Götterdämmerung (German Edition)
als der Kamin bei ihm zu Hause. Ihm wurde bewusst, dass die Wohnung nicht zu der Frau aus dem Café passte. Der Job als Kellnerin mochte gerade genug Geld zum Überleben einbringen. Eine Wohnung wie diese konnte man damit nicht halten. Schon gar nicht in bester Innenstadtlage.
Sophie tappte mit bloßen Füßen zu einem Barschrank, der im Halbdunkel in der Ecke verborgen war, holte sich ein Glas und goss es zu zwei Drittel mit einer giftig grünen Flüssigkeit voll. Dann setzte sie sich mit dem Glas in der Hand neben ihn. Ihre Augen musterten ihn berechnend.
„Also, was hast du angestellt?“, fragte sie geradeheraus.
Ben erschrak. „Was meinst du?“
Sophie trank einen Schluck, verzog das Gesicht und stellte das Glas auf einen kleinen Tisch.
„Furchtbares Zeug“, murmelte sie. „Willst du? Ist nicht vergiftet, ich hab vorgekostet.“
Ben schüttelte den Kopf. „Ich habe nichts gemacht“, sagte er.
„Aha. Und warum wirst du dann gesucht?“ Sie musterte ihn mit leicht spöttischem Gesichtsausdruck. Der Junge wich ihrem Blick aus und beugte sich nach vorn, bereit jeden Moment aufzuspringen und zur Tür zu rennen.
Sophie hob beschwichtigend die Arme. „Keine Angst. Ich verpfeif dich nicht. Die Bullen haben meinen Bruder auf dem Gewissen, das ist eigentlich seine Wohnung hier.“ Sie pustete Luft durch die halbgeschlossenen Lippen.
„Was ist passiert?“, fragte Ben. Langsam entspannte er sich wieder.
„Ist ’ne lange Geschichte. Sagen wir, er hat sich nicht immer gesetzestreu verhalten, okay?“
„Okay.“
„Also was ist mit dir? Vielleicht kann ich dir helfen. Brauchst du einen Job?“
„Ich weiß nicht. Ich bin in eine Sache hineingeraten, die ich selbst nicht verstehe. Jedenfalls noch nicht.“ Erschöpft ließ Ben sich in die Couch zurücksinken.
„Das hört sich an wie ein schlechter Film.“ Sophie schlug ihre nackten Beine übereinander.
„Es ist noch viel schlimmer“, murmelte Ben und zwang seinen Blick von ihren Beinen weg. „Mehr kann ich dir nicht sagen.“
„Schon gut.“ Sie winkte ab und strich sich ein paar Mal mit dem Daumen über ihr Kinn. Dann beugte sie sich zu ihm herüber. „Ich kann noch jemanden für mein Geschäft gebrauchen.“
„Für das Café?“
Sie lachte auf. „Oh Gott, nein. Ich hab was Besseres an der Hand als diesen mies bezahlten Job.“ Sie trank den Rest der grün schillernden Flüssigkeit in einem Zug aus. „Ich rede von Geld, richtig viel Geld. Du könntest mir ein paar Kurierarbeiten abnehmen. Überleg es dir. Was hast du zu verlieren? Die Polizei sucht dich sowieso.“
„Was für Kurierarbeiten?“
„Bist du begriffsstutzig? Also gut, ich erklär’s dir: Sicher hast du schon mal von Opttrical gehört?“
„Ist das nicht eine Droge?“
„Ach was, Droge. Nennen wir es lieber eine noch nicht zugelassene Medizin. Opttrical ist genial. Es verändert nicht nur die psychischen, sondern auch die physischen Eigenschaften. Eine Kapsel genügt und du bist für drei Tage Superman. Unglaublich. Willst du mal probieren?“
Ben runzelte die Stirn. „Ich will nicht Superman sein“, sagte er unwirsch und staunte über seine eigene Aussage. „Tut mir leid.“
„Mir tut es auch leid“, sagte Sophie und seufzte. „Du solltest es wirklich versuchen! Vielleicht könnte Opttrical dir sogar bei deinem Problem helfen. Ich meine, die Zusammenhänge zu verstehen.“
„Lieber nicht. Ich kann mir jetzt nicht auch noch irgendwelche Nebenwirkungen von Drogen leisten. Ich brauche einen klaren Kopf.“
„Okay, Okay. Schon gut. Überleg es dir! Mein Angebot steht jedenfalls.“
Sie stand auf. „Ich habe Hunger. Soll ich uns schnell ein paar Hamburger machen? Ich bin gut darin.“
Ben zuckte die Achseln. „Wenn du willst.“
„Du könntest mir helfen.“ Ben nickte.
Entgegen seiner Erwartungen war die Küche klein und einfach eingerichtet. Es gab nicht einmal einen Herd, nur ein Sammelsurium verschieden hoher Schränke, die die Wände einnahmen und einen winzigen Holztisch in der Mitte.
„Mein Bruder hat nicht gern gekocht“, sagte Sophie, die seinen erstaunten Blick bemerkte. Sie holte zwei bunt gemusterte Packungen aus dem Kühlschrank und öffnete jeweils zwei Verschlüsse, wodurch die beigefügten Chemikalien in der Verpackung miteinander reagierten und das Essen erwärmten. „Hier steht: drei Minuten warten“, meinte sie.
„Ich dachte, du machst die Hamburger selbst“, bemerkte Ben.
„Na ja, ich habe sie selbst gekauft und
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