Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Götterdämmerung

Götterdämmerung

Titel: Götterdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
Vom Netzwerk:
blöde Asenrabe, deshalb sind Athene und Apollon abgehauen, bevor sie sich über die Namen unterhalten konnten …»
    «Der Asenrabe?» Zeus imitierte einen Karpfen.
    «Ja. Dieses schwarze Vieh, du weißt schon … von Omin.»
    «Odin», korrigierte Hermes und klaute Poseidon unbemerkt den Dolch aus dem Gürtel. Zeus klappte den Mund zu und runzelte die Stirn. Die Asen? Auch noch? Das komplizierte die ganze Angelegenheit beträchtlich. Er wandte sich mit gebieterisch ausgestrecktem Zeigefinger an Hermes. Da er zur Abwechslung mal beinahe nüchtern war, wirkte die Geste sogar ausgesprochen majestätisch.
    «Hermes, weiß jemand, dass du uns unterstützt?»
    «Wie? Nein, bisher nicht …»
    «Dann begib dich zu Athene und ihren sauberen Verbündeten. Biete ihnen deine Hilfe an. Und finde heraus, wie die Sterblichen heißen.»
    «Ja, Vater.» Hermes setzte ein diabolisches Lächeln auf und machte sich unverzüglich auf den Weg. Zeus sah ihm nach und spürte, dass auch seine Mundwinkel unmerklich aufwärts zitterten.
Das
war
sein
Spiel. Das Einschleusen von Doppelagenten, das Vortäuschen, das Auftreten hinter Masken, das geschickte Hintergehen, das Lügen und Betrügen. Und Hermes war der mit Abstand qualifizierteste Unsterbliche für diesen Job. Es gab keinen arglistigeren Gott als den der Kaufleute. Mit einem breiten Grinsen wandte Zeus sich an seinen nassen Bruder.
    «Jetzt, Poseidon», sagte er drohend, «werden sie bereuen, dass sie sich mit uns angelegt haben.»
    «Bestimmt.» Poseidon nickte eifrig, obwohl er nicht ganz begriffen hatte, weshalb sich Hermes auf die Seite der Verräter schlagen durfte, ohne dafür ein paar Dutzend wuchtige Faustschläge auf die Nase zu bekommen.
    «Bitte Ares zu mir», sagte Zeus. «Sobald Hermes die Namen in Erfahrung gebracht hat, wird es ihm und dir obliegen, den Sterblichen den Garaus zu machen.»
    «Wie bitte?»
    «Ihr dürft sie dann töten. Abmurksen. Schlachten. Ersäufen, Poseidon.»
    Die Augen des Meergottes begannen zu leuchten. Das hatte er verstanden. «Au ja», sagte er und platschte zügig los, um seinen kriegerischen Neffen zu suchen. «Das wird Ares bestimmt Spaß machen … Einen Mordsspaß …»
    Zeus sah ihm seufzend nach und beschloss, die heikle Aufgabe doch lieber Hermes allein zu überlassen.
    Hera gab ihre Horchstellung hinter der nächstgelegenen Säule auf und eilte hinaus auf den Gang, um Athene und die anderen zu suchen. Sie hatte genug gehört. Mehr als genug.
     
    Hugin hatte den Schnabel gestrichen voll. Er hockte beleidigt auf dem Tisch in Odins Kammer und ließ sich von Munin die zerfledderten Federn geradeziehen, während sein Herr und Meister ihn ungeduldig anstarrte und rhythmisch auf die Tischplatte trommelte. Hugin war beleidigt, weil der oberste Ase sich nicht die Bohne für die persönliche Leidensgeschichte seines geflügelten Kundschafters interessierte, sondern nur für das, was die Griechen planten. Kein Wort des Bedauerns war durch den eisgrauen Bart gedrungen, nur blöde Fragen. Und jetzt schmollte der Rabe. Erst schoss man ihm einen Pfeil über den Scheitel, dann zertrümmerte er sich fast den Schädel an einem Maulwurfshügel, und schließlich wurde er aus heiterem Himmel von einem riesigen Adler attackiert. Nicht, dass er deswegen gleich eine Gefahrenzulage fordern wollte, aber ein bisschen Anteilnahme war ja wohl nicht zu viel verlangt.
    «Kommt dieses Vieh angeschossen und zerrupft mir die ganzen Federn», krähte er kläglich. «Gibt’s ja gar nicht, ich bin doch kein junger Rabe mehr. Mir ist jetzt noch ganz schwindlig von den ganzen Loopings und Sturzflügen und Kreisereien … Aua! Nicht so grob, Munin!»
    «Zeihung», murmelte sein Bruder und zupfte vorsichtiger.
    «Was hab ich dem denn getan?», nuschelte Hugin mürrisch. «Fliegt man einfach so nichts ahnend und herzensgut durch die Gegend und kriegt plötzlich einen Schnabel in den Hintern gerammt, meine Herren …»
    «Wir haben es gehört, Hugin», donnerte Odin gebieterisch und ließ seine flache Hand mit lautem Krachen auf den Tisch fallen. «Und jetzt komm gefälligst zur Sache. Was haben sie vor?»
    Wäre Hugin kein Götterrabe gewesen, hätte er fristlos gekündigt. Da er aber nun mal einer war, krähte er nach einer letzten, angemessen kurzen Schmollpause: «Sterbliche herzuholen.»
    Odin stutzte kurz, zog die linke Augenbraue hoch und nickte dann bedächtig. Das war mal wieder typisch griechisch. «Und wer hat das vor?», fragte er.
    «Äh … diese

Weitere Kostenlose Bücher