Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Götterdämmerung

Götterdämmerung

Titel: Götterdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
Vom Netzwerk:
Gwydiot anzusehen, «das ist alles leichter gesagt, als getan. Für eine Frau ist es heutzutage ziemlich schwierig, es zu irgendwas zu bringen.»
    «Verstehe», murmelte Gwydiot und nickte.
    «Ich meine, ich würde auch gern zaubern lernen oder so was und am Hofe des Königs oder eines Fürsten arbeiten, aber wer wäre schon bereit, mich in diesen Künsten zu unterweisen? Ich könnte es mir selbst beibringen, sicher, aber danach würd’s ja keine zwei Tage dauern, bis ich auf irgendeinem Scheiterhaufen in Flammen aufgehe, und wer will das schon?»
    «Naaa», erwiderte Gwydiot. «
Ich
könnte es dir beibringen.»
    Schweigend trabten die beiden weiter.
    «Ehrlich?», fragte Gwenddolau schließlich.
    «Ja, warum nicht?»
    «Das würdest du machen?»
    «Klar.»
    «Und was müsste ich dafür tun?» Misstrauen war kein Ausdruck für das, was in ihrer Stimme mitschwang.
    «Äh … pfff. Nichts. Du müsstest mit mir im Wald wohnen, fürchte ich, aber …»
    «Mehr nicht?»
    Gwydiot räusperte sich verlegen. «Na ja, es wäre nett, wenn du ab und zu die Hütte fegen und die Feuerstelle sauber machen könntest, weil, das mach ich ja auch …»
    «Keine sexuellen Nötigungen?»
    «Ach, weißt du», sagte Gwydiot und hustete erst mal ausgiebig, «äh … jedenfalls nicht, wenn du nicht magst, ich meine, das liegt ganz allein bei dir, wenn du weißt …»
    «Sieh mal!», unterbrach Gwenddolau sein Stammeln.
    Der Magier sah nach vorn. Etwa fünfhundert Meter von ihnen entfernt stand Gawain, der vorausgeritten war, auf einer sanften Anhöhe und schwenkte die Arme wie ein Besessener.
    «Heee-ja», rief Gwydiot, drückte Shynddmaar die Hacken in die Flanken und sprengte los. Gwenddolau folgte dichtauf.
    Als sie Gawain erreichten, hatte der Magier außerordentliches Glück. Ein ganz bestimmtes Phänomen, Autoverkäufern und Pubertierenden unter dem Begriff «Vorführeffekt» bekannt, machte einen weiten Bogen um Gwydiot, der es beschwor, indem er sich voll und ganz darauf konzentrierte, ausnahmsweise nicht über den Hals seines scharf abbremsenden Pferdes zu segeln.
    Und es gelang ihm, tatsächlich. Er schwankte ein bisschen, als Shynddmaar wuchtig in die Hufe ging, rutschte ein wenig nach vorn und musste sich in der Mähne festkrallen, aber er fiel nicht. Seine Kutte blieb sauber, und die Frau, die er ums Verrecken nicht enttäuschen wollte, jedenfalls nicht jetzt, nicht hier, hielt ihn weiterhin für einen passablen Reiter. Gwydiot atmete auf.
    «Da!», grinste Gawain und deutete hinunter ins Tal.
    Gwydiot ließ dem ausgestreckten Ritterfinger einen Blick folgen und diesen Blick anschließend schweifen. Vor ihnen lag die weite Ebene von Salisbury.
    «Ein halber Tagesritt noch», murmelte der Magier und stützte sich auf den Hals seines Pferdes, «dann haben wir das Grab von Uther Pendragon erreicht.» Er sah sich auf der Anhöhe um. Aus dem kleinen Waldstück zu seiner Rechten drang das leise Plätschern einer Quelle. Gwydiot schwang sich elegant von Shynddmaars Rücken.
    «Lassen wir die Pferde eine Stunde ausruhen.»
    Gwenddolau und Gawain folgten seinem Beispiel und stiegen ebenfalls ab. Gwydiot griff in seine Satteltasche und nahm das Buch der Weissagungen heraus. Er wandte sich an Gawain.
    «Gawain, würdet Ihr die Güte besitzen und die Pferde tränken?»
    «Ob ich die Güte und die Pferdetränken besitzen würde?», fragte Gawain unsicher. «Unter welchen Umständen, Magier? Ich meine, natürlich besitze ich Pferdetränken …»
    «Gebt den Gäulen was zu saufen, ja?»
    «Ach so … Klar. Mach ich. Sagt das doch gleich.»
    Gawain ergriff die Zügel der Pferde und führte sie in das Waldstück. Mit dem Buch in der Hand hockte Gwydiot sich auf die grasige Anhöhe und betrachtete den wolkenlosen Himmel über der Ebene.
    «Was tust du?», fragte Gwenddolau.
    «Die Zeichen deuten.»
    «Oh. Verstehe … Welche Zeichen?»
    «Ich suche», erwiderte Gwydiot, der den Himmel mit zusammengekniffenen Augen fixierte. «Da», sagte er und streckte den Arm aus. «Ein Sperberpärchen.»
    Gwenddolau entdeckte die Vögel ebenfalls, hockte sich neben den Magier und beobachtete sie interessiert. Zunächst schwebten beide Vögel suchend in einem Aufwind. Dann schien der größere etwas entdeckt zu haben und setzte zu einem Sturzflug an. Mit angelegten Flügeln schoss er durch die warmen Luftschichten, fing seinen halsbrecherischen Sturz unmittelbar über dem Boden ab und flatterte mit hektischen Schlägen wieder hinauf, diesmal direkt

Weitere Kostenlose Bücher