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Götterdämmerung in El Paso (German Edition)

Götterdämmerung in El Paso (German Edition)

Titel: Götterdämmerung in El Paso (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick DeMarinis
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Inn vorbei, einst ein feines altes Motel, als die Interstate noch Zukunftsmusik gewesen war und die Mesa Street Teil des U.S. 80, des alten Ost-West-Highways. Nachdem die Motels entlang der Interstate dem San Jacinto Inn nach und nach das Wasser abgegraben hatten, hatte der Besitzer beschlossen, Apartments einzurichten, die man wochenweise mieten konnte. Man kam dort preisgünstig unter, während man die Stadt auf der Suche nach einer dauerhaften Bleibe durchkämmte.
    Carla hatte sich den Abend zuvor im ersten Stock eingemietet, in einem Apartment mit Blick auf den Parkplatz und die Straße. Eingetragen hatte sie sich unter dem Namen einer verstorbenen Großtante: Letty Parsons.
    »Ich deponiere das Geld morgen in einem Schließfach bei meiner Bank«, erklärte sie, nachdem ich sie daran erinnert hatte, dass einige Gäste des San Jacinto Inns auf Bewährung Entlassene, Junkies oder ganz allgemein psychopathisch Veranlagte waren.
    »Verlass dich nicht auf das Türschloss«, riet ich ihr. »Schieb einen Stuhl unter den Türknauf.« Ich gab ihr meine .25er. »Es sind sechs Schuss im Magazin. Verschafft sich jemand Zutritt, hast du sechs Hohlspitzgeschosse, um ihn zum Umdenken zu bewegen.«
    »Danke, J.P.«, sagte sie. »Ich kann dir gar nicht genug danken. Es tut mir wahnsinnig leid, dass ich dich mit alldem belästigen muss. Wenn Hector sich erst mal gemeldet hat und ich ihn in Chihuahua City treffe, mache ich es wieder gut. Du hast dir einen Anteil an unserem Geld redlich verdient, mindestens zehntausend Dollar.«
    »Das sehe ich anders«, widersprach ich.
    Sie umarmte mich und gab mir einen Kuss auf die Wange. Vermutlich hielt sie mich für bescheiden. Weit gefehlt.
    Denn für mich sah die Sache folgendermaßen aus:
    Sie würde niemals nach Chihuahua City fahren. Sie würde einfahren. Auch Hector würde nicht nach Chihuahua City fahren. Höchstwahrscheinlich war er bereits tot. Und ich würde todsicher keine zehntausend Dollar von jemandem bekommen, der im Knast war oder tot.
    Dieses irre Vorhaben war bereits gescheitert und die Folgen würden alles andere als angenehm werden.
    Wenn sie so dumm wäre, das Geld aus dem Irak zur Bank zu bringen, käme sie nur in Handschellen wieder heraus.
    »Vergiss das mit deiner Bank, Carla«, sagte ich. »Man wartet nur darauf, dass du diesen Fehler machst. Nimm dir ein Schließfach im alten Union Depot an der San Francisco Street. Dort sollte das Geld relativ sicher sein. Und pass bloß auf, dass dir niemand folgt.«
    Ob sie meinen Ratschlag annahm oder nicht, vermochte ich nicht zu sagen, aber auf keinen Fall sollte das Ganze meiner Verdauung in die Quere kommen. Mein Ratschlag würde das Unvermeidliche sowieso nur hinauszögern. Also bestellte ich im Carrow’s ein Denver-Omelett und aß es in aller Ruhe.

28
    »Die Zeit ist abgelaufen.« Pilar Mellado. »Wir leiten jetzt die notwendigen Schritte ein. Es ist unumgänglich. Sie haben es sich selbst zuzuschreiben. Ihnen bleiben vielleicht ein oder zwei Wochen, um den entsprechenden Anweisungen seitens der Vormundschaftsbehörde zu begegnen. Einen schönen Tag noch.«
    Als Nächstes ein zwei Tage alter Anruf von Luther: »Ich kann mich doch auf deine Diskretion verlassen, oder? Es ist nicht notwendig, das Thema Lelanie gegenüber Carla oder sonst wem anzuschneiden, nicht wahr?« Dann berichtete er mir, dass Lelanie Loftsgarten ein ergebener Fan seines literarischen Schaffens sei, wie sehr sie seine intellektuelle Energie schätze und wie erquickt er sich fühle, quasi wie neugeboren, seitdem er das Bett mit ihr teile. Er beschrieb detailliert ihre sexuellen Vorzüge und meinte, dass ihre völlige Hemmungslosigkeit seinen schöpferischen Geist ansporne. »Die Muse ist immer eine Frau« sagte er. »Eine Frau, die willens und in der Lage ist, die Bedürfnisse des Künstlers zu stillen. Deshalb sind so viele weibliche Künstler von gewisser Qualität lesbisch — «
    Ich spulte weiter zur nächsten Nachricht.
    »Dein Arsch ist bereits im Arsch, du verdammtes Arschgesicht.« Knurriges aus kräftiger Kehle. Mir war, als hörte ich die Stimme von Huddy Darko, was mich überraschte. Sollten Huddy und Spode trotz der Anklage wegen unerlaubten Waffenbesitzes auf freiem Fuß sein, dann musste jemand einen Staatsanwalt in Juárez gekauft haben.
    Die nächste Stimme erkannte ich sofort:
    »Die Schlampe gehört dir, Kumpel. Bring sie zurück zu ihrem bescheuerten Ehemann. Ich würde mal sagen, die beiden verdienen einander. Ich habe ihr

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