Götter der Lust
ich etwas Grünzeug gefunden.»
«Du bist passend angezogen.» Er strahlte so sehr zu ihr herab, dass seine plötzlich sonnige Miene ihr Misstrauen weckte. «Wir könnten doch auch in einem Gasthaus etwas essen.»
«Und wertvolle Zeit zum Suchen verschwenden? Besser nicht.»
«Wir sollten sofort aufbrechen. Der Mond ist noch nicht voll genug, um im Dunkeln noch unterwegs sein zu können.»
Abby blinzelte. «Oh. Oh, verstehe.»
«Das ist
meine
Mission, Ms. Abigail.» Er schwächte seine Worte mit seinem charmanten Lächeln ab, konnte sie damit aber nicht täuschen.
«Du hast recht. Mein Projekt ist es nicht.» Sie rang sich ein Lächeln ab. «Und immerhin wäre es besser als altbackenes Brot und Käse.»
«Gut. Ich habe eine Kutsche im Stall. Ich brauche nur einen Moment, um anzuspannen. Warum siehst du nicht inzwischen nach, ob sich irgendwo noch eine Haube finden lässt?»
Sie starrte ihn an. «Eine Haube?»
Er warf ihr einen jener Blicke zu, mit denen sie sonst ihre Angestellten bedachte.
Das hatte er schnell gelernt.
«Also gut, ich werde schon etwas finden.»
In dem winzigen Gasthaus saßen sie inmitten aller Leute auf einer Bank am Ende eines langen, auf Böcken stehenden Tisches. Abby saß Myles gegenüber, Ellbogen an Ellbogen mit ihrem Nachbarn.
Sie biss die Zähne zusammen und starrte auf ihr Essen. Die Wirtsleute hatten so viele Gäste in den kleinen Raum gepfercht, dass nur noch schmale Durchgänge zum Tresen frei waren. Das war doch bestimmt ein Verstoß gegen die Brandschutzbestimmungen – falls es solche überhaupt gab …
«Hast du das Notizbuch mitgebracht?» Sie schob die nicht näher identifizierbaren Klumpen ihres Eintopfs von der einen Seite ihrer Schüssel zur anderen.
Myles klopfte auf seinen Umhang. «Hier ist es.»
«Und das Rätsel?»
Kauend tippte Myles erneut auf seine Tasche.
«Und?»
Er schluckte. «Zu viele Mithörer.»
Abby schnaubte ungeduldig. «Ist es denn so geheim?»
«Ich möchte lieber kein Risiko eingehen.» Er lächelte entschuldigend. «Ich erkläre dir alles später.»
Abby wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Essen zu. Sie hätte viel lieber über ihre Suche gesprochen als … über persönliche Dinge. Sie stopfte sich einen großen Bissen in den Mund und wich seinem Blick aus. Bis sie diesen Knorpel gekaut und heruntergeschluckt hatte, würde es Zeit sein, nach Hause zu gehen.
«Wenn wir den –» er senkte die Stimme – «den Gegenstand gefunden haben, verlassen wir das Haus. Gibt es etwas, das du dann gerne tun würdest?»
Sie legte vorsichtig den Knorpel auf ihren Teller. «Was für Möglichkeiten gibt es denn?»
«Viel Auswahl wirst du nicht haben», räumte er mit einerGrimasse ein. «Ich dachte, wir müssten auf jeden Fall darüber reden, weil du doch bestimmt irgendeine Beschäftigung brauchen wirst.»
Abby bedeutete ihm mit einer Geste fortzufahren, ganz gerührt von seiner Rücksichtnahme.
«Gouvernante und Haushälterin wären die achtbaren Betätigungen. Was die weniger akzeptablen sind, kannst du dir wohl denken.» Er wandte den Blick ab. «Dann wäre da natürlich noch das Leben als Ehefrau.»
«Ich kenne meine Jane Austen. Ohne Familie oder Vermögen könnte ich nur schwerlich einen Ehemann finden, der mich nicht wie eine Leibeigene behandeln würde.» Sie versuchte, ruhig zu klingen und ihre zittrigen Hände in ihrem Schoß unter Kontrolle zu bekommen.
«Aber das Leben einer Gouvernante ist auch nicht unbedingt angenehm – und ich denke dabei gar nicht so sehr an tobende Kinder, sondern an Ehemänner und ältere Brüder, die an dir Gefallen finden könnten.» Er klang so ruhig und unbeteiligt; war er sich so sicher, dass sie ihm keine Szene machen würde?
Abby verzog das Gesicht. «Und da es noch keine Staubsauger und Waschmaschinen gibt, gehe ich davon aus, dass ich die Haushaltsführung bestimmt von der Pike auf lernen müsste.»
«Das wäre allerdings eine ziemliche Herausforderung», räumte Myles ein. «Aber Herausforderungen reizen dich doch, oder?»
Abby suchte in seiner Miene nach Anzeichen von Spott, fand aber nichts dergleichen. «Für die kurze Zeit kennst du mich schon recht gut.»
Er lächelte, auch wenn sein Blick eher lüstern war und er mit tiefer, schnurrender Stimme hinzufügte: «Man findet eine Menge heraus, wenn man einer Frau beigewohnt hat.»
Abby verschluckte sich fast an ihrem Wein und musste ein Lachen unterdrücken. «Du nimmst dir allerhand raus.»
Myles lächelte. «Bisher
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