Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)
entdeckt. Das System gehörte ihnen, und so bestand auch kein Grund mehr für überzogene Vorsichtsmaßnahmen, die sie in ihrem Bewegungsspielraum einengten.
Die Sonne war mittlerweile fast fußballgroß, und in gleichem Maße, wie sich der kraftspendende Photonenstrom verstärkte, wuchs die Vorfreude der Burgons auf das Energiebad, das ihren Hunger für die nächste Zeit stillen würde.
Als die Helligkeit des Sterns schlagartig zunahm, reagierten sie mit einem instinktiven Schutzreflex. Innerhalb von Sekundenbruchteilen aktivierten sich ihre Gefechts-Schutzfelder, während automatische Regelkreise die Empfindlichkeit ihrer Sinnesorgane fast auf null zurückfuhren. Die erste Welle Röntgenstrahlung durchschlug zwar die Abschirmung, richtete aber kaum Schäden in ihrem Organismus an. Der nachfolgende UV-Lichtblitz blendete sie und durchzuckte ihr Nervensystem wie ein elektrischer Schlag, aber noch waren sie am Leben und imstande, ihrer Konditionierung zu folgen.
Zurück!, gellte der einprogrammierte Befehl durch ihr Bewusstsein, aber die Trägheit ihrer massigen Körper war zu groß, um die Flugrichtung kurzfristig zu ändern, geschweige denn, die rasante Vorwärtsbewegung in ihr Gegenteil zu verkehren.
Sie versuchten es dennoch, aber das heranrasende Plasma der ausgestoßenen Sternhülle war schneller. Als es den Schwarm erreichte, betrug seine Temperatur noch 80 000 Kelvin.
Die Burgons waren fast unsterblich – unter normalen Umständen. Aber das galt nicht für einen Sturz in eine Sonne, und so starben sie, ohne zu begreifen, was ihnen geschah. Ihre Körper verdampften innerhalb von Sekundenbruchteilen, wurden zu ionisiertem Gas und vergingen, ohne die geringste Spur zu hinterlassen.
Der Flug der »Donnervögel« war zu Ende, doch niemand sah sie sterben …
Das soll tatsächlich alles gewesen sein?, fragte sich Miriam, nachdem sie sich die Satellitenbilder mehr als ein Dutzend Mal angesehen hatte. Ein Beweis sieht anders aus …
Die Euphorie des ersten Augenblicks war längst der Ernüchterung gewichen. Bislang war alles nach Plan gelaufen, aber da jeglicher Beleg für die Vernichtung der Burgon-Flotte fehlte, hatte der Erfolg einen schalen Beigeschmack.
Vor ein paar Minuten hatte sie sich von Ray verabschiedet, der mittlerweile mit den evakuierten Einheiten auf dem Weg zurück nach Tharsis Base war. Sie hatten gewusst, dass dieser Tag irgendwann kommen würde, aber es hatte dennoch wehgetan. Die Worte, mit denen sie sich zu trösten versuchten, hatten schal geklungen, und am Ende war Miriam sogar erleichtert gewesen, als der Teilchensturm die Verbindung unterbrochen hatte. Es gab keinen Trost. Sie würde Ray nicht wiedersehen. Aber schlimmer noch war die Gewissheit, dass sie ihn nicht einmal vermissen würde – danach …
Als das Com-Signal ertönte und Ortega sie in den Besprechungsraum rief, war Miriam beinahe dankbar. Zu ihrer Überraschung waren sie nur zu viert: außer ihr selbst noch die Kommandantin, deren Stellvertreter Major Bannhauser und ein kleingewachsener Mann in einer Phantasie-Uniform ohne Rangabzeichen. Miriam war ihm schon einige Male an Bord begegnet, war aber noch nicht dazu gekommen, Ortega über ihn auszufragen. Er musterte sie aus flinken Wieselaugen und schnitt dazu eine Grimasse, die einem vertraulichen Grinsen sehr nahe kam. Sie ignorierte es.
»Danke für Ihr Kommen«, eröffnete Kommandantin Ortega die Besprechung förmlich. »Captain Katana und Mr. Fisher kennen sich noch nicht, also darf ich anmerken, dass Mrs. Katana für eine Sondermission vorgesehen ist, zu der ich gleich kommen werde, und dass Mr. Fisher sie als Pilot und Navigator begleiten wird.«
»Was – Sie schicken mich weg, LC?«, beschwerte sich der Zwerg überrascht.
»Es ist eine Ehre, Mr. Fisher, für die andere sehr viel geben würden«, erwiderte Ortega ungerührt. »Mr. Fisher besitzt deshalb keinen militärischen Dienstrang, weil er ihn aufgrund seines Betragens sofort wieder verlieren würde«, ergänzte sie und zwinkerte Miriam zu. »Aber er ist nun einmal unser bester Pilot.«
Der Nachsatz schien den kleinen Mann etwas zu besänftigen, dennoch blieb seine Miene undurchdringlich, und der Blick, mit dem er Miriam bedachte, war alles andere als wohlwollend.
»Unsere Instruktionen sind eindeutig, was die Aufgabenverteilung angeht«, fuhr die Kommandantin fort. »Also geht es heute ausschließlich um verfahrenstechnische Fragen. Captain Katana und Mr. Fisher werden im Anschluss auf die
Weitere Kostenlose Bücher