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Götterdämmerung

Götterdämmerung

Titel: Götterdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
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immer mehr, wie von einem Rudel Kröten, und schließlich genug, um entweder auf eine von skrupellosen Gentechnikern zusammengeklonte Kröte oder einen Taucher hinzudeuten.
    Die Spitzen von Poseidons Dreizack bohrten ein Loch in den Fluss, bevor der Gott des Meeres vorsichtig bis zur Bartkante auftauchte. Unter nassen Haaren spähten zwei zusammengekniffene Augen in den Park.
Weg
, dachte Poseidon, und entspannte sich merklich. Sie waren etwas zu früh gegangen, die Verräter, und das hatte er dem blöden Raben von nebenan zu verdanken, aber auch ohne die letzte fehlende Information hatte er mehr als genug gehört. Sterbliche. Hier, in Olympos. Das musste er Zeus erzählen. Und zwar schnell. Bevor er all diese verwirrenden Dinge wieder vergaß.
    Der Gott des Meeres wuchtete seinen massigen Körper aus dem Wasser und schlich tropfend davon. Schmutzige Wolken wehten durch die Fluten, und aus dem aufgewühlten Schlamm des Quellflusses wand sich ein riesiger, schleimglänzender Aal an die Wasseroberfläche, kroch ans Ufer, verwandelte sich dort in einen zornig dreinblickenden Adler und startete mit kraftvollen, eleganten Flügelschlägen gen Asgard. Der Rabe Hugin war nur noch als schwarzer Fleck in der fernen Luft über der Senke zu erkennen, und der Adler wusste, dass er sich ein bisschen ranhalten musste.
     
    Zeus hatte unterdessen eine kurze Unachtsamkeit seiner zornigen Gattin genutzt, um zu flüchten und Hermes ins Gewissen zu reden. Mit Erfolg.
    «Ich weiß deine Unterstützung zu schätzen, Hermes», sagte er und legte dem diebischen Götterboten beide Hände auf die Schultern. «Dir ist ja bekannt, dass Ares und Poseidon … nun ja … beide sind nicht gerade begnadete Strategen.»
    «Ich weiß, Vater.»
    Hera stürmte vom Nebenzimmer aus herein, stützte die Fäuste in die Hüften und schnaubte: «Zeus!» Poseidon schlappte im gleichen Moment vom Flur aus herein und schnaubte ebenfalls «Zeus!», allerdings im Unterschied zu Hera nicht zornig, sondern feucht. Der Göttervater wand sich aus der Klemme, indem er seiner Frau ein barsches «Raus!» entgegenbrüllte und Poseidon mit einer Handbewegung zu sich winkte. Poseidon blieb vor Zeus und Hermes stehen und tropfte den Boden voll.
    «Bruder, Athene und Apollon haben etwas vor.»
    «Und was?»
    «Uns aufzuhalten.»
    «Ja, Poseidon», lachte Zeus, «das weiß ich. Ich habe der kleinen Kopfgeburt vorhin einen Becher an die Stirn geschmissen … Lass sie nur machen.» Er winkte gelangweilt ab.
    «Aber sie wollen uns dings … saumontieren … äh.»
    «Sabotieren», assistierte Hermes.
    Poseidon verzog argwöhnisch das Gesicht. «Woher weißt du das, Hermes?»
    «Ich wusste es nicht.»
    «Ach? Hast du das vielleicht erraten, oder was?»
    «Nein.» Hermes schüttelte geduldig den Kopf und fragte sich insgeheim, wie ein Gott allein so unwahrscheinlich beschränkt sein konnte. «Ich wollte dir nur die richtige Vokabel reichen, lieber Onkel.»
    «Aha», spuckte der Meergott.
    «Und wie, Poseidon?», mischte sich Zeus ungeduldig ein. «Wie wollen sie uns sabotieren?»
    «Äh … mit dem Gesetz.»
    «Mit dem Gesetz? Was soll das heißen, mit dem Gesetz?»
    «Na, mit
dem
Gesetz. Sie wollen Sterbliche herführen.» Sekundenlang hätte man sogar eine Feder fallen hören können. Dann platzte Zeus der Kragen.
    «Nein!
Oooh
nein! So haben wir nicht gewettet. Dieses verlogene, durchtriebene, linke Stück Fliegendreck!» Ein Blitz löste sich aus seinen Fäusten und pulverisierte eine der unschuldig vor dem Fenster herumstehenden Platanen. Hermes und Poseidon traten vorsichtshalber einige Schritte zurück. Der Göttervater verschränkte die Arme hinter dem Rücken und stampfte mit weiten Zornesschritten über den Marmor. Nach einigem Hin und Her blieb er stehen und starrte Poseidon an.
    «Wen?», fragte er.
    «Was, wen?», echote Poseidon verwirrt.
    «Na, wen sie herholen will, verflucht noch mal. Die Namen, Poseidon, die Namen! Ich werde diese Krabbler in ihre Bestandteile auflösen, bevor ich mir mein Töchterchen vornehme. Dieses kleine Miststück. Widerliche Drecksschnalle, bescheuerte.»
    Poseidon trat verlegen von einem Fuß auf den anderen. Es platschte leise. «Weiß ich nicht», murmelte er.
    «Wie bitte?»
    «Ich weiß es nicht.»
    «Du
weißt
es nicht? Und warum nicht? Hattest du im entscheidenden Moment Wasser im Ohr, du blöder Schwamm?»
    «He … he … hüte deine Zunge, Bruder», sabberte Poseidon. «Natürlich habe ich hingehört. Nur war da dieser

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