Götter der Lust
Geheimtreppe eingeritzt?»
Myles zuckte mit den Schultern. «Vielleicht wollte jemand eine falsche Spur legen, oder jemand hat einfach aus Langeweile irgendetwas hingekritzelt.»
«
Keller
ist nicht unbedingt das erste Wort, das mir einfiele, wenn ich gelangweilt auf einer Treppe säße», meinte Abby und schnitt eine Grimasse.
«So?» Myles nahm ihr Kinn zwischen die Finger und drehte es zu sich. «Und was würdest du einritzen?»
Sie entzog sich ruckartig seinem Griff. «Das ganz bestimmt nicht», fauchte sie und war froh, dass ihr nicht herausrutschte, was sie gerade dachte.
Myles für immer mein
klang wohl kaum nach einer passenden Antwort für eine erwachsene Frau wie sie.
«Ohne Enttäuschungen geht es eben nicht ab», meinte Myles. «Aber die Statue ist irgendwo in diesem Haus, und wir werden sie finden.»
Abby rang sich ein schiefes Lächeln ab. Sie hätte gern seine Hoffnung und seinen Optimismus geteilt, doch dann musste sie wieder an die vergangene Nacht denken und daran, dass ein geiler Herzog und eine ebensolche Herzogin hinter ihr her waren.
Sie verlieh ihrer Besorgnis mit einem langen Seufzer Ausdruck.«Ich hätte die Statue gern schon heute gefunden, nach der letzten Nacht mit dem Herzog …»
Er schlang einen Arm um sie und küsste sie auf ihr vom Schlaf zerzaustes Haar. «Mach dir darüber keine Sorgen. Von jetzt an sind wir unzertrennbar, und sie werden nie mehr Gelegenheit bekommen …»
Den Rest ließ er unausgesprochen.
Abby umarmte ihn. «Das würdest du tun?»
«Selbstverständlich.» Er küsste sie wieder auf ihren Scheitel, bevor sein Mund über ihre Schläfe und ihre Wange zu ihrem Hals gelangte. «Ich habe versprochen, dich zu beschützen, und ich werde mein Versprechen halten», murmelte er dicht an ihrer Haut.
Abby entspannte sich in seiner Umarmung und streckte ihm den Hals für weitere Küsse entgegen.
Er aber zog sich zurück und räusperte sich. «Es ist schon spät. Wir sollten zum Frühstück hinuntergehen, bevor jemand uns suchen kommt.»
«Wir sind doch ein Paar in den Flitterwochen.» Abby revanchierte sich und küsste ihn ebenfalls auf den Hals. «Warum sollten sie uns also suchen?»
Myles zog ihr Gesicht zu seinem herauf. «Um ganz ehrlich zu sein, ich habe Hunger. Ich dachte, ich versuche es mit einer höflichen Ausrede, bevor mein Magen zu knurren beginnt.»
Hunger spielte hier zweifellos eine Rolle, auch wenn es sich um zwei unterschiedliche Arten von Hunger handelte. «Ich denke auch, dass wir Kraft tanken müssen.»
Er grinste und küsste sie auf die Nasenspitze. «Und außerdem müssen wir diese Statue finden.» Er zog sie auf die Füße und versetzte ihr einen schallenden Klaps auf den nackten Hintern. «Und jetzt zieh dich an, Hure.»
«Hure?», kreischte Abby, griff sich ein Handtuch vomNachtkästchen und schlug damit nach seinem nackten Hintern. «Pass bloß auf, mein Herr.»
Er erschrak, und sein wütender Blick brachte sie zum Lachen. Sie sprang aus seiner Reichweite und hob ihre Bluse vom Boden auf.
Sie zog sich so weit an, wie sie es ohne fremde Hilfe schaffte, und wartete dann, bis Myles sich die Krawatte gebunden hatte und sich um ihre losen Schnürbänder kümmern konnte.
Als er fertig war, nahm er sie in die Arme und tätschelte ihren Hintern. «Ich verzeihe dir, dass du mich geschlagen hast», erklärte er mit tiefer, heiserer Stimme.
Sein Mund verschloss den ihren, und es schien, als habe er das Frühstück vergessen.
Nicht zum ersten Mal verfluchte Abby die Kleidung der Regency-Zeit. Schon der bloße Gedanke an das zeitraubende Entkleiden genügte, um die Befriedigung ihres Verlangens auf später zu verschieben. Sie wies zwar noch darauf hin, dass sie ja keine Unterwäsche trug, doch Myles hatte beschlossen, seine Krawatte nicht in Unordnung zu bringen.
Abby spießte eine Scheibe Schinken mit mehr Wucht als nötig auf und legte sie auf ihren Teller. Myles hatte seinen bereits gefüllt und aß am Esstisch hinter ihr.
Was war nur in ihn gefahren? Eben noch hatte er kaum die Finger – und den Mund – von ihr lassen können, und auf einmal war er so kühl und distanziert, als bedeute sie ihm gar nichts. Und das lag nicht nur an der verdammten Statue, die ihm ständig durch den Kopf ging, da war Abby fast sicher.
Die Herzogin von Winterton trat ein und gesellte sich zu ihr. «Ich möchte mich für letzte Nacht entschuldigen. Wir hätten fragen sollen …»
Abby warf ihr einen missbilligenden Blick zu.
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