Götter der Lust
hatte ich doch recht, oder?»
Sie bestätigte das, indem sie den Mund spitzte. «Zeig mir, was ich als Haushälterin tun muss, und ich bin sicher, dass ich irgendwie zurechtkomme.»
Er nickte. «Gut. Ich könnte sowieso eine gebrauchen.»
«Ich soll deine Haushälterin werden?»
«Warum nicht? Wer soll dich denn sonst nehmen, bei deiner Benehmen?»
Sie hätte ihn am liebsten erwürgt. «Ich dachte immer, Haushälterinnen sollten sich benehmen können», schoss Abby zurück.
«Aber eben ihrem Stande entsprechend», erklärte Myles mit sanfter Stimme.
«Keine frechen Antworten gegenüber Vorgesetzten. Ich glaube, so viel habe ich schon gelernt.»
Myles’ Lächeln verschwand. «Ich wünschte wirklich, wir wüssten, was dich hierhergebracht hat und wie wir dich wieder zurückbekommen.»
«Das wüsste ich auch gern», sagte Abby achselzuckend und warf einen Seitenblick auf ihren unbekannten Tischnachbarn. «Aber hier möchte ich lieber nicht darüber sprechen.»
«Verstehe.» Er warf die grobe bräunliche Stoffserviette auf den Tisch. «Bist du fertig?»
Abby stellte erstaunt fest, dass ihr Teller leer war. «Ich hatte wohl einen größeren Appetit, als ich dachte.»
Myles stand grinsend auf und nahm sie bei der Hand. «Dann lass uns gehen und über persönliche Dinge sprechen.»
Die Nachbarn hatten diesen letzten Satz gehört. «Oho!», polterte einer mit Bierschaum auf dem bärtigen Kinn. «Dakann man ja nur viel Glück wünschen, mein Freund!» Unter allgemeinem Gelächter erhob er seinen Krug.
Abbys Nachbar griff nach ihren Röcken, als sie aufstand. «Sagst du uns Bescheid, wenn du mit ihr fertig bist, Kumpel?»
«Unverschämtheit!», zischte Abby und versuchte, seine Hand wegzuschlagen. Als das nicht funktionierte, ließ sie einen harten Karateschlag folgen. Der Mann jaulte auf, schüttelte die Hand und starrte sie erstaunt an.
Myles packte sie am Arm. «Wir sollten besser gehen, bevor du noch eine Prügelei anfängst.»
Abby ließ zu, dass er sie hinausführte. «Ich hatte die Sache voll im Griff.»
«Das habe ich gesehen.» Er half ihr in den kleinen Einspänner, ging auf die andere Seite und band die Pferde los.
Eine Frau kam aus dem Gasthof gelaufen und gab Abby ein Paket. Verblüfft nahm sie es, bevor sie Myles einen fragenden Blick zuwarf.
«Da sind Abendessen und Frühstück drin.» Er schwang sich auf den winzigen Sitz neben ihr. «Was war das, was du da drinnen gemacht hast?»
«Karate, eine alte asiatische Kampfkunst.» Abby rieb sich die Hand. Es war ein Weilchen her, dass sie das letzte Mal trainiert hatte.
«Und wo hast du das gelernt?»
«In einem Selbstverteidigungskurs.» Der Einspänner machte einen Satz nach vorn, und Abby musste sich festhalten.
«Um dich selbst zu schützen?»
«Natürlich. Es ist ja nicht immer ein Mann zur Stelle, um einen Angreifer abzuwehren.» Sie warf ihm einen scharfen Blick zu. «Ich wette, dass selbst in dieser Zeit nicht immer ein Mann zur Stelle ist.»
«Darüber brauchst du dir hier keine Sorgen zu machen. Ich beschütze dich schon», brüstete sich Myles.
Einen Augenblick lang wünschte sich Abby, ihn mit der vollen Kraft seiner Muskeln in Aktion zu sehen. Sie räusperte sich. «Auch du wirst nicht immer da sein.»
Er gab den Pferden die Zügel, ohne zu antworten.
Eine Weile fuhren sie schweigend, während Abby ein anderes Gesprächsthema suchte. «Ich verstehe einfach nicht, wie das geschehen konnte. Auch im einundzwanzigsten Jahrhundert gibt es noch keine Zeitreise-Technologie. Jedenfalls», verbesserte sie sich, «nicht in meinem Teil des Jahrhunderts. Wie ist das also zu erklären? Hat vielleicht irgendein verschrobenes Genie mit Strahlen experimentiert, ohne zu wissen, was es damit angerichtet hat?»
«Ich glaube, ich kenne die Antwort.»
Kapitel 5
Nach Myles’ ruhiger Anmerkung fiel Abby die Kinnlade herunter. «Du kennst die Antwort?»
«Wenn es in der Zukunft keine entsprechende Technik gibt, kann es nur eine Erklärung geben.» Er legte bewusst eine Kunstpause ein, um seine Worte wirken zu lassen. Sie hätte ihm am liebsten einen Fußtritt versetzt, aber ihre Röcke hinderten sie daran. «Du bist auf übernatürlichem Weg hierhergekommen.»
Abby glotzte ihn an. «Wie bitte? Meinst du, durch Zauberei?»
Er ließ die Schultern hängen. «Ich hätte wissen müssen, dass du daran nicht glaubst. Selbst in dieser modernen Welt lacht man darüber, aber es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, die sich mit dem Verstand allein
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