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Goethesturm: Hendrik Wilmuts dritter Fall (German Edition)

Goethesturm: Hendrik Wilmuts dritter Fall (German Edition)

Titel: Goethesturm: Hendrik Wilmuts dritter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Köstering
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Ich habe eine
Nachricht auf seiner Mailbox hinterlassen.«
    Hanna
schüttelte den Kopf. »Kaum zu glauben. Was macht der denn nur in Frankfurt?
Will er von Weimar gar nichts mehr wissen?«
    Ich
zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich ist er in einem Sog von
Zukunftsplänen und Anerkennung geraten, der sein altes Leben verblassen lässt.«
    Hanna
sah mich an. »Du hast immer so viel Verständnis für andere Menschen, auch dann,
wenn ich sie schon längst aufgegeben habe …«
    Wir
küssten uns, lange, zärtlich, inniglich. Dann ließ sie sich in ihr Kissen
zurückfallen und ich deckte sie sorgfältig zu.
    »Wie
spät ist es?«, fragte sie.
    »Halb
zwölf.«
    »Oh,
was hast du denn den ganzen Abend gemacht?«
    Mir
wurde plötzlich klar, dass der gesamte Tag mit all seinen Ereignissen und
Erkenntnissen an mir vorbeigerauscht war, ohne dass ich die Gelegenheit hatte,
Hanna davon zu erzählen. »Ja, weißt du, ich habe tatsächlich mit jemandem
gesprochen, der etwas über die Beweggründe von Benno wissen könnte, derjenige
wohnt in Oberweimar, genauer gesagt Am Horn …« Als ich bei dem Klingelschild
mit dem geschwungenen ›RL‹ ankam, war Hanna eingeschlafen.
    Lange
stand ich am Fenster, sah hinaus in den dunklen Krankenhauspark und dachte
nach. Beim ersten Fall hatte Hanna mich inspiriert. Ich brauchte nur an die
Szene im Ilmpark zu denken, in der sie mich aufgefordert hatte, den ›Erlkönig‹
zu rezitieren, der uns dann auf die Spur des Täters führte. Jahre später, beim
zweiten Fall, hatte sie mir den entscheidenden Gedankenanstoß zum Auffinden des
›BB618c‹ in der Uni Jena gegeben. Doch diesmal war alles anders. Diesmal war
sie niedergeschlagen, mental angezählt, kampfunfähig. Das musste ich
akzeptieren, auch wenn es mir schwerfiel, weil ich das Bild einer starken
Hanna, einer Gefährtin durch dick und dünn in mir trug. Diesen Fall musste ich
allein lösen. Mit Siggis Hilfe natürlich. Aber meine wankende Freundschaft mit
Benno wieder auf feste Füße zu stellen, das war nun meine Aufgabe. Ich sah mein
Spiegelbild schemenhaft in der Fensterscheibe und sprach mir Mut zu: Du wirst die Freundschaft mit Benno retten.
    Diese
finale Erkenntnis verschaffte mir Ruhe und Kraft. Bevor ich die Aufgabe angehen
konnte, musste ich jedoch sicherstellen, dass Hanna geschützt und geborgen war.
Und ehe ich diesen Gedanken überhaupt zu Ende gedacht hatte, lag die Lösung vor
mir: Karola. Karola mit K. Denn schließlich heißt es ja K-Rola und nicht
C-Rola. Mit diesem Spruch hatte sich Hannas Halbschwester vor drei Jahren
vorgestellt. Nach der Beerdigung von Hannas Vater. Skurril. Heute konnte ich
darüber lächeln.
    Hanna
und Karola waren sich immer nahe gewesen, selbst in schwierigen Zeiten. Und
außer Karolas Vater war ihre Halbschwester die einzige Verwandte, zu der Karola
noch Kontakt hatte. Deswegen war ich mir sicher, dass ich sie selbst um
Mitternacht anrufen konnte.
    Klonschaf-Wilmut.
Diesen Beinamen hatte sie mir damals gegeben, weil sie herausgefunden hatte,
dass der britische Wissenschaftler Ian Wilmut für das Klonschaf Dolly
verantwortlich war. Und als Halbbiologin mit abgebrochenem Studium hasste sie
alles, was mit Gentechnik zu tun hatte. Das Telefonat dauerte nicht lange. Sie
wollte sofort ein paar Sachen packen und den Frühzug nach Weimar nehmen, im Zug
könne sie ein bisschen schlafen, sie kenne die Verbindung, kurz vor acht ab
Dresden, 10.46 Uhr in Weimar. Sie würde direkt ins Krankenhaus fahren und Hanna
abholen. Ich erzählte ihr von dem Einbruch, aber auch das konnte sie nicht
abhalten. Ich stammelte etwas wie: »Bin so erleichtert, Hanna freut sich,
danke, Karola!«
    Darauf
erwiderte sie nur: »Schon gut«, und legte auf. Halbschwester und Halbbiologin –
aber wenn es darauf ankam, konnte man voll auf sie zählen.
     
    Ich musste vor meiner Fahrt
nach Frankfurt noch etwas Schlaf finden, hatte aber keine Lust, nach Hause zu
gehen und dort allein zu sein, in einem Haus, dessen Integrität verletzt worden
war. Also löschte ich das Licht in Hannas Krankenzimmer bis auf eine kleine
Wandleuchte und setzte mich in den Besuchersessel neben ihrem Bett. Draußen
regnete es ununterbrochen, ein kräftiger Wind fegte um die Fenster. Ich döste
vor mich hin, ohne wirklich schlafen zu können, aber ich fühlte mich wohl, denn
ich war bei Hanna.
    Hoffentlich
würde sie mir nicht auch einmal so brutal entrissen wie es Benno mit seiner
Frau passiert war. Als ich an Sophie dachte, überfiel mich ein starkes

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