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Götterdämmerung

Götterdämmerung

Titel: Götterdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Publicity gebrauchen kann. Und da gibt es noch ein paar merkwürdige Zufälle; während dieser Schreiberling bösartige Gerüchte in die Welt setzt, spioniert irgendjemand innerhalb des Labors meine Arbeit an einem Projekt aus, das Mr. President bald abgeschlossen zu wissen wünscht. Ich musste sogar meine Festplatte austauschen lassen. Für mich sieht das ganz so aus, als ob wir einen Maulwurf hier hätten. Für dich nicht?«
    Sein Lächeln vertiefte sich. »Falls nun ein Bericht an die Geschäftsleitung gehen würde, der eine andere Verdächtige nennt, würde man das nur für den sympathischen, aber irregeleiteten Ausdruck töchterlicher Loyalität halten, fürchte ich. Und mach dir keine Sorgen; ganz gleich, wie lange es dauert oder wie beschäftigt ich selbst bin, ich werde deinen Vater hier bestens vertreten.«
    »Wirst du das?«, fragte sie tonlos. Das Bedürfnis, ihn zu beschimpfen, war noch nie so stark gewesen, doch die Genugtuung gönnte sie ihm nicht. Er wartete ja nur darauf, sie ihre Beherrschung verlieren zu sehen. Leute, die glauben, gewonnen zu haben, dachte Beatrice und versuchte sich an den Gedanken zu klammern, Leute, die meinen, keine Rücksicht mehr nehmen zu müssen, solche Leute machen Fehler.
    »Ganz gewiss«, entgegnete Mears selbstzufrieden, und mit einem Mal wusste sie, wie sie ihn zumindest ein wenig aus dem Gleichgewicht bringen konnte.
    »Gut«, sagte sie freundlich. »Dann kannst du ihn gleich heute Mittag vertreten. Ich wollte mit ihm in der Kantine essen. Wo ich schon nicht zum Frühstücken gekommen bin.«
    Ihr Wunsch, eine Delle in die Rüstung seiner Selbstgefälligkeit zu schlagen, wurde ihr erfüllt; Mears’ Miene verlor etwas von ihrem Triumph und wurde vorsichtiger.
    »Ein Essen, wie?« Er verschränkte die Arme. »Sind wir endlich erwachsen geworden, Bea?«
    Ihr Spitzname hatte sich noch nie so kindisch angehört wie in diesem Moment, als er ihn zu einer zweisilbigen Übung in Sarkasmus machte.
    »Nun, du hattest mich eingeladen«, gab sie so höflich wie möglich zurück.
    Im Stillen forderte sie ihn heraus, eine Bemerkung über Lichtallergie und Hautkrebs zu machen. Nur eine.
    »Also schön. Um halb eins dann.«
     
    Die Kantine war bis zum Bersten gefüllt, voller Lärm, Lachen und Licht, und es war ihr sehr bewusst, dass ihr Auftritt dort, noch dazu in Mears’ Gesellschaft, von den Mitarbeitern als ziemliche Sensation eingestuft werden musste. Sie war noch immer leicht nervös wegen des Lichts, das durch das Glasdach eher noch intensiviert wurde, doch es kostete sie nicht mehr die Überwindung wie gestern. Als sie sich mit den Spaghetti auf ihrem Tablett setzen wollte, überraschte sie Mears damit, das seine abzustellen und ihr den Stuhl zuvorkommend zurechtzurücken. Eine Sekunde lang stellte sie sich vor, sie wäre damals ernsthaft auf sein Angebot eingegangen, hätte alle ihre Bedenken in den Wind geschlagen und wäre wirklich und wahrhaftig seine Mitarbeiterin, statt besorgt um ihren Vater und gleichzeitig ärgerlich auf ihn zu sein und mit Mears endlose verbale Versteckspiele durchzuführen.
    »Wirklich erstaunlich«, sagte er, nachdem er sich selbst niedergelassen hatte, und studierte ihr Gesicht. »Ich hätte darauf gewettet, dass dir zumindest die Augen tränen würden. Aber selbst dein Wimpernschlag ist der gleiche, keine Spur schneller. Er hat wirklich ganze Arbeit geleistet; die schnelle Anpassungsfähigkeit…«
    »Also spielen wir nicht mehr ›Ich weiß etwas, was du nicht weißt?‹«, schnitt sie ihm das Wort ab.
    »Nicht, wenn es so offensichtlich ist, dass du es weißt. Verstehst du jetzt, warum ich es bedauerlich finde, dich hinter deinen Möglichkeiten zurückgeblieben zu sehen? Wenn ich es gewesen wäre…«
    »Oh, du hättest mich gefordert, da habe ich überhaupt keinen Zweifel«, sagte Beatrice. »Jeder Tag ein neuer Test. Aber Warren, ist es dir nie in den Sinn gekommen, dass es Leute gibt, die keine Übermenschen sein wollen?«
    »Ich glaube, dieses Gespräch hatten wir schon einmal. Es gibt nichts Schöneres als Erfolg.«
    »Dann hast du mir beim ersten Mal nicht zugehört, und natürlich gibt es das. Versteh mich bitte nicht falsch, Erfolge sind sicher wichtig, aber ich weigere mich einfach, die Jagd nach dem Erfolg als einzigen Lebensinhalt zu betrachten. Ich glaube an Ausgewogenheit. Du hast ein Bild von mir, wie ich sein sollte, und es stört dich, dass ich nicht so bin. Aber wer sagt dir, dass dein Bild das richtige ist? Für dich

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