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Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)

Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)

Titel: Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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das eine Chance, endlich Gewissheit zu bekommen, vielleicht sogar die einzige …
    »Sie müssen sich nicht sofort entscheiden, Commander«, meldete sich sein Besucher erneut zu Wort. »Ich bin im hiesigen Gästehaus einquartiert und rund um die Uhr für Sie zu erreichen.« Er lächelte nicht mehr, wofür ihm Farr insgeheim dankbar war. Sonst wäre er sich noch mehr wie ein Eingeborener vorgekommen, dem man ein paar bunte Glasperlen in den Schoß geworfen hatte, um sie gegen Goldschmuck einzutauschen. Aber war es in diesem Fall nicht eher umgekehrt? Der Aufwand für ein zusätzliches Crew-Mitglied war überschaubar, und eine Gefahr stellte ein einzelner Passagier vermutlich auch nicht dar. Aber was zum Teufel versprachen sich die Ordensmänner überhaupt von dieser Mission, über deren Ablauf und Zielsetzung er sich ja noch nicht einmal selbst im Klaren war?
    »Sie fragen sich vielleicht, warum wir uns überhaupt in dieser Angelegenheit engagieren, die doch eher weltlicher Natur zu sein scheint. Ist es das, was Sie irritiert, Commander?«
    Farr nickte und fragte sich, ob er wirklich so leicht zu durchschauen war. Außerdem missfiel ihm das unausgesprochene Fragezeichen, mit dem sein Gast den Begriff »weltlich« versehen hatte. Er hatte zwar den Dienst quittiert, aber in seinem Wesen war er nach wie vor Soldat und schätzte klar abgesteckte Fronten. Deshalb verunsicherte ihn das unverhoffte Angebot des Ordens nicht nur, es verstärkte auch das Gefühl einer ungreifbaren Bedrohung, das ihn seit seinem Besuch auf Malmari Bay nicht mehr losgelassen hatte. Aber das war nicht leicht in Worte zu fassen …
    »Das ist nur ein Teil meines Problems, Pater«, gab er schließlich zu. »Natürlich bin ich bereit, Sie zu begleiten, sobald ich ein paar wichtige Dinge erledigt habe. Nur habe ich das ungute Gefühl, dass Sie in mir nur einen Erfüllungsgehilfen sehen und keinen Partner. Um es in ein Bild zu bringen: Wenn es im Haus nach Schwefel riecht, dann kann es ein Kind sein, das mit seinem Chemiebaukasten spielt, oder aber …« Er lächelte hilflos.
    »Und Sie meinen, es riecht nach Schwefel«, erwiderte der Besucher ernst. Es war keine Frage, und so zuckte Farr auch nur mit den Schultern.
    »Dann verstehen Sie auch, weshalb wir uns Sorgen machen, Commander. Ich kann Ihnen aber schon jetzt versprechen, dass wir im Fall Ihrer Zusage unser Wissen ohne Vorbehalte mit Ihnen teilen werden. Vielleicht sind unsere Befürchtungen ja auch gegenstandslos.«
    »Vielleicht«, stimmte Farr zu. Mehr gab es im Moment auch nicht zu sagen.
    Bevor der Besucher aufstand, öffnete er seinen Aktenkoffer und nahm einen winzigen, kaum briefmarkengroßen Chip aus einer Plastikhülle.
    »Lesen Sie diese Daten bitte in Ihr Com-Armband ein. Sie finden dann im Adressbuch unter ›Markus‹ eine geschützte Verbindung, über die Sie mich jederzeit erreichen können. Den Chip sollten Sie anschließend vernichten.«
    »Danke, Pater, Sie hören von mir.«
    »Gott schütze Sie, Commander.«
    Die beiden Männer schüttelten sich die Hände; dann brachte Farr seinen Gast zur Tür. Er beobachtete über den Überwachungsmonitor, wie der junge Mann den Korridor durchquerte, mit dem Lift nach unten fuhr und schließlich das Gebäude verließ.
    Als hätte ich es geahnt, seufzte er innerlich. Es ist noch nicht vorbei …
        

Die Ordensburg

    Die Reise nach Agion Oros verlief unspektakulär. Ein Linienraumschiff brachte sie via N-Raum-Transfer nach New Horizon, dem größten Weltraumbahnhof der südöstlichen Hemisphäre, wo sie über ein separates Gate in ein Shuttle-Raumschiff des Ordens umstiegen.
    Die Gryphus war kein großes Schiff und bot selbst bei maximaler Auslastung nur etwa dreißig Passagieren Raum. Nach Bruder Leonhardts Aussage pendelte ein halbes Dutzend solcher Shuttles zwischen New Horizon und dem Ziel ihrer Reise hin und her. Farrs Kabine war winzig, wirkte aber trotz ihrer spartanischen Ausstattung nicht billig oder gar primitiv. Bettstatt und Möbel waren aus Echtholz, das schon leicht nachgedunkelt schien, aber keinerlei Kratzer oder Beschädigungen aufwies. Es gab kein Multimedia-Terminal, dafür ein gut bestücktes Bücherbord, das zu Farrs Verblüffung auch weltliche Literatur enthielt. Der einzige Schmuck war eine Ikone mit dem Bild der Heiligen Mutter. Wenn es eine Kopie war, dann eine ungewöhnlich gute. Auf einem normalen Schiff wäre sie wohl keine Woche an ihrem Ort geblieben …
    Die Überfahrt dauerte volle drei Wochen, und

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