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Goethesturm: Hendrik Wilmuts dritter Fall (German Edition)

Goethesturm: Hendrik Wilmuts dritter Fall (German Edition)

Titel: Goethesturm: Hendrik Wilmuts dritter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Köstering
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Ruhe lässt?«
    »Na
ja«, er drehte sich um und sah aus dem Fenster. Die Morgendämmerung hatte das
Zimmer in ein unangenehmes Zwielicht gehüllt.
    »Nun
reden Sie schon, Mann!«
    »Sie
sollte nur einen kleinen Denkzettel bekommen, mehr nicht …«
    Offensichtlich
redete er heute ganz normal, ohne seinen geschraubten Bühnenjargon, vielleicht
brauchte er dazu erst eine Flasche Cognac.
    »Aha,
einen Denkzettel , so wie ich im Keller der Weimarhalle?«
    »Ja.«
    »Und,
was ist schiefgegangen bei Sophie?«
    »Ehrlich
gesagt, Herr Wilmut, ich weiß es nicht. Joachim Waldmann sollte ihr nur drohen,
sie einschüchtern, mehr nicht. Aber als er ins Krankenhaus kam, war sie bereits
tot. Das ist schlimm …« Er stockte einen Moment. »Trotzdem haben wir damit
nichts zu tun, weder Joachim noch ich.«
    » Waldmann hat das alles für sie gemacht?«
    Er
nickte.
    »Allein?«
    »Ja,
allein. Ich habe ihn gebeten, das für mich zu erledigen, nun, da ist ja nichts
dabei, ein kleiner Scherz, verstehen Sie?«
    »Nein«,
rief ich, »das verstehe ich ganz und gar nicht. Es war nicht witzig, die ganze
Nacht eingeschlossen im Keller zu verbringen, Sie … Sie Möchtegernintendant!«
    Er kam
langsam auf mich zu. »Sagen Sie so etwas nie wieder, Herr Wilmut!« Seine Augen
traten weit hervor. »Nie wieder. Verstanden!«
    Ich
wich keinen Schritt zurück. Zwar war ich schmaler als er, dafür fast einen Kopf
größer. Und ich hatte keine Angst vor ihm. »Es ist mir egal, was Sie wollen,
Herr Liebrich. Waldmann haben Sie ja offensichtlich im Griff, Benno teilweise
auch, aber mich nicht. Verstanden!«
    Seine
Augen funkelten mich an. »Ich habe Herrn Kessler voll im Griff, nicht teilweise .«
    »Das
werden wir ja sehen«, funkelte ich zurück. »Und jetzt werde ich Hauptkommissar
Dorst Bericht erstatten.«
    »Tun
Sie das. Mir können Sie nichts anhaben, auch nicht Ihr glatzköpfiger
Bullenfreund. Sie haben es nicht geschafft, mich zurückzuhalten, und das werden
Sie auch weiterhin nicht können. Ich habe nicht nur Herrn Kessler im Griff,
sondern alle. ALLE!«
    »Sie
brauchen deswegen nicht zu schreien …«
    »Eines
Tages werde ich Generalintendant des Weimarer Theaters sein. Und ich
werde nicht so schnell aufgeben wie mein Vorgänger, der Herr von Goethe, der
nur wegen eines blöden Pudels …«, er zeigte auf das Bild am Kamin mit Dana
Hartmannsberger und dem Hund, »einen Rückzieher gemacht hat, egal ob die Dame
Jagemann, Hartmannsberger oder sonst wie heißt, verstehen Sie!«
    Ich
hatte Mühe, die Ruhe zu bewahren. ›Der Herr von Goethe, mein Vorgänger‹ –
lächerlich!
    »Ich
habe sogar die Besetzungsliste des ›Clavigo‹ im Griff, wie Sie gesehen haben«,
rief er, »nicht Hubertus, der Schwachkopf!«
    »Sieh
da, Ihre Sprache hat sich ja von der Bühne in die Gosse verlagert.«
    »Es
reicht.« Er atmete tief durch. »Die Zeit ist gekommen, da Sie mein Haus
verlassen sollten.«
    »Mit
Vergnügen. Nur ein Punkt noch: Kennen Sie eine Ewa Janowska?«
    Er
zögerte keinen Moment. »Ja.«
    »Woher?«
Ich war ehrlich überrascht.
    »Das
ist die kleine, uninspirierte Blonde aus meines Nachbarn Haus.«
    »Sie
wohnt hier nebenan?«
    »Ja,
bei dem Musikprofessor, er hat ihr ein Mietzimmer zur Verfügung gestellt.
Soweit ich mich erinnere, spielt sie leidlich gut Querflöte. Mein Interesse an
solch durchschnittlichen Personen hält sich jedoch in Grenzen.«
    »Das
werden wir noch prüfen. Offensichtlich haben Sie die Sache inzwischen nicht
mehr unter Kontrolle.« Er blickte mich geringschätzig an. »Den Überfall im
Keller der Weimarhalle«, fuhr ich fort, »den hat Waldmann nicht allein
durchgezogen. Eine blonde Frau war dabei. Ich habe sie gesehen.«
    »Was?
Dieser ungehorsame Lümmel …!« Er schrie so laut, dass ich für einen Moment
dachte, er könnte handgreiflich werden. Aber das war nicht sein Stil, er würde
sich nicht die Hände schmutzig machen, das überließ er anderen. Die Szene
zeigte mir jedoch deutlich, wo sein empfindlicher Punkt lag: im Ungehorsam
seiner Lakaien. »Da sehen Sie, er folgt Ihnen nicht mehr. Und glauben Sie nur
nicht, dass Ihr Clavigo-Schmierentheater so weitergeht!«
    Er war
jetzt wieder ganz ruhig. »Das werden wir ja sehen. Und denken Sie einmal über Ihre Rolle in dem Stück nach, Herr Wilmut. Bisher haben Sie diese hervorragend
ausgefüllt. In der Tat – eine schauspielerische Meisterleistung. Ich bin höchst
erfreut!«
    Die Tür
fiel hinter mir mit einem lauten Knall ins Schloss. Ich ertrug diesen Mann
nicht

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