Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition)
nicht verloren gegangen. Die fleißigen Patres haben die entsprechenden Schriftstücke und Bücher eingescannt und digitalisiert. Dieser James Morrison war einer der bekanntesten Rockmusiker des 20. Jahrhunderts a. Z. und starb mit 27 Jahren unter mysteriösen Umständen. Wie die Goleaner allerdings an sein Erbgut gekommen sind, konnte ich bislang noch nicht herausfinden.«
»Nette Geschichte, die aber auch ein Bluff sein könnte. Die Zielansprache liegt hoffentlich vor, damit wir im Zweifelsfall reagieren können?«
»Selbstverständlich, Ray. Die Sicherheit des Schiffes genießt natürlich höchste Priorität.«
Täuschte er sich oder klang Veras Stimme eine Spur pikiert?
»Dann ist es ja gut. Ich werde jetzt die Mannschaft informieren, und du kümmerst dich bitte darum, dass ich diesen Mr. Morrison auf den Monitor bekomme.«
»Zu Befehl, Sir.«
Sir , nicht Ray .
Der Kommandant zuckte mit den Schultern, bevor er aufstand und die Besatzung mit knappen Worten über die Situation in Kenntnis setzte. »Mr. Masao, Sie überprüfen bitte die Zielansprache.« Er grinste innerlich. »Mr. Chang, Sie halten die Feldgeneratoren im Stand-by, und die Einsatzgruppe«, er nickte Ortega kurz zu, »bereitet das Shuttle zum Ablegen vor. Danke und Ausführung.« Er ignorierte die erstaunten Blicke, nahm wieder Platz und aktivierte sein Headset. Ein grünes Leuchtfeld auf der Konsole signalisierte ihm, dass die Videocomverbindung bereits anlag.
»Danke, Vera«, murmelte er zufrieden. »Das Gespräch wird zwecks späterer Analyse aufgezeichnet. Du springst bitte als Simultanübersetzer ein, falls mein verstaubtes Altenglisch nicht ausreicht.«
»Verstanden, Ray. Ich schalte jetzt die Leitung frei.«
Auf dem Monitor erschien das Gesicht eines jungen Mannes mit ausdrucksvollen dunklen Augen und einer fast schulterlangen tiefbraunen Lockenmähne. Die weichen Gesichtszüge und die vollen Lippen gaben seinem Lächeln, das auf schwer zu beschreibende Weise sanft und herausfordernd zugleich erschien, eine fast feminine Note. Sein durch ein hautenges T-Shirt betonter Oberkörper wirkte jungenhaft schlank und fast ein wenig zu grazil für seine Größe.
Merkwürdigerweise empfand Farr bei seinem Anblick eine Spur Neid – ein Gefühl, das ihm normalerweise fremd war und ihn deshalb umso mehr irritierte. Vielleicht – aber dieser Gedanke kam ihm erst später – war diese Reaktion dem Eindruck geschuldet, dass diesem trotzig lächelnden Jungen alles zufliegen würde, was ihm selbst entweder versagt geblieben oder erst durch permanente Anstrengung zugefallen war: Ideen, Mädchenherzen, Anerkennung, Zuneigung, künstlerischer Erfolg. Doch selbst diese Erklärung hielt keiner genaueren Betrachtung stand, da Farr kaum etwas davon jemals ernsthaft angestrebt hatte. Außerdem war der Junge nur die genetische Kopie der einstigen Berühmtheit, und es war mehr als zweifelhaft, dass die reale Welt Verwendung für seine Talente hatte. Vielleicht hing Farrs Groll aber auch nur mit dem rothaarigen Mädchen zusammen, das sich im Hintergrund halbnackt auf einem Sessel rekelte und offensichtlich darauf wartete, dass sich der junge Mann wieder interessanteren Dingen – also ihm – zuwandte …
Der Kommandant war allerdings erfahren genug, sich nicht von Emotionen leiten zu lassen, und so eröffnete er das Gespräch betont sachlich.
»Mein Name ist Raymond Farr. Ich bin der Kommandant des Schiffes, das sich Ihnen gegenüber bereits identifiziert hat. Die Hemera ist in einer privat finanzierten Mission in diesem Raumsektor unterwegs, die nicht zwangsläufig etwas mit Ihnen oder Ihrem Heimatplaneten zu tun hat. Leider gibt es Grund zu der Annahme, dass die feindseligen Handlungen semibewusster biologischer Raumschiffe gegen Bürger und Einrichtungen der Föderation ihren Ursprung in diesem Planetensystem haben oder hatten. Aus diesem Grund sind wir natürlich an Informationen über die gegenwärtigen Verhältnisse auf Ihrem Heimatplaneten interessiert. Wir wissen zwar, dass sich nach dem Durchbruch unserer Flotte eine fliegende Stadt aus dem System abgesetzt hat, nur welche Auswirkungen das vor Ort hatte, würden wir gern von Ihnen erfahren.«
»Entschuldigung, Commander, aber das sind eine Menge Fragen auf einmal, und ich weiß nicht, ob ich alles kapiert habe. Ich bin im Moment auch noch ein bisschen hinüber, denn wir wussten ja nicht, wann das nächste Mal jemand von euch hier aufkreuzen wird. Sonst hätten wir letzte Nacht ein bisschen
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