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Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)

Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)

Titel: Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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Jahre alt und zeigte in etwa die gleiche Region. Aus welcher Quelle sie stammte, war nicht angegeben. Durch die zahlreichen Hintergrundsterne war die Orientierung schwierig, aber Farr ahnte, wonach er zu suchen hatte, und wurde tatsächlich fündig. Ungläubig starrte er auf das ältere Bild, doch im Grunde war kein Zweifel möglich: Der Kleinplanet, der als HD 69830f in sämtlichen Katalogen verzeichnet war, war nicht an seinem Platz! Wenn das Bild authentisch war, dann war die offizielle Geschichte eine Fälschung. Es konnte kein Terraforming gegeben haben, denn Malmari Bay hatte vor kaum hundert Standardjahren noch nicht einmal existiert!
      
    »Sie verstehen den Grund unserer Besorgnis.« Pater Theodorus, ein kleiner kahlköpfiger Mann, der Farr als Provinzial-Superior vorgestellt worden war, nickte bedächtig.
    Sie hatten das Refektorium nach dem Abendessen verlassen und einen weitläufigen, aber nur spärlich möblierten Nebenraum der Bibliothek aufgesucht, in dem sie ungestört waren. Pater Markus hatte während der Mahlzeit ebenso geschwiegen wie sein Vorgesetzter, was kaum dazu beitrug, Farrs Befangenheit zu mindern. Dazu kam, dass der Provinzial trotz seiner wenig beeindruckenden Statur eine schwer zu beschreibende Aura natürlicher Autorität ausstrahlte, der sich der mit hierarchischen Ordnungen vertraute ehemalige Offizier nicht entziehen konnte.
    »In gewisser Weise schon«, erwiderte Farr vorsichtig, »obwohl es mir immer noch schwerfällt, die offensichtlichen Ungereimtheiten in einen Zusammenhang zu bringen. Im Grunde bin ich immer noch auf der Suche nach einer rationalen Erklärung.«
    »Ich darf Ihnen versichern, Mr. Farr, dass der Orden einer derartigen rationalen Erklärung ebenfalls den Vorzug vor sämtlichen Alternativen geben würde«, erklärte der Obere mit einem freudlosen Lächeln. »Nur sprechen die Umstände leider nicht dafür. Wie mir Pater Markus berichtete, haben Sie es ja selbst schon recht treffend ausgedrückt: Es riecht nach Schwefel im Haus, und das Kind mit dem Chemiebaukasten ist nirgendwo zu sehen …«
    »Sie glauben tatsächlich an eine übernatürliche Ursache, Pater?« Die Skepsis in Farrs Stimme war vermutlich nicht zu überhören.
    »Glaubensfragen stehen hier nicht zur Disposition, Mr. Farr«, erwiderte der Provinzial nachsichtig. »Aber wenn wir unserer Verantwortung vor Gott und den Menschen gerecht werden wollen, dann dürfen wir die Augen nicht vor den Tatsachen verschließen. Und es ist leider offensichtlich, dass hier Kräfte am Wirken sind, für die unsere Regeln nicht gelten.«
    »Welche Regeln meinen Sie? Die der Naturwissenschaften?«
    »Unsere Befürchtungen gehen darüber hinaus. Bis jetzt ist es nur ein Verdacht, und wir alle hoffen und beten, dass er sich nicht bewahrheitet …« Der Provinzial bekreuzigte sich, und Pater Markus tat es ihm nach.
    »Ich verstehe immer noch nicht«, entgegnete Farr unangenehm berührt. »Worauf wollen Sie eigentlich hinaus?« Aus irgendeinem Grund erinnerte er sich plötzlich an ihren Abflug von Malmari Bay und das seltsame Gefühl der Unwirklichkeit, das er damals empfunden hatte. Etwas stimmte nicht, aber er hatte nie herausgefunden, was.
    »Sie spielen mit uns!«, brach es plötzlich aus dem jungen Priester hinaus.
    Auf seinen Wangen bildeten sich rötliche Flecken. »Sie benutzen unseren Glauben, um ihn mit Füßen zu treten …«
    »Das wissen wir nicht, Bruder Markus«, unterbrach ihn Pater Theodorus, ohne die Stimme zu heben. Der Jüngere neigte den Kopf und murmelte etwas in einer Sprache, die Farr nicht verstand.
    »Was Pater Markus meint«, wandte sich der Provinzial an seinen Gast, »ist der Umstand, dass die Ereignisse um die Familie Leandros in beunruhigender Weise einer Überlieferung aus dem alten Testament ähneln. Nur dass am Ende jemand dafür sorgt, dass die Geschichte einen anderen Ausgang nimmt als den überlieferten. Und dieser Jemand ist vieles, aber bestimmt kein Mensch.«
    »Das müssen Sie mir erklären.« Farr tauschte einen Blick mit Pater Markus, der sich offensichtlich wieder gefangen hatte.
    »Natürlich, obwohl Ihnen die Tatsachen schon aus dem Dossier bekannt sein dürften, das wir für Sie vorbereitet hatten.«
    »Das ist richtig, aber mir fehlt immer noch der entscheidende Zusammenhang.«
    »Uns auch, Mr. Farr, aber einige Dinge kann ich Ihnen erläutern. Es geht um einen angesehenen, glaubensfesten und überaus wohlhabenden Mann, dem das Glück auf allen Gebieten hold zu sein scheint.

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