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Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)

Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)

Titel: Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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Anstalten zu antworten, aber in seinem Blick lag nun ein Ausdruck, der Farr mehr verunsicherte, als es eine direkte Antwort vermocht hätte: Mitleid.
    Im Moment des Begreifens begann Raymond Farr zu zittern.
    Es war kein Zittern, wie Frost es hervorzurufen vermag, und auch nicht jene ängstlich-bebende Unruhe wie vor einer wichtigen Prüfung. Wenn überhaupt, dann ähnelte es in seiner Intensität einem Anfall von Schüttelfrost, allerdings mit dem Unterschied, dass Farr schlagartig die Kontrolle über seinen Körper verlor. Seine Finger flatterten wie die Flügel eines sterbenden Schmetterlings, und es gab nichts, was er dagegen tun konnte. Seine Muskeln verweigerten ihren Dienst, mehr noch, sie unterwarfen sich selbst dem Rhythmus dieses Bebens, das seinen Körper erfasst hatte und ihn durchschüttelte wie die Faust eines zornigen Riesen. Raymond Farr fror, und in einem Augenblick namenlosen Schreckens spürte er, wie sich etwas Kaltes auf seine Brust legte und ihm Herzschlag und Atem nahm.
    Dann war es vorbei, der Krampf löste sich genauso rasch, wie er gekommen war. Die Anspannung wich, und dankbar registrierte Ray, wie Wärme und Gefühl in seine Glieder zurückkehrten.
    »Fühlen Sie sich nicht wohl?«, fragte jemand, den Farr erst als Pater Markus erkannte, als er in die Wirklichkeit zurückgekehrt war.
    »Danke, es ist schon vorbei«, erwiderte er mit belegter Stimme. Er spürte die besorgten Blicke der beiden Patres auf sich ruhen, die wohltaten und ihn gleichzeitig beschämten. Er wollte ihr Mitleid nicht. Verstohlen bewegte er Füße und Zehen und spannte unmerklich seine Muskeln an. Erst als er sich vergewissert hatte, dass ihm sein Körper wieder gehorchte, sprach er aus, was sich ihm in jenem entsetzlichen Augenblick der Klarheit offenbart hatte:
    »Ihre Antwort erübrigt sich, Pater Theodorus. Aber Sie müssen sich keine Sorgen machen. Ich bin bereit.«
    Der Provinzial deutete ein Verbeugung an, während sich Pater Markus bekreuzigte.
    »Ich wusste es, Commander«, sagte der kleine kahlköpfige Mann und lächelte traurig. »Wenn überhaupt jemand diese Last tragen kann, dann sind Sie es. Die Heilige Mutter wird mit Ihnen sein.«
    »Danke«, erwiderte Farr knapp. Er fühlte sich wie zerschlagen und fragte sich, ob er es in diesem Zustand überhaupt bis in sein Zimmer schaffen würde. An den morgigen Tag wollte er nicht denken und erst recht nicht an die Begegnung, die ihm bevorstand …
        

Die Begegnung

    Der Weg, der sich in engen Serpentinen aufwärtswand, war kaum breiter als ein Ziegenpfad und ließ jede Bequemlichkeit vermissen. Längst hatten sie den Schatten des Waldes hinter sich gelassen, ebenso wie das tröstliche Geläut der Ziegenglocken jenseits des Weges. Hier oben wuchsen nur noch einzelne Lorbeerbäume, Dornensträucher und Büschel hartblättriger Gräser.
    Mittlerweile waren sie schon über eine Stunde unterwegs, und Farr konnte nicht umhin, die Kondition seines Begleiters anzuerkennen. Offenbar hielten sich die Patres nicht nur in spiritueller Hinsicht fit. Der Atem des Paters ging inzwischen zwar vernehmlich schwerer, aber er hielt noch immer das Tempo. Natürlich hatten sie unterwegs hin und wieder innegehalten, wenn ein besonders schönes Panorama oder eine der zahlreichen Kapellen jenseits des Weges ihre Blicke auf sich gezogen hatte, aber von einer wirklichen Verschnaufpause konnte bislang nicht die Rede sein. Von seinem Begleiter wusste Farr, dass die Kapelle des Heiligen Franziskus ihr Ziel war, die die Patres auf einem Felsvorsprung unterhalb des Gipfels errichtet hatten. Auf seine Frage, wie sie das denn ohne Maschinen und befestigte Wege bewerkstelligt hätten, hatte Pater Markus nur gelächelt: »Mit Geduld und Gottes Hilfe.« Vielleicht waren Arbeiten wie diese eine Erklärung dafür, dass Farr auf Agion Oros noch keinem wirklich fettleibigen Pater begegnet war …
    »Wie haben Sie überhaupt erfahren, dass wir sie dort heute antreffen können?«, wollte Farr wissen.
    »Zwei unserer Brüder kümmern sich um die Kapelle«, erwiderte Pater Markus. »Sie übernachten in einer Felsenhöhle ganz in der Nähe und kommen nur selten ins Tal.«
    »Und die haben Sie heute Morgen angerufen?«
    »Natürlich nicht. Dergleichen wäre auch kaum mit ihren Exerzitien vereinbar. Aber es gibt eine Art Signalcode, mit dessen Hilfe sie Nachrichten übermitteln können.«
    »Und wie funktioniert das?«
    »Über Spiegel«, erwiderte Pater Markus lächelnd. »Einfache Lösungen haben

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