sicher nicht
vergessen. Und immerhin haben Sie uns damals sehr geholfen.«
    »Oh,
das ist nett, danke …« Irgendwie stotterte ich blöd vor mich hin.
    »Schenken
Sie jetzt hier Sekt aus?«, fragte Peter Gärtner.
    »Nein,
äh, normalerweise nicht, aber ich müsste Sie dringend mal sprechen, wegen Benno
… also, ich meine wegen Herrn Kessler.«
    Er
stellte sofort das Sektglas ab und entschuldigte sich bei seinen
Gesprächspartnern. »Kommen Sie, wir gehen ins Restaurant.« Er eilte voraus bis
an einen Stehtisch in der

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