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Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)

Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)

Titel: Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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Aschewüste verwandelte.
    Es dauerte sechs endlose Tage, bis ein Rettungskreuzer der Leandros-Gruppe den Unglücksort erreichte und die überlebenden »Höhlenkinder von Pegasos Forest« bergen konnte. Miriam war eines von ihnen, aber für ihren Bruder Matsuto kam die Rettung zu spät. Er starb in ihren Armen, und die Ärzte an Bord der Asklepios mussten ihr erst ein krampflösendes Mittel spritzen, bevor sie den starren, kalten Körper losließ.
    Die Schlagzeilen und Bilder verblassten mit der Zeit. Es gab neue, schlimmere Massaker, die Hunderttausende Opfer forderten und die Anteilnahme der Öffentlichkeit auf sich zogen, doch die Überlebenden von Pegasos Forest verloren sich nie aus den Augen. Die Burgons hatten ihnen alles genommen: ihre Eltern, Geschwister, Freunde und die traumverlorenen Stätten ihrer Kindheit. Es durfte nicht sein, dass etwas so abgrundtief Böses weiterexistierte, und es würde nicht sein. Der Sieg der Armada bei Joyous Gard war ein Lichtblick, aber er linderte den Schmerz nicht und übertönte auch nicht die Stimmen der Toten, die jede Nacht nach ihnen riefen.
    Von der Existenz ihres Halbbruders Christoph – das angehängte »er« war eine Erfindung anglophoner Medien – erfuhr Miriam erst nach dessen Tod, aber sie war eine der wenigen, die wussten, weshalb er zum Märtyrer geworden war. Christoph hatte den Tod seines Vaters gerächt, und sie würde es ihm gleichtun, wenn die Zeit gekommen war. Ihren neuen Namen Katana hatte Miriam bewusst gewählt, bedeutete Katana doch so viel wie »Schwert« …
    Es war schwer, darauf etwas zu entgegnen, fast unmöglich. Farr versuchte es dennoch. Er war immer noch der Kommandant und konnte nicht zulassen, dass jemand – aus welchen Gründen auch immer – eine derart gefährliche Waffe auf seinen Stützpunkt schmuggelte. Das hatte etwas mit militärischen Hierarchien und Disziplin zu tun, aber auch etwas mit Verantwortung. Zweitausendfünfhundert Menschen würden sterben, wenn sie aus Versehen oder gar absichtlich gezündet wurde …
    »Sie ist nicht mehr hier«, versetzte Miriam unbeeindruckt.
    »Wo dann?«
    »In der Nähe eines ziemlich unbedeutenden Sterns der Spektralklasse M2. Relativ weit von Pendragon Base entfernt – aber nicht zu weit. «
    »Die hiesige Sonne? Das ist lächerlich!«
    »Die Generalprobe war es nicht.« Ihre Stimme klang kalt und vollkommen beherrscht. »Du solltest dir ein paar Aufnahmen und Radiogramme des HIP-1612-Systems besorgen. Ich glaube, ein paar Leute waren deshalb ziemlich aus dem Häuschen.«
    Farr spürte, wie sich die Härchen in seinem Nacken aufrichteten. Er wusste, wovon Miriam sprach. Ein Hauptreihenstern, der ohne erkennbare Ursache explodiert war, Milliarden Jahre vor dem natürlichen Ausbrennen seines Kerns und ohne Teil eines Doppelsternsystems zu sein. Zimmermann, der Chefastrophysiker, hatte ihm ziemlich aufgeregt davon erzählt und sich sogar zu der These verstiegen, die Angels hätten dabei ihre Hände im Spiel gehabt. Weshalb sonst hätten sie so überstürzt die Region verlassen sollen, nur wenige Tage nach dem inzwischen ziemlich exakt berechneten Zeitpunkt der Sternexplosion?
    »Unsinn!«, wiederholte Farr, mehr, um sich selbst zu beruhigen. »Waffen dieser Dimension kosten eine Menge Geld und Entwicklungszeit; das ist nichts für Amateure.«
    »Dimitris Leandros«, sagte Miriam leise, als erkläre der Name des Großreeders alles. »Er hat genügend Geld, aber nicht mehr viel Zeit. Er sitzt im Rollstuhl – seit damals …«
    Sie brach ab, und Farr hatte nicht den Mut, ihr ins Gesicht zu sehen. Als er etwas Feuchtes an seiner Schulter fühlte, wusste er, dass er verloren hatte.
    Er konnte sie nicht verraten, jetzt nicht mehr.
    Miriam Kasuka alias Katana hatte ihre letzte Chance genutzt …
        

Das große Warten

    Kriegsrat.
    Obwohl Colonel Farr überzeugt war, alle Eventualitäten bedacht zu haben, spürte er, wie sich sein Pulsschlag beschleunigte, als er den abgeschirmten Besprechungsraum betrat und alle Blicke auf sich gerichtet sah.
    »Guten Morgen, Herrschaften«, begann er forsch. »Bevor wir zum Thema kommen, bitte ich Sie, mir durch Handzeichen zu bestätigen, dass alles, was in diesem Raum besprochen wird, unter uns bleibt. Sie erklären mir Ihr Einverständnis persönlich, nicht dienstrechtlich, und Ihr Votum wird auch nicht ins Protokoll aufgenommen. Es gibt nämlich keins.«
    Er wartete, bis alle Anwesenden, teils entschlossen, teils zögernd, zugestimmt hatten, und fuhr dann

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