Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)
Hemera lief bereits.
Die gute Nachricht stammte von Roberta, die schon auf dem Weg nach Tharsis Base war und ihm am Nachmittag ihre neuen Mitstreiter vorstellen wollte. Farr hatte gern eingewilligt, erstens, weil er sich auf das Wiedersehen freute, und zweitens, weil er gespannt war, ob sich seine Vorstellung von Ortegas Entourage – groß, gut aussehend, bärenstark – bewahrheiten würde.
Falls sie sich bezüglich der Neuverpflichtungen einig würden, wäre die Besatzung der Hemera endlich vollständig und mit Ausnahme von Pater Markus auch bereits vor Ort.
Neben dem Ordensbruder stammte nur ein einziges Mitglied der Mannschaft nicht aus dem militärischen Umfeld. Vielleicht hätte Farr dem Drängen des kleinen Mannes nicht nachgeben sollen, der sich ihm vor zwei Wochen als Zwillingsbruder des mit der Nemesis verschollenen Robert Fisher vorgestellt hatte. Persönliche Betroffenheit konnte den Blick trüben, wie Ray nur zu gut wusste. Dennoch hatte er es nicht übers Herz gebracht, den Zwerg abzuweisen, zumal Fisher II erstklassige Referenzen vorzuweisen hatte. Das Schiff würde vorwiegend jenseits der erschlossenen Routen operieren, und die Crew konnte einen erfahrenen Navigator brauchen.
Die Besatzung der Hemera bestand somit aus zwölf Personen: Martin Koenig als Pilot, David Fisher als Navigator, Kaito Masao als Waffenmeister, Anatoli Koroljov als Bordingenieur, Edward Chang als Triebwerkstechniker, Annie Lefevre als Sanitäterin und Köchin, Pater Markus als Chronist und Archivar, Roberta Ortega als Leiterin der Einsatzgruppe und stellvertretende Kommandantin, die drei neu angeworbenen Marines als Einsatzgruppe und er selbst als Kommandant.
Gemessen an der Zahl der Interessenten hätte Farr eine zahlenmäßig weitaus stärkere Crew zusammenstellen können, aber er hatte sich bewusst dagegen entschieden. Die Suche nach der Nemesis war eine private, keine militärische Mission und stand unter seiner alleinigen Verantwortung. Die Leandros-Gruppe finanzierte die Suchexpedition zwar, war aber offiziell nicht beteiligt. Angesichts der unkalkulierbaren Risiken hatte Farr die personelle Besetzung auf das notwendige Minimum beschränkt. Die eindeutige Aufgabenzuordnung schloss zudem Konkurrenzsituationen weitgehend aus.
Es gab zudem noch eine psychologische Komponente: Die meisten Besatzungsmitglieder hatten in Ortegas ehemaligem Kampfgeschwader gedient, das nach ihrer Demission aufgelöst worden war. Sie waren mit einem oder mehreren der Verschollenen befreundet gewesen und betrachteten die Suche nach ihnen als Ehrensache. Farr musste sie nicht besonders motivieren oder mit Prämien ködern, wie es bei Außenstehenden der Fall gewesen wäre. Pater Markus war ein Sonderfall, dennoch hatte Farr entschieden, ihn nicht als Passagier, sondern als Crewmitglied zu behandeln. Der Ordensmann beteiligte sich allerdings auf eigene Gefahr und hatte selbst darauf bestanden, dass eine diesbezügliche Vereinbarung zu den Unterlagen genommen wurde.
Die Mannschaft war also so gut wie komplett, und das Schiff stand bereits auf dem Startgelände, wo es derzeit beladen und aufgetankt wurde. Die Hemera war ein leichter Raumkreuzer der Spirit-Klasse und bis vor wenigen Monaten in einem Aufklärungs-Geschwader im Einsatz gewesen. Im Rahmen der allgemeinen Truppenreduzierung war die vormalige Midnight Star außer Dienst gestellt, abgerüstet und eingelagert worden.
Der Preis, den Ray für das zwölf Jahre alte Sprungschiff an das Flottenkommando gezahlt hatte, war niedriger gewesen als die Chartergebühren für ein gleichwertiges Schiff zuzüglich der obligatorischen Versicherungsprämie. Teurer und trotz seiner Verbindungen nur schwer in der gewünschten Qualität zu beschaffen, war eine angemessene Bewaffnung. Die bürokratischen Hürden waren fast unüberwindlich und die Ordner mit Formularen, Genehmigungsanträgen und Unbedenklichkeitserklärungen aller möglichen Behörden inzwischen prall gefüllt.
Dennoch war es ihm gelungen, die Standardbewaffnung durch eine Reihe spezieller Abschussvorrichtungen, Raketen und Marschflugkörper so zu ergänzen, dass sie unterwegs zumindest nicht wehrlos waren. Natürlich konnte ein so kleines Schiff feindlichen Streitkräften nicht ernsthaft Paroli bieten, aber gegen ein paar versprengte Burgons sollte sich die Hemera schon durchsetzen können.
Kaito Masao hatte zudem die Ansteuerungs- und Bildauswertungssoftware der Spezialkameras noch einmal modifiziert und war überzeugt, deren
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