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Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)

Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)

Titel: Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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Bis der Tag kommt, an dem er ohne eigene Schuld alles verliert: die Zukunft der Familie, sein Vermögen und schließlich auch noch seine Gesundheit. Sie wissen natürlich, von wem ich spreche: Dimitris Leandros.«
    Farr nickte.
    »Gut«, fuhr der Ordensmann fort. »Im alten Testament heißt dieser Mann Hiob aus dem Land Uz. Er hat sieben Söhne, drei Töchter und besitzt Tausende von Kamelen, Rindern und Schafen. Auch ihm bleibt das Glück treu, bis Satan den HERRN überzeugt, Hiob auf die Probe zu stellen, indem er ihm alles nimmt, was er besitzt, um seinen Glauben zu prüfen. Am Ende erkennt Hiob trotz aller Unbill die Größe Gottes an und bereut seine zwischenzeitlichen Zweifel. Und der HERR vermehrt alles, was Hiob besessen hatte, auf das Doppelte. So weit die Überlieferung.
    Wie wir wissen, verliert auch Leandros durch den Burgon-Angriff auf Pegasos Forest alles, was ihm etwas bedeutet hat. Er erleidet einen schweren Schlaganfall und liegt schließlich – zumindest nach Auffassung der behandelnden Ärzte – sogar im Sterben. Doch dann taucht plötzlich dieser seltsame Priester in der Klinik auf, den niemand von Nahem gesehen haben will, und plötzlich ändern sich die Dinge. Leandros’ Zustand stabilisiert sich unerwartet rasch, sein Firmenimperium entgeht dem Zusammenbruch und gelangt zu neuer Blüte, und die Familie siedelt nach Malmari Bay über, einem angeblich terraformten Planetoiden, der aber vor ein paar Dutzend Jahren noch nicht einmal existiert hat.«
    »Wofür die Aufnahme in Ihrem Dossier sicher noch kein hinreichender Beweis ist«, wandte Farr ein. »Oder gibt es noch andere Aufnahmen aus dieser Zeit?«
    »Leider nein«, gab Pater Theodorus zu. »Aber sie ist ein Indiz, ebenso wie das von uns zwischenzeitlich eingeholte Gutachten von Professor Matthieu, einem anerkannten Planetologen und Terraforming-Experten.«
    »Und was schreibt dieser Professor?«, fragte Farr gespannt.
    »Dass ein so komplexes Ökosystem wie das auf Malmari Bay nicht durch Terraforming entstanden sein kann.«
    Farr spürte, wie sich ein flaues Gefühl in seiner Magengegend ausbreitete. Also hatte er sich doch nicht getäuscht, damals. Etwas war falsch gewesen an diesem Ort, falsch und bedrohlich …
    »Und wie erklärt er, dass es trotzdem existiert?«
    »Gar nicht.« Der Ordensmann lächelte. »Das ist auch nicht seine Aufgabe, und Spekulationen dürfen Sie von einem Wissenschaftler seiner Reputation nicht erwarten.«
    Raymond Farr lehnte sich zurück und versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Doch die Informationen, die er in den letzten Stunden erhalten hatte, wollten sich nicht zu einem Bild zusammenfügen. Die Besorgnis der Patres schien echt, auch wenn ihn diese Hiob-Geschichte bislang nicht überzeugte. Aber vielleicht gab es ja noch eine Pointe …
    »Entschuldigen Sie, ich hatte Sie unterbrochen«, versuchte er, den Faden wieder aufzunehmen. »Was ist eigentlich mit diesem Geschäftsführer, der bei Leandros angeheuert hat? Diesem Dr. Procturro?«
    Die beiden Ordensmänner tauschten einen Blick, und Farr hatte den Eindruck, dass Pater Markus blass geworden war.
    In jedem Fall war er bei der Erwähnung des Namens leicht zusammengezuckt.
    »Diese Person ist auch für uns ein Rätsel«, erklärte der Provinzial. Seine Hand berührte wie zufällig den rechten Arm seines Untergebenen, vielleicht, um ihn von einer unbedachten Äußerung abzuhalten. »Normalerweise werden Positionen dieser Bedeutung entweder aus dem engsten Familienkreis oder mit Mitarbeitern besetzt, die sich im Wirtschaftsleben bereits einen Namen gemacht haben. Dieser Dr. Procturro dagegen ist buchstäblich aus dem Nichts aufgetaucht und sofort zum Geschäftsführer eines der ältesten und bedeutendsten Unternehmen der Föderation ernannt worden. Das wirft natürlich Fragen auf, zumal wir fürchten …«, er tauschte einen Blick mit seinem Untergebenen, »… dass der Name dieser Person Programm ist.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Ein Anagramm«, erwiderte Pater Markus anstelle seines Oberen. Die Farbe war in sein Gesicht zurückgekehrt, aber seine Haltung verriet nach wie vor höchste Anspannung. »Wenn Sie die Buchstaben vertauschen, entsteht der lateinische Begriff ›corruptor‹, was so viel wie ›Verführer‹ oder ›Verderber‹ bedeutet. Dieses Geschöpf versucht gar nicht erst, seine Absichten zu verschleiern, sondern verhöhnt ganz offen unseren Glauben.«
    »Sie meinen, dieser Dr. Procturro wäre tatsächlich so etwas wie der Teufel?«,

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