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Götterdämmerung

Götterdämmerung

Titel: Götterdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
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«Erbärmliche Truppenmoral. War ein Riesenfehler, die Umstellung, aber das war ja auch die Idee von diesem Hochstapler.»
    «Ich kann nicht ganz folgen», sagte Erasmus. «Der ist dafür verantwortlich?»
    «Nein», sagte Ernst und räusperte sich. «Das hier ist intelligent und generalstabsmäßig geplant, damit ist Guttenberg aus dem Schneider. «
    «Aha.»
    «Außerdem … Bis die Armee da ist, sind die Allianzkonten vermutlich längst leergebucht. Offenbar haben die Terroristen den Bankbevollmächtigten in ihrer Gewalt und finden immer neue Wege, die Kontosperrungen zu umgehen … es handelt sich also ganz offensichtlich um Professionelle …»
    «Sie sprechen immer von Terroristen, Herr … wie war doch gleich Ihr Name?»
    «Ernst.»
    «Aha. Gibt es denn schon ein Bekennerschreiben?»
    «Äh … ja. Bisher zweiundvierzig.»
    Erasmus tarnte sein Lächeln als sorgenvoll verkniffenen Gesichtsausdruck. Diana fragte vom Schreibtisch aus, ob irgendwer Interesse an einer Tasse Kaffee habe. Ernst schüttelte den Kopf und warf einen Blick auf seine Armbanduhr.
    «Ich muss wieder zurück in die Zentrale. Hier …» Er drückte Erasmus einen Umschlag in die Hand. «Falls Ihnen Kosten entstehen … Ach ja», sagte er und hatte die Tür schon fast erreicht, «schließen Sie bitte sofort das Gerät an … und kontaktieren Sie mich, sobald Sie etwas wissen. Oder wenn Sie Unterstützung brauchen. Ich verständige Sie umgehend, falls wir vor Ihnen Ergebnisse haben.»
    Und bevor Erasmus hätte sagen können, dass er sich das nun wirklich beim besten Willen nicht vorstellen konnte, war der dynamische Kriminalist mit einem letzten Gruß nach draußen verschwunden. Die Tür fiel ins Schloss. Diana stöpselte den Satellitenrouter in die Telefonsteckdose des Salatbar-Service und wiederholte ihre Frage.
    «Kaffee?»
    «Ja, viel.» Erasmus erhob sich und ließ einen Blick durch den Raum wandern. Er runzelte die Stirn und nagte an seiner Unterlippe. «Und dann brauche ich ein bisschen mehr Platz. Nein. Viel mehr Platz …»

10
    Gwydiot bezweifelte allmählich, dass er sich die tiefen Stirnrunzeln jemals wieder aus dem Gesicht würde reiben können. Schon seit einer guten Stunde hockte er nun neben seinem König und lauschte dem wirren Stammeln der beiden Sprecher des seltsam gekleideten Menschenrudels, das man nahe Camelot aufgegriffen hatte. Einige dieser Kreaturen hatte man in Tintagel gefunden, andere in den Dünen von Boscastle, wieder andere weiter im Landesinneren, und alle schienen vor allem eines gemeinsam zu haben, beziehungsweise gemeinsam nicht zu haben, nämlich Verstand.
    Der eine der beiden Anführer, in seiner Zeit ein mäßig erfolgreicher Werbekaufmann aus Torquay, hatte sich gerade darauf verlegt, dem vor ihm sitzenden König mit ausgestrecktem Zeigefinger zu drohen: «Hören Sie mal zu, Sie. Sie mit Ihrer komischen Krone. Ich weiß nicht, wo wir hier sind und warum Sie uns entführt haben, aber ich berufe mich auf die Dings, die Berner Konventionen. Außerdem habe ich überhaupt kein Geld, also können Sie sich die Erpresserei mal glatt aus dem Kopf schlagen …»
    Lancelot hielt dem Burschen eine Schwertspitze an den Kehlkopf und brachte ihn so zum Schweigen. Der König wandte sich an Gwydiot. «Nun, Meister Gwydiot? Was sagst du?»
    Der Magier schüttelte den Kopf. Er hatte eine lange, unbequeme Reise hinter sich, eine Reise, in deren Verlauf er dreimal vom Pferd gefallen und in besonders dünnflüssigen Matschpfützen gelandet war. Er war erschöpft und konnte sich nicht richtig konzentrieren. Hinzu kam seine düstere Ahnung, dass ihm Konzentration in diesem Fall auch nicht weiterhelfen werde, mithin nur das Orakeln bliebe. Und damit hatte er in letzter Zeit ja so seine bescheidenen Schwierigkeiten gehabt. Gwydiots Kopf brummte.
    «Erlaubt Ihr, dass ich eine Frage an diese … Gestalten richte?»
    Mit einer einladenden Geste erlaubte Artus. Gwydiot erhob sich und zupfte seine Kutte zurecht.
    «Ihr wisst, wo ihr Euch befindet?», fragte er einen jener Männer, die bisher noch nichts gesagt hatten. Der Mann im mausgrauen Anzug fuhr zusammen. Was durchaus verständlich war, wenn man bedenkt, dass Lester Growning noch vor wenigen Stunden im Jahre 1972 an seinem Schreibtisch gesessen und Zahlenkolonnen in eine Rechenmaschine eingegeben hatte – wie an jedem Wochentag seit 1952 . Bis der Mann in der schmutzigen Kutte ihn angesprochen hatte, war er auf der Suche nach einem Wort gewesen, das all dies hier

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