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Götterdämmerung in El Paso (German Edition)

Götterdämmerung in El Paso (German Edition)

Titel: Götterdämmerung in El Paso (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick DeMarinis
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Sieht aus wie ein grauer Ballon. Oha, ich möchte lieber erschossen werden.«
    »Mal sehen, da könnte ich Ihnen entgegenkommen, Huddy«, sagte ich und zog meinen Revolver hinten aus dem Gürtel. Huddy musterte die Waffe mit einer Miene, die Frust widerspiegelte und weniger Überraschung. Spode hatte sich von seiner Telenovela losgerissen und machte ein Gesicht, als hätte man ihn dabei erwischt, wie er sich in der Garderobe der Darstellerinnen einen runterholt.
    Ich spannte den Hahn.
    »Auf den Boden, Gesicht nach unten!«
    Huddy trat einen Schritt zurück und schüttelte den Kopf. »Nein, so läuft das nicht.«
    »Fessel ihn, Luther«, sagte ich.
    Luther langte in die Papiertüte und zog eine Rolle Klebeband heraus. Er bewegte sich auf Huddy zu.
    »Ich schnitz dir noch ’n Loch zum Scheißen, wenn du näher kommst, Fettsack«, sagte Huddy.
    Luther sah mich an. »Er verhält sich unkooperativ, J.P.«
    Ich richtete meine Waffe auf Huddys Kopf. »Sie haben die Wahl: Klebeband oder Patrone.«
    Huddy grinste, als halte er eine Trumpfkarte in der Hand. »Das machen Sie nicht«, sagte er. »Dafür sind Sie nicht der Typ.«
    »Stimmt. Freut mich, dass Sie’s bemerkt haben.«
    Das verwirrte ihn. Doch dann verzog er spöttisch den Mund, als hätte ich eine Schwäche eingestanden, die er ausnutzen konnte. »Sie haben noch nie jemanden erschossen, stimmt’s?«
    Ich schwieg.
    »Ich glaube nicht«, sagte er.
    »Glauben Sie, was Sie wollen.«
    »Es gehört schon einiges dazu, einen unbewaffneten Mann zu erschießen. Ich denke, zu der Sorte gehören Sie nicht.«
    »Sie sind nicht unbewaffnet«, sagte ich.
    Er ließ das Messer fallen. »Jetzt schon.«
    Er kam auf mich zu, machte einen Schritt, dann den zweiten. »Wir können uns doch einigen«, sagte er. »Wir teilen fifty-fifty. Von mir aus auch sechzig-vierzig zu Ihren Gunsten.«
    Er lächelte — die personifizierte Großzügigkeit —, wollte mir die Hand schütteln.
    Das erste Geschoss durchschlug seine Hand und traf ihn in die Brust. Huddy taumelte rückwärts, starrte ungläubig auf den wachsenden roten Fleck auf seinem Muskelshirt. Dann wollte er sich bücken, um sein Messer aufzuheben, und ich drückte ein zweites Mal ab. Ein Kopfschuss, direkt über dem rechten Auge. Huddy war tot, noch bevor er zu Boden fiel. Seine Stiefel schlugen noch ein paarmal gegeneinander, dann war Ruhe.
    Vielleicht war es das, was Huddy als meinen größten Fehler angesehen hatte. Vielleicht hatte er über hellseherische Fähigkeiten verfügt. Eigentlich hätte mich das nicht zu kümmern brauchen, tat es aber. Schuld waren meine Nerven.
    »Hurensohn!«, rief Spode und sprang von der Couch hoch. »Was für eine Scheiße!«
    »Es kommt noch schlimmer«, sagte ich.

39
    »Was meinst du damit?«, fragte er. Seine Stimme hatte alle Härte eingebüßt. Er klang jetzt nach einem Kind, das bereits die Hosen heruntergelassen hatte, um seine Prügel zu beziehen.
    »Das hier, Spode«, sagte ich und drosch mit dem Griff meines schweren Combat Magnum gegen seinen Kopf, das Bild des Jungen aus Juárez vor Augen, den Spode mit dem Griff seiner Waffe niedergestreckt hatte. Spode fiel um wie ein Mehlsack.
    Ich nahm die Flasche Tequila aus Luthers Einkaufstüte.
    Ich hatte mich mehr als gründlich vorbereitet, war für jede Situation gewappnet. Da war noch anderer Kram in der Tasche, den ich nicht mehr benötigen würde: eine Wäscheleine, eine Kette und zwei Schlösser. Ich hatte nur nicht damit gerechnet, dass ich jemanden würde erschießen müssen.
    Ich schraubte den Verschluss von der Flasche, nahm einen Kanten und reichte sie an Luther weiter, der den Tequila schluckte, als wäre es Limonade. Als er fertig war, nahm ich die Flasche und schlug sie Spode über den Kopf, hart genug, um ihn noch ein wenig länger schlummern zu lassen. Mit einem Taschentuch wischte ich meine Fingerabdrücke von der Flasche, platzierte Spode so, dass sein ausgestreckter Arm neben Huddys Kopf lag, dann steckte ich Huddy den Hals der Flasche in die Hand. Ich entfernte meine Fingerabdrücke von meinem Revolver und drückte ihn Spode in die Hand. Mit Spodes Finger am Abzug und meinem Finger an Spodes schoss ich ein drittes Mal auf Huddy. Jetzt hatte Spode Schmauchspuren an der Hand. Mehr bedurfte es nicht, um die Cops davon zu überzeugen, dass er der Schütze war.
    Langsam dämmerte mir, dass ich es womöglich ein wenig übertrieb. Ich hatte keine Ahnung, wie gewissenhaft die mexikanische Spurensicherung arbeitete, baute aber

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