Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)
genügen, nicht aber jemandem, der eigene Interessen zu wahren hat. Ich bin allerdings autorisiert, Ihnen Belege für unsere These vorzulegen, falls wir zu einer Vereinbarung kommen.«
»Dann sollten Sie jetzt zur Sache kommen, Pater«, erwiderte Farr, nachdem er bewusst mehrere Sekunden hatte verstreichen lassen. Noch einmal wollte er sich keine Blöße geben.
»Wie Sie möchten, Colonel.« Der Besucher lächelte zuvorkommend, aber sein Blick blieb diesmal ernst. »Wie wir erfahren konnten, stellen Sie gerade die Crew für eine privat finanzierte Mission zusammen, die den Verbleib des im Goleaner-System verschwundenen Schiffes und seiner Besatzung aufklären soll. Der Orden möchte sich an dieser Mission beteiligen.«
»Das ist …«, Farr unterbrach sich und versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Natürlich war der Vorschlag unannehmbar, aber vielleicht lohnte es sich dennoch, mehr darüber zu erfahren. Ablehnen konnte er immer noch.
»… ein überraschendes Angebot«, fuhr er schließlich fort. »Erstens hatte ich gehofft, das Vorhaben so lange wie möglich geheim zu halten …«
»Und zweitens?« Diesmal schaffte es das Lächeln den Weg bis in die Augen des Paters.
»… ist Ihr Anliegen schon ein wenig ungewöhnlich. Schließlich habe ich mich nicht aus dem aktiven Dienst zurückgezogen, um Weisungen von anderer Seite entgegenzunehmen.«
»Ich bitte Sie, Colonel«, erwiderte der Besucher besänftigend. »Von Weisungen war niemals die Rede. Wir bitten Sie ausschließlich um die Möglichkeit, einen unserer Patres als Passagier mitreisen zu lassen. Darüber hinaus gehen Sie dem Orden gegenüber keinerlei Verpflichtungen ein. Und niemand erwartet von Ihnen, dass Sie uns diesen Wunsch aus reiner Nächstenliebe erfüllen.«
»Weshalb sonst?«, konnte sich Farr nicht enthalten zu fragen. »Es dürfte Ihnen ja nicht entgangen sein, dass die Mission nicht unter Finanzierungsschwierigkeiten leidet.«
»Das ist richtig, Commander«, bestätigte der Ordensmann. »Wir hatten an eine andere Gegenleistung gedacht.« Vielleicht war das »Commander« wirklich nur ein falscher Zungenschlag, aber Farr glaubte nicht daran. Pater Markus schien überzeugt zu sein, dass er das Angebot annehmen würde. Aber was machte ihn so sicher?
Raymond Farr musterte sein Gegenüber und wartete. Doch der junge Priester zeigte keinerlei Anzeichen von Ungeduld oder gar Nervosität. Er schien weiterhin alle Zeit der Welt zu haben.
Schließlich gab Farr auf: »Welche Gegenleistung?«
»Die bereits zugesagten Informationen, die Sie von niemandem sonst erhalten könnten. Und möglicherweise können wir Ihnen sogar einen Kontakt zu den Angels vermitteln.« Als er Farrs ungläubigen Gesichtsausdruck bemerkte, setzte er hinzu: »Wenn Sie mich nach Agion Oros begleiten und ein wenig Geduld mitbringen.«
»Wenn das Ihr Ernst ist …«, erwiderte Farr mit belegter Stimme, ließ den Satz dann aber unvollendet. Er hatte noch nie gehört, dass die Patres einem Außenstehenden Zutritt zu ihrem Allerheiligsten gewährt hätten. Der Ort, den die Ordensbrüder nach seinem irdischen Vorbild Athos »Heiliger Berg« nannten, war streng von der Außenwelt abgeschirmt. Es gab weder Linienflüge dorthin noch wurden Pilgern oder gar gewöhnlichen Besuchern Visa erteilt. Die Koordinaten des Himmelskörpers, von dem aus die Geschicke des Ordens gelenkt wurden, waren zwar nicht wirklich geheim, wurden aber auch nicht in öffentlichen Archiven publiziert. Vermutlich wollte man auf diese Weise die Zahl der Abenteurer und Spaßtouristen vermindern, die auf eigene Faust versuchten, nach Agion Oros vorzudringen. Gerüchten zufolge existierte rings um den Ordensplaneten eine ausgedehnte Sicherheitszone, innerhalb derer ein allgemeines Flugverbot herrschte, das vom Militär sichergestellt wurde. Wenn dem so war, gab es sicherlich Möglichkeiten, das herauszufinden.
Noch unglaublicher war allerdings das andere Angebot. Immerhin war es inzwischen schon fast zehn Standardjahre her, seitdem sich die Angels aus den Siedlungsgebieten der Menschen zurückgezogen hatten. Die Admiralität zumindest wusste nichts von irgendwelchen vielleicht noch bestehenden Kontakten, davon war Farr überzeugt. Ein Direktkontakt hätte die zahlreichen offenen Fragen seines Berichtes ja umgehend klären können. Und jetzt spazierte dieser Bursche einfach hier herein und bot ihm eine Audienz an? Wenn das kein Bluff war – und aus irgendeinem Grund war Raymond Farr überzeugt davon –, dann war
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