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Götterdämmerung (German Edition)

Götterdämmerung (German Edition)

Titel: Götterdämmerung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Schwarzer
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nicht infrage. Schließlich konnte er Max nicht allein lassen.
    Der Mann auf der Straße zögerte noch. „Ich will mich nicht mit HMO anstecken.“ Er wies auf den alten Mann.
    „Was er hat, ist nicht ansteckend“, log Ben mit einem Anflug schlechten Gewissens. „Ich bin schon die ganze Zeit mit ihm zusammen und mir geht es blendend. Ist wahrscheinlich ein normaler Schwächeanfall.“
    Der Mann auf der Straße räusperte sich. „Also gut.“ Er lief um das Auto, öffnete die hintere Seitentür und setzte sich neben die Qualle. Ben bemerkte erst jetzt, dass der linke Jackenärmel des Fremden blutverschmiert war.
     „Ich bin Tom“, sagte der Mann und musterte Ben. „Du kommst mir irgendwie bekannt vor. Haben wir uns schon mal gesehen?“
    Der Junge dachte an das Fahndungsfoto und zwang sich zu einem Lächeln. „Schon möglich. Ich heiße übrigens Ben.“ Als ihm bewusst wurde, dass sein Name ihn verraten könnte, hielt er kurz den Atem an.
    Tom drehte den Kopf fragend zu dem Mann neben sich. Der sah demonstrativ in die andere Richtung und schwieg, die Arme vor der Brust verschränkt.
    Ben wendete das Fahrzeug. Sein Blick glitt zu den brennenden Gebäuden im Stadtzentrum. Dennoch fühlte er sich viel besser, jetzt wo er dem Fremden nicht mehr ausgeliefert war.
    Tom ist bewaffnet , redete er sich ein. Die Qualle wird sich nicht trauen, ihn oder mich anzugreifen.
    Er fuhr schneller.
    „Was war da draußen los? Eine Schießerei?“, wollte die Qualle wissen.
    „Könnte man so sagen, ja. Was haben Sie da?“ Tom wies auf das Gerät, das der Fremde auf seinem Schoß hielt. „Ist das eine EP3? Mit dieser Miniaturelektroimpulswaffe kommen Sie nicht weit. Haben Sie keine Fernwaffe?“
     Der Fremde streckte plötzlich seinen Rücken durch, wie eine dicke Katze vor dem Sprung. „Sie hätten nicht einsteigen sollen!“, fuhr er Tom an. „Glauben Sie, dass Sie hier sicher sind?“
    „Ich glaube nicht, dass ich gerade irgendwo sicher bin“, erwiderte Tom halb ernst, halb spöttisch.
    Die Qualle machte eine abfällige Kopfbewegung in Bens Richtung. „Ich will Sie bloß warnen.“
    „Vor dem jungen Mann?“, fragte Tom. Er musterte das Elektroimpulsgerät geringschätzig.
    „Pff! Unterschätzen Sie den bloß nicht!“
    Tom sah den Fremden verständnislos an.
    „ Er hat mich überfallen“, betonte Ben.
    „Glauben Sie ihm kein Wort! Das ist nicht sein Auto.“
    Tom beugte sich vor. „Ich weiß nicht, was hier läuft“, meinte er ungeduldig. „Aber ich schlage vor, wir verschieben die Diskussion, bis wir aus der Stadt sind. Okay?“
    Ben nickte. Der Fremde warf ihm einen hasserfüllten Blick zu und strich über seine EP3. „Das ist ein Roboter“, sagte er.
    Tom hob die Brauen. „Klar, und ich bin Mr. Spock.“
    „Das ist kein Witz.“
    „Nein? Ich kenne mich aus auf dem Gebiet. Sowas würde mir auffallen.“
    „Ach ja? Besuchen Sie mal ’ne Weiterbildung, falls Sie dazu noch Gelegenheit bekommen.“
    Ben versuchte, sich seine Unsicherheit nicht anmerken zu lassen. Auf keinen Fall durfte die Qualle Tom überzeugen.
    „Wenn ich ein Roboter bin, dann ist er auch einer“, sagte er. Er versuchte zu lächeln, ließ es aber, weil er das Gefühl hatte, dass es starr und künstlich wirkte.
    Tom sagte nichts dazu. Er saß steif und wachsam in seinem Sitz und hielt sich den verletzten Arm.
     
    •
     
    Eine Reihe von Explosionen ließ die Gebäude ringsum erzittern. Die von den Erschütterungen getroffenen Häuser spuckten Glas und Steine. Dachziegel regneten auf den Gehsteig. Ein Gerüst stürzte ein. Große Metallrohre rollten quer über den Fußweg.
    Simon sprang von seinem Rad, warf sich auf den Fußweg und bedeckte seinen Kopf mit den Händen, während ein Stein knapp neben seinem Knie aufschlug und zerbarst. Simon handelte, ohne nachzudenken. Es schien fast, als hätte er auf diesen Moment gewartet – dabei war er davon ausgegangen, weit genug vom Inferno im Zentrum der Stadt entfernt zu sein.
    Als die Explosionen aufhörten, tastete Simon nach seinem Kopf und hielt sich die staubbedeckten Hände vor die Augen. Bis auf ein paar Schürfwunden war er unverletzt. Er konnte aufstehen und weiterfahren, aber er blieb liegen, schwach und wie gelähmt. Was war bloß los in dieser Nacht? Wo blieb die Polizei?
    Plötzlich sah er das Haus, in dem Isabelle ihre kleine Wohnung hatte, in Flammen stehen. Die Fensterscheiben zerbrochen, der Vorgarten von Scherben und Trümmern übersäht. Hastig schob er das Bild

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