Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Götterdämmerung

Götterdämmerung

Titel: Götterdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
Vom Netzwerk:
anderen Kreaturen und Pflanzen das Versprechen abgenommen hat, Sohnemann nichts zuleide zu tun. Außerdem ist er ein ziemlich heller Kopf und Forsetis Vater.
    Dieser Forseti zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass er genauso helle ist wie sein Vater und jeden Streit schlichten kann – wenn er denn will.
    Hödur, Baldurs Bruder, ist blind. Was keineswegs bedeutet, dass er deswegen unbrauchbar ist. Er ist der einzige unter den Göttern, der Sterbliche und Kollegen schon nach wenigen Worten richtig einschätzen kann, weil er nicht nach gekonnt zurechtgezuckten Gesichtszügen urteilen muss, sondern sich allein nach dem Klang der Stimme richten kann. Loki (zu dem wir gleich kommen) kann Hödur nicht leiden, aber Loki kann sowieso niemanden leiden.
    Magni und Modi, Thors Söhne, sind stark und entsetzlich tumb, Uller, Thors anderer Sohn, ist der erste Popper der Göttergeschichte und tut nichts – außer Skifahren.
    Hermodur ist aggressiv und für Botendienste zuständig. Träte er in menschlicher Gestalt auf, wäre er ein Postbote, der morgens den Hund beißt.
    Heimdall bewohnt ganz allein den Flügel «Himinbjörg», der sich unmittelbar hinter der Zugbrücke befindet, die natürlich auch einen Namen trägt, nämlich Bifröst. Heimdall ist der Gott des Morgens und entsprechend goldhaarig. Er schläft wenig und trötet in seiner freien Zeit gern auf seinem Horn herum. Doch, natürlich hat das Ding einen Namen. Gjallerhorn, falls es jemanden interessiert.
    Iduna versorgt die Götter mit ihrem Lebenselixier – im übertragenen Sinne –, nämlich Äpfeln. Dass sie zufällig den Namen einer Versicherung trägt, hat überhaupt nichts zu sagen.
    Im Hof von Asgard wiehert Sleipnir, Odins achtbeiniges Rennpferd. Dieses Pferd stellt die verwandtschaftliche Verbindung zu jenem Asen her, der nicht am Tisch sitzen darf, sich jedoch keineswegs aus den Götterangelegenheiten heraushält. Sein Name ist Loki.
    Loki ist etwas zu kurz geraten, kompensiert diesen Mangel jedoch durch eine Verschlagenheit, die ihresgleichen sucht. Wegen dieser Gemeinsamkeit mit der Griechenfamilie von gegenüber kann Odin ihn nicht ausstehen. Will man Loki aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen schmeicheln, nennt man ihn listig, will man ihn beleidigen, bezeichnet man ihn – wie seine Götterkollegen – als «miese kotzbrockige Natter», Loki zeugte die Midgardschlange, den Fenriswolf und Sleipnir. Er hat also durchaus modern zu nennende Ansichten, was den Verkehr mit andersartigen Lebewesen angeht, und kann auch zu diesem Zweck jede Tiergestalt annehmen, die ihm gerade in den Kram passt.
    Wir werden noch von ihm hören.
    O ja. Und ob.
     
    Munin wanderte an Thors Metbecher vorüber und wiederholte seinen letzten Satz. «… die Sterblichen sind verzweifelt. Glaubt mir, ich weiß, wovon ich rede. Ich weiß, wovon ich rede. Viel fehlt nicht mehr, dann werden sie zu glauben beginnen.» Er erreichte Iduna. «Viel fehlt nicht mehr, dann werden sie zum Glauben zurückfinden. Und an wen werden sie glauben? Hmmh? An wen werden sie glauben? Sie werden die Blitze als Zeichen der Götter deuten, vielleicht als Zeichen des Zeus, vielleicht auch als Zeichen jener Götter, an die sie in den betreffenden Epochen gerade glauben …»
    «Was war das?», fragte Thor um den Stamm herum. «Was hast du zuletzt gesagt?»
    «Äh. Jener Götter, an die sie gerade glauben …»
    «Wer?»
    «Die Sterblichen.»
    «Ah ja. Danke. Nur weiter.»
    Munin blieb stehen. Was hatte er sagen wollen? Er krächzte verlegen und scharrte nervös auf der Tischplatte. «Was sagte ich gerade?»
    «Jene Götter, an die sie gerade glauben», warf Thor ein.
    «Ah», sagte Munin nickend. «Stimmt, jetzt weiß ich’s wieder … Danke … Aber … ich weiß nicht, was ich als Nächstes sagen wollte …»
    Odin ließ seine Handfläche wuchtig auf den Tisch klatschen und beendete das hilflose Stammeln. «Wir haben genug gehört, Munin. Komm her. « Der Rabe flatterte gehorsam auf seinen Schulterstammplatz und suchte still und verzweifelt nach dem verlorenen Faden.
    «Dieser Zeus und seine Bande», sagte Odin, «halten sich offenbar für ziemlich schlau …»
    «Sind sie doch auch», sagte Baldur nickend.
    «Sind sie nicht! Und unterbrich mich nicht, wenn ich rede.» Munin seufzte zustimmend, während Odin fortfuhr. «Was soll denn daran
schlau
sein, Baldur? Was will er denn, der blöde Grieche? Dass sie an
ihn
glauben. Bah! Sie werden an ihre Götter glauben, an diese komischen Figuren,

Weitere Kostenlose Bücher