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Goethesturm: Hendrik Wilmuts dritter Fall (German Edition)

Goethesturm: Hendrik Wilmuts dritter Fall (German Edition)

Titel: Goethesturm: Hendrik Wilmuts dritter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Köstering
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sich so sehnlich zurückgewünscht hatte. Sophies Krise
schien größere Ausmaße gehabt zu haben, als ich mir vorgestellt hatte. Zwischen
den Zeilen vernahm ich, dass sie sehr verzweifelt gewesen war, möglicherweise
am Rand einer Depression. Sie hatte sich krank gefühlt, meinte sie. Wie schnell
ein gestandener Charakter durch solch eine unüberlegte Aktion des Partners ins
Wanken geraten konnte. Ich beschloss, mir das zu merken, und nahm mir vor,
Hanna nie in eine ähnliche Situation zu bringen. Sophie wollte sich gerade
verabschieden, als ihr noch etwas einfiel: »Ehe ich es vergesse … gestern, als
Benno und ich durch die Humboldtstraße nach Hause gingen, leicht angeheitert,
muss ich zugeben, aber ich habe es deutlich gesehen …« Sie zögerte.
    »Was
hast du gesehen?«
    »Na ja,
da stand ein Auto, in der kleinen Seitenstraße bei euch, wie heißt die noch?«
    »Scharnhorststraße«,
antwortete ich.
    »Genau,
ein rotes Cabrio, ein Mann saß darin, sah aus wie ein Italiener.«
    »Ein
Italiener?« Ich dachte an Filippe aus dem Dolomiti, an Pepe, nein, unmöglich.
    »Zumindest
sah er aus wie ein Italiener, wenn du weißt, was ich meine.«
    Langsam
ging mir ein Licht auf. »Du meinst, er sah nur so aus?«
    »Richtig.«
    »Und du
kennst ihn aus dem Goethehaus, vor drei Jahren?«
    »So ist
es!«
    »Meininger?«
    »Ich
bin mir sicher«, sagte Sophie. »Kein anderer Mensch hat so eine schreckliche
Gelfrisur.«
    »Das
hört sich nach Ärger an.«

19. In der Weimarhalle
     
    Gerade hatte ich meinen Rechner
heruntergefahren, als Frau Knüpfer an meine Bürotür klopfte.
    »Kommen
Sie heute Abend mit, Herr Wilmut?«
    »Ich …
äh …«
    »Sie
sind mal wieder nicht auf dem Laufenden, das dachte ich mir, deswegen komme ich
vorbei.«
    »Aber
Frau Knüpfer!« Ich grinste leicht.
    »Aber
Herr Wilmut! Heute Abend spielt die Staatskapelle in der Weimarhalle, großes
Konzert, Städtepartnerschaft … Sie erinnern sich?«
    »Oh ja,
stimmt!«
    Bereits
im September hatten wir mehrere Eintrittskarten für dieses Konzert bekommen.
Das 20-jährige Jubiläum der Städtepartnerschaft zwischen Weimar und Trier
sollte gebührend gefeiert werden. Im Frühjahr hatten die Festivitäten in Trier
begonnen, nun waren wir an der Reihe. Am zweiten Oktoberwochenende besuchte
eine Trierer Abordnung den bekannten Weimarer Zwiebelmarkt, es folgten
zahlreiche weitere Veranstaltungen und heute, am 1. November, bildete das große
Konzert der Staatskapelle den feierlichen Abschluss.
    »Nein,
vielen Dank, ich hatte nicht vor, mitzugehen, bin auch ziemlich müde von
gestern …«
    Sie sah
mich fragend an.
    »Na ja,
Grillen im Garten mit ein paar Freunden.«
    »Und
ein paar Bierchen, oder?«
    »Ja,
stimmt.«
    »Schade,
ich wollte nicht so gern allein gehen, eine Karte ist noch übrig …«
    Ich
zuckte mit den Schultern.
    »Na
gut, dann grüßen Sie bitte Ihre Frau, wie geht es ihr?«
    »Gut,
danke, sie ist heute und morgen unterwegs in Gera …« Ich zögerte. Unschlüssig drehte
ich meinen Kuli in der Hand. Nach Frau Knüpfers Gesichtsausdruck schien ihr der
Kampf zwischen Couch und Konzertsaal nicht fremd zu sein.
    Sie
winkte ab. »Machen Sie sich einen gemütlichen Abend mit einem Buch vor dem
Kamin«, sagte sie. »Ich erzähle Ihnen dann morgen, wie es war und wen ich alles
getroffen habe.«
    Sie
würde jemanden treffen? Selbstverständlich. Schlagartig hatte ich eine Vision:
Kleine Menschengruppen an Stehtischen mit Häppchen und Sektgläsern und einer
davon war er. Genau der Mensch, den ich brauchte, um den Fall Benno zu einem
inneren Abschluss zu bringen.
    »Moment
mal, ich … ich komme doch mit. Hanna ist nicht zu Hause und das mit dem Kamin
kann ich immer noch nachholen.«
    Frau
Knüpfer lächelte. »19.30 Uhr im Innenhof?«
    »Alles
klar!«
     
    Wir standen neben dem Torbogen,
der den Zugang zur Schwanseestraße bildete. Das Wetter war angenehmer, der
kantige Novemberwind hatte sich beruhigt. Wir redeten eine Weile über die
Bibliothek und das Goethe-Forschungsprojekt, mit dem ich derzeit beschäftigt
war. Dann meinte Frau Knüpfer, wir hätten genug über die Arbeit gesprochen, und
lud mich auf ein Bier ein. Das gläserne Restaurant, das sich im Westflügel der
Weimarhalle befand, war mit Stehtischen ausgestattet, an denen sich bereits
jede Menge Leute tummelten. Tagsüber hatte man von hier einen schönen Blick auf
den Weimarhallenpark, jetzt waren nur einige von Laternen erhellte Flecken zu
sehen. Ich entdeckte zwei Bekannte aus Trier und

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