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Götterdämmerung

Götterdämmerung

Titel: Götterdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
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beschrieb, seinen plötzlichen Aufenthalt bei diesen komischen Männern mit den Rüstungen und Kronen und Bärten. Er war fast sicher, es früher einmal gekannt zu haben. Hatten seine Freunde es nicht gerufen, als sie ihn an seinem einundzwanzigsten Geburtstag zu Hause erwartet hatten?
    «Äh.» Lester Growning wurde etwas kleiner und grauer. Dann sagte er sehr bescheiden: «In Camelot?»
    «Richtig», erwiderte Gwydiot. «Und was tut Ihr hier?»
    «Verhört werden?»
    «Nein, ich meine, wie kommt Ihr hierher? Und was wollt Ihr hier? Woher kommt Ihr?»
    «Also, ich komme aus Plymouth, Sir. Wie … ich weiß nicht, wie ich hierhergekommen bin.» Zustimmendes Murmeln der anderen untermalte sein Flüstern. «Und ich, also, ich kann ja nur für mich sprechen, ich will hier eigentlich gar nichts, Sir. Ich würde nur gern … irgendwann … wieder an meinem Schreibtisch sitzen und Zahlenkolonnen addieren, wenn es Ihnen recht ist.»
    «Schreibtisch? Zahlenkolonnen?»
    «Äh, ja … Buchhaltung, Sir.»
    Gawain erhob sich und trat auf den zitternden Kolonnenaddierer zu. Er zückte sein Schwert und hielt es dem Mann an den Hals. «Wahnsinniger!», zischte er. «Wage es nicht, dem weisen Gwydiot oder dem König von Britannien Lügen aufzutischen, wenn dir dein kümmerliches Leben lieb ist.»
    Während Lester Growning versuchte, seinen Kehlkopf an der Schwertspitze vorbeihopsen zu lassen, legte Gwydiot dem Ritter beschwichtigend die Rechte auf den Unterarm.
    «Gemach, Gawain. Dies ist kein Problem, das sich mit Gewalt lösen lässt.»
    «Es gibt keine unlösbaren Probleme!»
    «Das habe ich nicht gesagt … Hört genau zu, Ritter. Wir müssen schon unseren Verstand bemühen.»
    «Unseren was?»
    Gwydiot wandte sich an Artus und unterdrückte ein ohrenbetäubendes Seufzen. «Herr, darf ich Euch bitten, mich mit diesen Männern allein zu lassen?»
    «Wie du willst, Gwydiot.»
    «Ich danke Euch.» Gwydiot winkte einigen der Wachen, die aufmerksam um die Gruppe herumstanden. «Schafft sie in einen anderen Saal und …»
    Er wurde vom Eintreten eines schmutzigen Boten unterbrochen, der sich japsend vor der Tafelrunde verneigte und auf die Erlaubnis wartete, zu sprechen.
    «Sprich», sagte der König.
    «Sire, Boten berichten, im Bodmin Moor seien Dämonen aufgetaucht, die lodernde Feuer aus langen Eisenrohren schleudern und flache, laubumrankte Schüsseln auf den Köpfen tragen. Was sollen wir tun?»
    Artus sah Gwydiot fragend an. «Was schlägst du vor, Magier?»
    «Ich kümmere mich darum. Sobald ich mit diesen hier gesprochen habe. Gleich. Tragt Ihr inzwischen nur bitte dafür Sorge, dass sie nicht das ganze Königreich dem Erdboden gleichmachen.»
    Gwydiot kramte mit zitternden Fingern in seiner Kuttentasche. Eine leichte Panik beschlich ihn. Er hatte sein Medizinsäckchen vergessen. Die Kräuter, die Kopfschmerzen vertrieben. Die Kräuter, die brummende Schädel kurierten und das Magengrollen in die Flucht schlugen. Die Kräuter, die immer alles so schön bunt machten und Musik in seinen Kopf zauberten.
    Er zwang sich zu einem souveränen Lächeln.
    «Nur keine Sorge», sagte er aufmunternd.
    In seinem Kopf dröhnten schwere Hammerschläge.

11
    Zeus lag allein auf einer Liege im Aussichtszimmer von Olympos, sah hinunter auf die Welt und lächelte breit. Denn was er sah, gefiel ihm gut. Prachtvoll verwirrten sich Zeit, Geschichte und Menschenhirne, und allzu bald käme der Krabbelkram nicht mehr um die Erkenntnis herum, dass es nun mal Dinge zwischen Himmel und Erde gab, denen mit nackter Ratio nicht beizukommen war. Zufrieden goss der Göttervater sich einen halben Liter Wein neben den Becher, bevor es ihm gelang, seine Hand in die richtige Position zu zittern. Zeus giggelte. Das war doch gar nicht so schwer gewesen. Warum war ihm dieser göttliche Einfall eigentlich nicht schon viel früher gekommen? Ein Rudel Blitze in die Zeit, die ja nicht vergangen war und damit ein für alle Mal futsch, sondern sich wie eine gigantische Zwiebelschale durch die Dimensionen wand, und schon purzelten und polterten hier und da Sterbliche durch die entstandenen Löcher, hinein in andere Epochen.
Unerklärlich
, dachte Zeus, und musste wieder giggeln. Er hatte seinen Blitzen keine besonderen Anweisungen gegeben, nur die, ein paar Löcher zu bohren. So weit, so gut. Das einzige Problem mit den Blitzen war, dass sie sich, je weiter sie sich von ihrem Herrn und Meister entfernten, gern vollends selbständig machten und hier und da über das

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