Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)
den N-Raum-Tunnel gefunden, in dem vor dreißig Jahren die geschlagene Burgon-Flotte verschwunden war. Der Weg ins Hinterland des Feindes war frei!
Die Donnervögel
Niemand sah sie kommen.
Die Schöpfer der Burgons hatten das Problem der Spektralverschiebung gelöst und damit die Tarnung perfektioniert. Die hochgerüsteten Systeme der Fernortung blieben wirkungslos, und als die vernetzten Multifrequenzscanner der Nahfeldaufklärung endlich Alarm schlugen, war das Schicksal von Pendragon Base bereits besiegelt.
Bevor die Sirenen auf der Basis zu heulen begannen, hatte sich der Burgon-Schwarm längst in Kampfposition formiert – ein für menschliche Augen nach wie vor unsichtbarer Verband energiegeladener Entitäten, der in seiner konkaven Form einem umgekehrten Schild ähnelte.
Die scheinbare Zurückhaltung, mit der sich die Angreifer ihrem Ziel näherten, stand in schroffem Gegensatz zum hektischen Geschehen auf den Flugfeldern der Basis, wo das erste Dutzend Falken bereits in Startposition gerollt war, um sich dem unbekannten Feind entgegenzuwerfen. Noch immer schimmerten die Energiefelder über Pendragon Base in ihrem beruhigenden Blau, sodass die Bilder der getarnten Beobachtungssatelliten wenig Aufschlussreiches boten. Das änderte sich erst, als etwas den Schirm auf einer Fläche von mehreren Hundert Quadratmeilen durchbrach, ohne dass jedoch eine konkrete Ursache für das plötzlich entstandene Loch erkennbar wurde, aus dem die Atmosphäre entwich. Wenn die Basis bereits unter Feuer lag, dann war es ein unsichtbares Feuer, bei dem weder Urheber noch Ziel auszumachen waren.
Dass etwas Ungewöhnliches vorging, zeigte sich erst, als zwei startende Falken plötzlich miteinander kollidierten und in Flammen aufgingen. Vorher hatte einer der beiden Piloten abrupt die Richtung geändert. Anderen gelang der Start, doch sie hatten kaum an Höhe gewonnen, als etwas sie traf und buchstäblich in der Luft zerriss.
Wie gigantisch die auf den Planeten einwirkenden Kräfte tatsächlich waren, wurde erst offenbar, als plötzlich Risse auf den Flugfeldern sichtbar wurden, die sich blitzschnell ausbreiteten und schließlich das gesamte Areal wie ein dunkles Spinnennetz bedeckten.
Dann riss der Boden auf.
Riesige Schollen wurden herausgebrochen, schoben sich übereinander und stürzten wieder herab, wenn die entstandenen Gebilde instabil wurden. Die Decken unterirdischer Hangare und Munitionsdepots brachen ein; Explosionen rissen weitere Krater auf und verstärkten das chaotische Durcheinander, das eine wie auch immer geartete Gegenwehr völlig undenkbar erscheinen ließ. Von Dutzenden Bränden stieg grauer Rauch auf und jagte mit der entweichenden Atmosphäre hinaus in die Nacht. Schlagartig erloschen sämtliche Lichter, und der Energieschirm brach zusammen. In der von rötlichen Lichtblitzen durchzuckten Dämmerung verschwammen die Unterschiede zwischen unten und oben, dem bebenden Untergrund und den emporgeschleuderten Staub- und Trümmermassen. Doch trotz der zunehmenden Dunkelheit wurde der rhythmische Charakter der Erschütterungen immer deutlicher offenbar. Die gesamte Planetenkruste war in Bewegung geraten; sie verlor ihre Konsistenz und bot wenig später das unglaubliche Bild sich auftürmender Wogen eines aufgewühlten Ozeans. Aus Rissen wurden Kanäle, in deren Tiefe es kirschrot leuchtete, und dann brachen die ersten Magmafontänen wie flammende Geysire aus dem Boden.
Als die gewaltigen Erschütterungen Stunden später nachließen, gab es keine Gebäude mehr auf Pendragon Base, keine Flugfelder, keine Hangars oder Generatoren. Das aufgewühlte Meer aus flüssigem Stein hatte sie verschlungen, wie es auch jede Erinnerung an die Menschen verschlungen hatte. Es würde lange dauern, sehr lange, bis sich die Elemente beruhigt hatten und die Lava erkaltet war, aber dann würden die Burgons nicht mehr hier sein, denn ihre Mission stand erst am Anfang. Die Stationen ihres Feldzugs waren wie Tätowierungen in ihr rudimentäres Bewusstsein eingebrannt, das weder Furcht noch Mitleid, Trauer oder Schmerz kannte. Sie hatten alle Zeit der Welt, denn solange es ihnen gelang, ihre Energiespeicher aufzufüllen, waren sie beinahe unsterblich. Jetzt, da der Angriff einen Teil ihres Energievorrats aufgebraucht hatte, war die Zeit der Regeneration gekommen. In lockeren Verbänden strebten die Burgons der rötlich schimmernden Sonne entgegen wie ermüdete Reiter der nächsten Herberge …
Sie hatten keinen
Weitere Kostenlose Bücher