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Götterdämmerung in El Paso (German Edition)

Götterdämmerung in El Paso (German Edition)

Titel: Götterdämmerung in El Paso (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick DeMarinis
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seine Zähne waren große schimmernde Vierecke in der Farbe oxidierten Zinns. Der Blick der blassblauen Augen unterhalb der Augenwülste war geradezu ausgelassen, als dass man Vernunft dahinter hätte vermuten können. Ein Blick, der einen direkt in die Notaufnahme starren konnte.
    »Wer ist ›man‹?«, fragte ich.
    »Ich geb Ihnen ein Bier aus«, sagte er und klopfte auf den Hocker neben sich.
    »Sollte ich wissen, wer Sie sind?«
    »Zur Hölle, nein. Aber ich weiß, wer Sie sind, Mr. Morgan, und das reicht allemal.«
    Ich setzte mich neben ihn. Meine Neugier war geweckt.
    »Huddy Darko«, sagte er. »Aus Winslow, Arizona.«
    Er quetschte meine Hand zusammen und zeigte noch mehr Zähne, ein Grinsen von einem Ohr zum anderen. Er trug ein Muskelshirt. Seine tätowierten Bizeps hingen an ihm wie bemalte Schinken, und das, was von seiner Brustmuskulatur zu sehen war, ließ einen wahren Panzer erahnen. Auf jeder Schulter prangte eine große Tätowierung, »HBB« in gotischen Lettern. Ich erinnerte mich, diese gotischen Lettern auf einem Papier in Carlas Schreibtisch gesehen zu haben.
    »Wofür steht HBB?«, wollte ich wissen.
    Sein Lächeln verlor an Strahlkraft. »Was?«
    »Auf Ihrer Schulter. HBB.«
    »Wir sind nicht hier, um über die Kunst an meinem Körper zu plaudern, Mr. Morgan.«
    »Sondern?«
    »Über den Cisco Kid und seine Freundin. Der Bohnenfresser braucht dringend Frischluftzufuhr für seinen Schädel.«
    »Und was habe ich damit zu tun?«
    Die Bedienung kam. Ich bestellte Huevos Rancheros und einen Schlag Menudo.
    »Mein Gott«, stieß Huddy Darko hervor, »wie können Sie diesen Menudo-Scheiß essen? Sie wissen, was die da reintun?«
    »Ich bin hier geboren und mit Menudo groß geworden, Huddy.«
    Er kippte sein Bier hinunter; seine Kehle arbeitete wie eine Sumpfpumpe.
    »Sie haben Luther zusammengeschlagen«, sagte ich. »Sie und ein Freund.«
    »Welcher Luther sollte das sein?«
    »Ihr habt ihn nach Strich und Faden verprügelt, aber nur bis zu einem gewissen Punkt, was sehr fürsorglich war. Doch dann habt ihr ihn mit Benzin übergossen und hättet es auch angezündet, wenn Luther nicht eingeknickt wäre.«
    »Klingt nach irre viel Spaß, war aber nicht meine Show.«
    »Sie sind der Kopfgeldjäger, richtig?«
    »Kopfgeldjäger? Kopfgeld wofür? Ich mache keine Scheißarbeit, noch dazu für ein Taschengeld, Mr. Morgan.«
    Meine Menudo kam. Sie entsprach nicht dem Standard, was für eine Menudo im Hollywood Standard war. Draußen hing ein Schild: »Menudo — zum Essen reicht’s.« Mexikanischer Humor vom Feinsten.
    »Wie wär’s, wenn wir den Nachmittag gemeinsam verbringen?«, fragte Huddy Darko. »Sie könnten mir mehr über Luther und die großen, bösen Kopfgeldjäger erzählen.«
    »Ich fürchte, ich bin ausgebucht, Huddy.«
    »Oder anders ausgedrückt: Ich bestehe darauf. Sie löffeln jetzt diese Plörre aus und danach möchte ich eine Stadtrundfahrt durch Juárez machen. Ich bin neu hier, also können Sie mir ’n paar Sehenswürdigkeiten zeigen. Man hat mir gesagt, dass Sie die Stadt wie Ihre Westentasche kennen. Vielleicht machen wir einen Abstecher ins Rotlichtviertel, ziehen uns am Nachmittag eine dieser legendären Donkey Shows rein. Oder wir besorgen es den Señoritas mal so richtig. Ist das Ihre Kragenweite, Mr. Morgan? Was meinen Sie?«
    »Tut mir leid, Huddy. Das mit dem Flachlegen müssen Sie schon allein hinkriegen. Daran sind Sie sicherlich gewöhnt. Auf keinen Fall fahre ich mit Ihnen nach Mexiko. Die judiciales schauen Sie nur kurz an und schon landen wir beide im Cereso.«
    Er zog die Augenbrauen hoch. »Ich kenn mich nicht aus mit dem Dialekt von den Bohnenfressern, Mr. Morgan, also weiß ich auch nicht, wovon Sie reden. Aber eins weiß ich — Sie haben gar keine Wahl. Wir bringen Sie über den Fluss, Kumpel.« Er zog sein Muskelshirt weit genug hoch, um den schwarzen Griff einer Automatik präsentieren zu können. Das »Wir« bereitete mir Sorgen. Ich sah mich um. Aus einer dunklen Nische starrte mich ein zweiter Kahlkopf an. Er zermalmte einen Cheeseburger mit den langsamen Kaubewegungen eines Schimpansen, der selbstvergessen eine Kochbanane verspeist.
    »Maisgürtel-Nazis?«, fragte ich. »Weiße Bruderschaft? Die Kirche des Arischen Jesus, der uns allen in den Arsch treten wird? Seid ihr auf Bewährung aus Huntsville entlassen worden?«
    »Wir sind weder kriminell, noch sind wir Spinner, Mr. Morgan. Wir sind Angehörige eines Kommandotrupps«, erwiderte er todernst.
    Ich

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