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Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)

Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)

Titel: Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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Schwachpunkte beseitigt zu haben. Raymond Farr rechnete allerdings nicht mit einer erneuten Konfrontation. Wen oder was sollten die Burgons jetzt noch verteidigen, nachdem ihre Schöpfer geflohen waren und ihre Sonne nicht mehr existierte?
    Falls sie nicht mehr existiert, korrigierte er sich. Die Aufnahmen der Santa Esmeralda von der explodierenden Sternhülle waren zwar eindeutig, aber darüber hinaus gab es keinerlei Beweis, dass der Stern danach tatsächlich erloschen war. Kommandantin Ortega hatte aus begreiflichen Gründen nicht warten wollen, bis der Partikelsturm ihr Schiff erreicht hatte. Folglich gab es auch keine Aufnahmen des Danach, und es würde noch reichlich 3 000 Standardjahre dauern, bis sich das Ereignis vom Gebiet der Föderation aus visuell beobachten ließ. So lange würde das Licht des – vielleicht – erloschenen Sterns noch unterwegs sein. Sie selbst würden sich früher Gewissheit verschaffen, aber bis dahin war noch einiges zu erledigen …
    Raymond Farr packte ein paar Unterlagen zusammen und verließ sein Apartment in Richtung Testgelände.
    Die Hemera war nur eines von gut zwei Dutzend Schiffen, die auf dem Testgelände zum Start vorbereitet wurden. Tharsis Base war der größte Flottenstützpunkt der Föderation, und jeder neue Prototyp eines für militärische Zwecke eingesetzten Raumschiffes oder Shuttles wurde hier getestet.
    Mit ihren 52 Metern Rumpflänge gehörte die Hemera eher zur unteren Mittelklasse, aber der Eindruck relativierte sich für Raymond Farr jedes Mal, wenn er aus seinem Buggy stieg und den Startplatz inspizierte. Dann rückten die Silhouetten der größeren Schiffe in den Hintergrund, und der mattschwarze, elegant geschwungene Rumpf seines Schiffes reckte sich zu einschüchternder Kirchturmhöhe empor.
    Obwohl Farr schon wesentlich größere Schiffe kommandiert hatte – zuletzt die inzwischen fast schon legendäre Lancelot –, empfand er dennoch ein unangenehmes Kribbeln in der Magengegend, wenn er mit dem Fahrstuhl an der Außenwand aufwärtsfuhr und der Boden unter ihm zurückblieb. Erst mit dem Passieren der Einstiegsschleuse verlor sich dieses seltsame Gefühl, das ihm im Nachhinein fast ein wenig peinlich war.
    Auf der Brücke erwartete ihn das gewohnte Bild: flimmernde Monitore, lose Geräteabdeckungen, herumhängende Kabel und dazwischen gebückt oder am Boden kniend Masao und Koroljov. Offenbar hatten sie sein Eintreten nicht einmal bemerkt.
    Farr fragte sich, wie lange sie schon wieder hier waren. Kaito Masao neigte normalerweise nicht zum Aktionismus. Sein rundliches Buddha-Gesicht war zwar vor Anstrengung gerötet, dennoch wirkte er ausgeschlafen und sein Hemd war so blütenweiß, dass er es wohl erst am Morgen frisch angezogen hatte. Ganz anders Koroljov, der mit einem verträumten Lächeln das Innenleben einer halb zerlegten Rechnereinheit fixierte und aussah wie ein übernächtigter Landstreicher. Wahrscheinlich hatte er wieder die halbe Nacht durchgearbeitet, falls er überhaupt geschlafen hatte. Farr hatte es aufgegeben, sich danach zu erkundigen, was er die ganze Zeit über trieb. Solange Koroljov sich an ihre Abmachung hielt, mussten ihn die Einzelheiten auch nicht unbedingt interessieren. Er war ohnehin kein Fachmann, was Künstliche Intelligenzen anbetraf.
    Sie hatten vereinbart, dass Koroljov die vorhandenen Funktionen der Schiffs- und Waffenleittechnik unangetastet ließ und ausschließlich Erweiterungen im Bereich der zentralen Komponenten der Schiffsintelligenz vornahm. Außerdem sollten die Zusatzmodule und -funktionen abschaltbar gestaltet werden, sodass sich der Urzustand jederzeit wiederherstellen ließ.
    Das Durcheinander, das heute, nur drei Tage vor dem geplanten Start, in der Kommandozentrale herrschte, ließ diese Regelung nicht unangemessen erscheinen.
    Farr räusperte sich und sah Koroljov erschrocken zusammenzucken. Offenbar war er in Gedanken sehr weit weg gewesen.
    »Guten Tag, die Herren.«
    »Guten Tag, Commander.« Der Bordingenieur mit dem sommersprossigen Jungengesicht wirkte eine Spur verlegen, als er Farr die Hand reichte. Vermutlich war er sich des chaotischen Eindrucks bewusst, den sein Wirkungsfeld hervorrufen musste. Kaito Masaos Miene strahlte dagegen wie stets unerschütterliches Wohlwollen aus.
    »Ich will Sie gar nicht lange aufhalten«, begann Farr und bedeutete den beiden, es sich bequem zu machen. »Trotzdem brauche ich natürlich ein paar Informationen zum Stand der Arbeiten.« Um seinem Anliegen die

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