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Götterdämmerung (German Edition)

Götterdämmerung (German Edition)

Titel: Götterdämmerung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Schwarzer
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wollte. Sie musste die Roboter davon überzeugen, dass sie eine von ihnen war – auch wenn das nicht stimmte.
    Dass sie überhaupt noch einmal an diesen Ort im Park zurückgekehrt war, lag an ihrem Gewissen. Ja, sie hatte noch eins. Es funktionierte, genauso wie früher. Sie hatte Oliver eigentlich losmachen und vor den Robotern in Sicherheit bringen wollen, aber den ganzen Weg über hatte sie sich gefragt, ob es das Richtige wäre. Was würde er tun, wenn sie ihn losmachte? Würde er ihr vor Freude um den Hals fallen und ihr helfen, die wirklich gefährlichen Roboter auszuschalten? Wohl eher nicht.
    Pah, er hatte ihr nicht einmal einen Grund genannt, für den sie ihn hätte befreien sollen. Nichts, wofür sie Typen wie ihm verzeihen könnte. Er war es nicht wert, dass sie ihm half – und auch nicht, dass sie sich an ihm die Finger schmutzig machte. Sie musste sich nun um sich selbst kümmern. Wenn sie es schaffte, von den Maschinen als eine von ihnen akzeptiert zu werden, fand sie vielleicht einen Weg, diese Misere zu beenden. Wenn sie der Mut bis dahin nicht verließ …
     
    •
     
    „Hast du etwas zu trinken?“, fragte der Mann Simon. Er trug einen Jogginganzug mit reflektierenden Aufnähern an Brust und Ärmeln. Seine Lampe leuchtete Simon direkt ins Gesicht. Er kroch so dicht an Simon heran, dass seine Fingerspitzen Simons Schulter berührten.
    Simon wich zurück. Er sah nach draußen zu seinem umgestürzten Fahrrad. Der Beutel mit seinen Sachen lag in einer Pfütze, die Tragegriffe waren noch über den Lenker geschoben.
    Zwei weitere Roboter kamen den Weg entlang. Sie waren gewaltig. Nicht viel größer als die ersten beiden, aber bedeutend schwerer. Ihre Schritte dröhnten dumpf auf dem Pflaster.
    „Mach die Lampe aus und sei leise!“, zischte Simon. „Da kommen noch welche.“
    Der Fremde zerrte an seinem Arm. „Ich brauche was zu trinken“, jammerte er. „Ich bin schon den ganzen Tag unterwegs. Mir geht’s nicht gut.“
    „Ich hab nichts.“ Nervös beobachtete Simon, dass die Roboter sich dem Versteck weiter näherten.
    „Ja, wenn es drauf ankommt, denkt jeder nur an sich“, sagte der Fremde verbittert. „Dabei will ich nur was trinken. Hab ich dich etwa um Geld angebettelt? Hab ich das? Nee. Ich bin nicht unverschämt, ich hab bloß Durst.“
    Einer der beiden Roboter trat auf Simons Fahrrad und zerquetschte es mit einem einzigen Tritt. Das Hinterrad ragte verbogen und sich hilflos drehend mit zerbrochenen Speichen gen Himmel.
    „Sei endlich ruhig!“, schnaubte Simon und löste sich angewidert aus dem Griff des Fremden. „Die entdecken uns sonst.“ Er riss dem Mann die Lampe aus der Hand und schaltete sie aus.
    „He, was soll das?“, rief der Mann. Er griff nach Simons Arm. „Du Schwein!“, schimpfte er. „Du mieser –“
    Simon schnellte herum und packte ihn an den Schultern. Der Fremde stieß einen schrillen Schrei aus. Simon ließ die Schultern los und hielt ihm den Mund zu, wobei er den Mann mit aller Kraft zu Boden drückte. Der Fremde bäumte sich auf, hörte dann jedoch auf, sich zu wehren und scharrte nur noch mit seinen Schuhen.
    Nicht loslassen , dachte Simon. Nicht loslassen! Er wird uns verraten.
    Die beiden Roboter waren stehen geblieben und drehten sich in seine Richtung um. Dann kamen sie direkt auf sein Versteck zu.
     
    •
     
    Der Nebel hatte den Park vollständig eingehüllt und beraubte das ohnehin nur selten durch die Wolkendecke dringende Mondlicht seiner letzten Kraft. Oliver klapperte mit den Zähnen. Seine Kleidung hatte ihre Schutzfunktion verloren und kühlte mehr, als dass sie wärmte, aber er achtete kaum darauf. Er lauschte den Geräuschen, die auf ihn zukamen: Diesem eigenartigen Zischen, dem Knacken von Ästen, dem dumpfen Klang großer Füße auf Laubboden. Wer immer sich ihm näherte, gab sich keine Mühe, sein Kommen geheim zu halten.
    „Hanna!“, rief Oliver hilflos. Sie antwortete nicht, hatte sich längst in Sicherheit gebracht. Er versuchte aufzustehen, aber noch bevor er es geschafft hatte, lösten sich die Umrisse eines riesigen Roboters aus dem Nebel. Unaufhaltsam kroch sein Schatten auf Oliver zu.
    Der Roboter lief auf zwei Beinen. Sein Kopf bewegte sich gleichmäßig von links nach rechts. Ein dünner roter Lichtstrahl ging von seiner Stirn aus und tastete die Umgebung ab. An den Stellen, an denen er den Boden berührte, begann das feuchte Gras zu schwelen. Manche Stellen fingen Feuer, das jedoch schnell wieder erlosch. Ein einziger

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